Namibia setzt auf die Produktion von grünem Wasserstoff und hofft damit, von dem weltweiten Bedarf an karbonfreier Energie zu profitieren. Mit Deutschland hat Namibia beim Besuch von Wirtschaftsminister Robert Habeck im Dezember letzten Jahres bereits eine Absichtserklärung über die Lieferung von grünem Wasserstoff unterzeichnet. Wie realistisch sind die Erwartungen, was sind die Bedenken aus Umweltkreisen?
Von Bertchen Kohrs
In seiner Neujahrsansprache für das Jahr 2023 betonte Namibias Präsident Dr. Hage Geingob, sein Land werde in Zukunft an der Mitgestaltung des weltweiten Energiesektors beteiligt sein. Er sprach dabei zwei Großprojekte an, die gegensätzlicher nicht sein können: die Herstellung von grünem Wasserstoff und die Förderung der kürzlich entdeckten riesigen Ölvorkommen vor der namibischen Küste. Von Seiten der Regierung wird in den parallel laufenden Projekten kein Widerspruch gesehen, denn – so der Bergbauminister Tom Alweendo – Namibia darf nicht alle Eier in einen Korb legen, Namibia müsse flexibel sein.
Geingob beschwor in seiner Ansprache eine gemeinsame Zukunft Richtung Wohlstand. Namibia hat nach 33 Jahren Unabhängigkeit immer noch den weltweit zweithöchsten Gini-Koeffizient von 59,1 (ein statistisches Maß für die Einkommensverteilung einer Bevölkerung; 0 bedeutet perfekte Gleichheit). Das soll sich nun mit den Wunderwaffen grüner Wasserstoff und Öl aus Namibia ändern.
Namibias Regierung sieht neue Chancen
Als der Präsident im November 2021 während der Cop26 in Glasgow bekannt gab, dass Namibia grünen Wasserstoff in großen Mengen herstellen und exportieren wird, war die namibische Bevölkerung wie vor den Kopf gestoßen. Als er wenige Tage später auf einer Konferenz in Paris zusätzlich erklärte, dass Hyphen Hydrogen Energy der bevorzugte Anbieter für das Projekt sein wird, gab es großen Unmut in interessierten Kreisen. Wegen der Eile und der fehlenden Transparenz, der Größe des geplanten Projekts und der Frage, was grüner Wasserstoff eigentlich ist, waren viele Menschen äußerst skeptisch und fühlten sich übervorteilt und ignoriert. Eine demokratische Vorgehensweise sieht anders aus.
Minister Alweendo, der dem Projekt anfangs recht skeptisch gegenüberstand, sagte etwas vollmundig: „Da sich die Welt auf dem Weg zu einer Netto-Null-Emission bis 2050 befindet, bieten Namibias enorme natürliche Ressourcen an erneuerbaren Energien eine einzigartige Gelegenheit, die Energie der Zukunft zu erzeugen – grünen Wasserstoff. Unsere bisherige Zusammenarbeit mit Hyphen hat bewiesen, dass bessere Ergebnisse garantiert sind, wenn Partner an einer gemeinsamen Vision arbeiten. Für uns ist die Zeit der Planung vorbei, jetzt geht es an die Umsetzung. Wir haben jetzt eine klare Chance, als kontinentales Zentrum für die Produktion von grünem Wasserstoff ganz vorne mit dabei zu sein."
Die Fakten zum Wasserstoffprojekt
Nach Regierungsangaben belaufen sich die Gesamtinvestitionen auf 10 Mrd. US-Dollar, was in etwa dem namibischen Bruttoinlandsprodukt entspricht. Die Produktion wird mit 300.000 t/Jahr Wasserstoff und 1,7 Mio. t/Jahr Ammoniak veranschlagt, erzeugt aus 5-6 GW erneuerbarer Energie, wovon 3 GW in Elektrolyseuren verwendet wird.
Beansprucht wird eine Fläche von 4.000 km2 im Tsau-?Khaeb-Nationalpark. In den vier bis fünf Jahren der Bauphase sollen 15.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Während der Produktionsphase werden 3.000 permanente Fachkräfte eingestellt, von denen 90 Prozent von Einheimischen besetzt werden sollen.
Wesentlich kleiner angelegte Wasserstoff-Projekte sind bereits im Entstehen. Anfang 2022 wurde bekannt, dass das französische Unternehmen Hydrogene de France, besser bekannt als HDF Energy, das Projekt Renewstable Swakopmund in Angriff nimmt und schon in diesem Jahr (2023) Strom erzeugen wird. Die Anlage soll insgesamt 85 MW Strom produzieren, ein 90-MWh-Batterie-Energiespeichersystem beinhalten und sich über ein Gebiet von 170 ha erstrecken. Das überflüssige Ammoniak soll zu Düngemittel verarbeitet werden.
Ebenfalls Anfang 2022 haben Unternehmergruppen aus Namibia und Belgien eine Wasserstoffproduktionsanlage bei Walvis Bay unter dem Namen Cleanergy Namibia bekanntgegeben. Das Demonstrationsprojekt zu einem Kostenpunkt von 18 Mio. US-Dollar soll größeren Projekten als Richtlinie dienen. Das Projekt soll aus einem 5-MW-Solarpark, einem 4-MW-Elektrolyseur und einer Wasserstoff-Tankanlage bestehen. Demonstrationsanwendungen, z. B. im Schwerlasttransport, sind vorgesehen.
Weitere, bisher wenig definierte Anlagen entlang der Atlantikküste sind in Planung. Das gesamte Küstengebiet ist allerdings zu Naturparks deklariert worden. Das bedeutet jedoch, dass bei einer solchen Entwicklung Naturschutz nicht mehr im Vordergrund stünde.
Der Hype um grünen Wasserstoff
Alle reden heute über grünen Wasserstoff. Er wird als Energieträger der Zukunft gesehen, als Wunderwaffe für die Entkarbonisierung unseres Planeten, als Retter des globalen Klimas, mit dem die Treibhausgasziele erreicht werden können. Sind die Erwartungen realistisch oder sind wir einer Illusion aufgesessen?
Wasserstoff ist ein farbloses Gas, das durch Elektrolyseure aus Wasser hergestellt wird, wobei Wassermoleküle in ihre Elemente Sauerstoff und Wasserstoff gespalten werden und der Sauerstoff in die Luft geblasen wird. Dafür werden Große Mengen Energie benötigt, die aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden sollen, vorwiegend aus Wind- und Solarkraft. Dabei entsteht ein großer Energieverlust. Nach Aussage von Experten enthält der erzeugte Wasserstoff nur etwa 70 Prozent der verbrauchten Energie. Die Nutzung von grünem Wasserstoff wird für den Verbraucher auf Grund der hohen Kosten für Herstellung, Lagerung und Transport gegenwärtig teurer als die derzeit für Verbrennungsmotoren genutzten fossilen Energieträger. Die Forschung beschäftigt sich deshalb auch damit, den grünen Wasserstoff ökonomisch wettbewerbsfähiger zu machen.
Trotz der hohen Kosten wird damit gerechnet, dass bei immer höherem Energiebedarf weltweit die Nachfrage groß sein wird. Für den sicheren Transport muss das Gas auf sehr niedrige Temperaturen gekühlt und verflüssigt werden, ein aufwendiger und energieintensiver Vorgang. Der Wasserstoff kann aber mit geringem energetischem Aufwand durch Aufnahme von Stickstoff aus der Luft in den grünen Energieträger Ammoniak umgewandelt und so sicher per Schiff transportiert werden. In den Zielländern kann der Ammoniak wieder in grünen Wasserstoff und Stickstoff aufgespalten oder direkt genutzt werden.
Viele Länder wie Japan und europäische Länder wie Deutschland können in nächster Zukunft ihren Bedarf an regenerativer Energie nicht selber decken, sie sind auf den Import von grüner Energie angewiesen. Die großen Häfen in den Niederlanden und Belgien werden bereits als Umschlagplätze für das Gas vorbereitet.
Als Alternativen zu grünem Wasserstoff gibt es eine Wasserstoff-Farbskala. Der gelbe Wasserstoff wird mit Energie aus Atomkraftwerken hergestellt. Kernenergie wird vom Weltklimarat IPCC als klimaneutral eingestuft, eine sehr zweifelhafte Entscheidung. Bei der Gewinnung von blauem Wasserstoff wird das entstehende CO2 in die Erde gepresst. Der bisher viel verwendete graue Wasserstoff wird aus Erdgas gewonnen und trägt sehr zur Emission von Treibhausgasen bei.
Hyphen Hydrogen Energy
Mit der Herstellung von grünem Wasserstoff sieht Namibias Regierung neue Chancen für seine bislang bescheidene Wirtschaft. Das Land ist mit 2.600 bis 2.800 Stunden Sonnenschein im Jahr gesegnet, verglichen mit etwa 1.000 Stunden in Deutschland. Im Süden am Atlantik bläst ein steifer Wind mit einer Geschwindigkeit von 100m/s. Die Wind- und Solarbedingungen sind hier die günstigsten weltweit, sie ergänzen sich hervorragend. Geht die Sonne unter, wird die Windkraft genutzt.
Die Wasserstoffproduktion ist das bislang aufwendigste geplante Projekt. Als bevorzugte Anbieter bietet sich Hyphen Hydrogen Energy (Pty) Ltd (Hyphen) an, ein in Namibia registriertes Unternehmen zur Entwicklung von grünem Wasserstoff. Vermutlich wird der Auftrag bald endgültig an das Unternehmen vergeben werden.
Hyphen ist ein Konsortium von Nicholas Holdings, ein Infrastrukturinvestor in Sub-Sahara, und Enertrag, eine in Brandenburg ansässige deutsche Firma. Laut Hyphen wird das Projekt als erster Schritt bei der Umsetzung der Regierungsstrategie für die Entstehung einer groß angelegten grünen Wasserstoffindustrie entwickelt, um sowohl das Wirtschaftswachstum in Namibia anzukurbeln als auch der Welt bei der Erreichung ihrer Dekarbonisierungsziele zu helfen. Es nutzt die Gunst der Stunde in einer Zeit, in der die Abhängigkeit von instabilen Regionen, wie jüngst im Russland-Ukraine-Konflikt, den Energieverbrauchern zeigt, dass sie ihre Energieversorgung diversifizieren müssen.
Namibias gegenwärtiger Energieimport aus anderen Ländern des südlichen Afrika beträgt beim Strom etwa 60 Prozent des eigenen Bedarfs. Das Projekt soll erst das gesamte Land mit Strom versorgen und dann grünen Wasserstoff exportieren.
Der von Hyphen vorgegebene Zeitplan ist sehr ehrgeizig. Zum Ende 2026 soll die erste Phase der Wasserstoffproduktion angelaufen sein. Die volle Produktion von 300.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr soll Ende 2028 erfolgen. Eine zu schnelle Planung und Entwicklung könnte folgenschwer sein. In diesem Bereich gibt es weltweit keine Erfahrungen, aus denen Lehren gezogen werden könnten. Große Projekte führen oft zu Korruption, alle diesbezüglichen Versuche müssen von vornherein ausgeschlossen werden. Es gibt noch keine gesicherten Abnahmeverträge und Abnahmepreise, die die Voraussetzung für den praktischen Start eines Großprojekts sind. Ohne ein profitables Businessmodell werden keine Investoren bereit sein, sich an den riesigen Investitionen zu beteiligen.
Herausforderung Fachkräfteausbildung
Obwohl der Eindruck entsteht, dass die Wasserstoffindustrie kein namibisches Projekt sein wird, steht die Regierung in vieler Hinsicht in der Pflicht. Neben der gesamten technischen Planung und Ausführung, die von Hyphen geleistet wird, hat der namibische Staat viele Aufgaben zu bewältigen. Rechtliche Rahmenbedingungen und Regelungen für die Herstellung, die Lagerung, den Transport und die Nutzung von grünem Wasserstoff müssen geschaffen werden. Um die angestrebte 90-Prozent-Quote für hiesige Arbeitskräfte erfüllen zu können, müssen für die Konstruktion der Anlagen tausende von Fachkräften geschult werden. Für die Produktionsphase wird hoch qualifiziertes Personal gebraucht. Diese Weiterbildung wird zweifellos zur Unterstützung der Menschen in Namibia beitragen und tausende Arbeitsplätze sichern. Bei der hohen Arbeitslosigkeit von etwa 37 Prozent, die bei Studienabgängern noch höher eingeschätzt wird, wäre diese Entwicklung außerordentlich willkommen. Die Frage ist allerdings berechtigt, ob Namibia eine so gewaltige Ausbildungsaufgabe stemmen kann. Zwar gibt es Übereinkommen mit anderen Ländern, namibische Kandidat:innen auszubilden, wozu Deutschland schon eine erhebliche Summe bereitgestellt hat. Aber die Zeit drängt, wenn in zwei Jahren der Bau beginnen soll und in fünf Jahren hochqualifizierte Fachleute für ihre Arbeit bereit sein sollen. Namibia wird sich anstrengen müssen, um ein so großes Projekt administrativ und technisch zu stemmen.
Sorgen und Bedenken
Aus der interessierten Bevölkerung wurden Bedenken zu dem geplanten Projekt geäußert:
Schutz der Biodiversität: Bei allen Debatten wurde schnell evident, dass der Schutz der Biodiversität bislang kein Thema war. Es brauchte erst besorgte Stimmen aus Wissenschaft und Umwelt, damit dieses so wichtige Thema Gehör fand. Genau wie beim gesamten Projekt wurden wir auch beim Thema Standort vor vollendete Tatsachen gestellt. Vorgesehen dafür ist das frühere Diamantensperrgebiet, das Jahrzehntelang eine No-Go-Zone war – heutzutage bekannt als Tsau-?Khaeb-Naturschutzpark. Niemand aus der Naturschutzszene oder aus ähnlichen Interessengebieten wurde dazu konsultiert. Im Laufe der langen Unberührtheit hat sich in diesem Gebiet eine endemisch außergewöhnliche Fauna und Flora entwickelt, die einzigartig auf unserem Planeten ist. Die Gefahr besteht, dass aus diesem biologischen Hotspot ein gigantischer Industriepark entstehen wird.
Die gesetzlich vorgeschriebenen Machbarkeits- und Umweltverträglichkeitsstudien sind von Hyphen in Auftrag gegeben worden. Als interessierte und betroffene Partei (I&AP) kann man sich registrieren lassen und Einwände und Vorschläge einreichen, die – wenn berechtigt – integriert werden müssen. Für alle Beteiligten bedeutet das ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, die hoffentlich von der Bevölkerung in Anspruch genommen wird. Besonders Naturschützer sind gefragt. Die Regierung wird die letzte Entscheidung über die Studien und damit über die Ausführung des Projekts treffen, indem sie ein Environmental Clearance Certificate vorenthält oder ausstellt.
Infrastruktur: Kann Namibia die nötige Infrastruktur für die Unterbringung und Versorgung von 15.000 Arbeitnehmer:innen, die mit ihren Familien in den Süden strömen, bewältigen? Die kleine verschlafene Küstenstadt Lüderitz soll die Gastgeberrolle übernehmen. Arbeitsmöglichkeiten sind natürlich sehr willkommen; aber nebenbei sind Wohnungen, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, Supermärkte und Freizeitzentren und vieles mehr gefragt. Es wird Lüderitz von Grund auf verändern. Sind die Einwohner damit einverstanden? In Lüderitz soll u. a. auch eine Entsalzungsanlage gebaut, der Tiefseehafen vergrößert und das zu exportierende Gas bis zum Transport gelagert werden.
Alternativen: Ein berechtigter Alternativ-Vorschlag taucht immer wieder auf: Statt ein so teures, aufwendiges und möglicherweise fragwürdiges Riesenprojekt auf die Beine zu stellen, könnten vorzugsweise dezentrale Solar- und Windanlagen gebaut werden, die ganz Namibia mit klimaneutralem Strom für Haushalte, Industrie, Wärmepumpen, E-Fahrzeuge etc. versorgen. Überflüssiger Strom könnte in den Powerpool eingespeist werden und unserem Nachbarland Südafrika beim Ausstieg aus der Kohle helfen. Wenn der grüne Strom direkt genutzt und in modernen Batterien zwischengespeichert wird, gibt es nur geringe Leitungsverluste von 5 bis 10 Prozent. Durch Wasserstoffelektrolyse und Rückverstromung – z. B. in der Brennstoffzelle – verliert man mindestens 70 Prozent. Es sollten also erst mal die verlustarmen Anwendungen mit grünem Strom befriedigt werden.
Imperialismus: Natürlich kommen immer wieder die deutsche Vergangenheit und der Imperialismus zur Sprache. Die Geschichte zeigt zur Genüge, wie viel Unrecht Namibia durch die Kolonialherrschaft Deutschlands angetan wurde, wie Namibia übervorteilt und seine Ressourcen ausgebeutet wurden. James Mnyupe, in seiner Rolle als Wasserstoffkommissar und Geingobs Wirtschaftsberater, sagte zu diesem Thema lapidar: „Wir wünschen uns, dass alle Beteiligten sagen können, es ist ein Projekt, von dem alle profitieren."
Der Deutsche Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck, der im Dezember 2022 Windhoek einen Blitzbesuch zu Verhandlungen mit Geingob und zur Unterzeichnung verschiedener Absichtserklärungen abstattete, äußerte sich recht vorsichtig auf einer Pressekonferenz: „Im Zentrum steht, dass Deutschland – wenn es gewünscht wird – Namibia unterstützt, saubere, verlässliche und preiswerte erneuerbare Energiequellen zu erschließen. Wenn Namibia dann einen Überschuss erwirtschaftet, würden wir sehr gern diese Produkte importieren." Wegen der historischen Vergangenheit würden die Verhandlungen in gutem Sinne auf Augenhöhe und respektvoll geschehen und nicht wie in alten Zeiten Top-down, so Habeck. Bei seinem Besuch legte er einen Kranz an dem Befreiungsdenkmal in Windhoek nieder, um der Opfer des Genozids zu gedenken.
Bei der Gelegenheit wurde auch ein Übereinkommen zwischen dem deutschen Kartellamt und der namibischen Wettbewerbskommission unterzeichnet, um Korruption zuvorzukommen.
Im Januar 2023 gab es Gespräche zwischen einer Delegation der EU und Alweendo, wobei das Interesse der EU an namibischem Wasserstoff im Vordergrund stand.
Strategische Entwicklung: Entwicklungsprojekte, laufende und geplante, scheinen häufig willkürlich und ohne weitreichendes Konzept gestartet zu werden. Bevor weitreichende Entscheidungen getroffen werden, sollte ein holistischer, strategischer Entwicklungsplan für das gesamte Namibia konzipiert werden, in dem alle derzeitigen und geplanten Projekte berücksichtigt und die jeweiligen Konsequenzen gegeneinander abgewogen werden, anstatt jedes Projekt alleinstehend für sich zu beurteilen. Ein robuster Strategieplan sollte den Weg in eine machbare und nachhaltige Zukunft weisen und kommenden Generationen ein lebenswertes Leben ermöglichen.
Akzeptanz: Es scheint ratsam, die Erfahrungen der kleineren Wasserstoffprojekte abzuwarten, die derzeit bei Swakopmund und Walvis Bay in Angriff genommen werden. Die Möglichkeit besteht, dass das Megaprojekt bis zur Produktion viel Zeit benötigt, während NamPower auf den billigen Überschussstrom wartet und sinnvolle eigene Projekte zur Reduzierung des Stromimports nicht anpackt. Damit würden wir unsere Klimaziele nicht erreichen. Der Vorschlag ist, zunächst mit einer Kapazität zu beginnen, mit der aller Strom in Namibia und im Southern African Powerpool (SAPP) verkauft werden kann.
Sollte die Nutzung von grünem Wasserstoff eine entscheidende Antwort für die Rettung des Weltklimas sein und die negativen Auswirkungen im akzeptablen Bereich liegen, ist diese neue Technik zweifellos sehr begrüßenswert. Die Geschichte zeigt uns aber immer wieder, dass menschliche Experimente oft ungeahnte Konsequenzen haben, die nicht immer gut sind.
Bertchen Kohrs ist Vorsitzende der NRO Earthlife Namibia, die sich für die Rechte der Umwelt und soziale Fragen einsetzt.