Heft 3/2015, Südafrika

Game-Changer oder Game Over?

ZUR SCHIEFERGAS-DEBATTE IN SÜDAFRIKA. In der Karoo entscheidet sich die Energiezukunft Südafrikas. Die riesige Trockenregion innerhalb der drei Kapprovinzen West, Ost und Nord ist prädestiniert für erneuerbare Energie wie Wind und Solarkraft. Doch in der Karoo ist auch das Thema Schiefergas, das mit der umstrittenen Fracking-Methode gewonnen werden soll, noch nicht vom Tisch.

 

Die angesehene südafrikanische Sunday Times berichtete am 15. März 2015, die Firma Royal Dutch Shell ziehe ihr Personal aus der Karoo ab. Shell-Vorstand Andy Brown sagte eine Woche später im Handelsblatt, für viele Projekte hätten völlig überzogene Erwartungen bestanden und der Konzern würde nun seine Schiefergas-Aktivitäten konzentrieren: „Wir reduzieren unsere Aktivitäten außerhalb Nordamerikas. Das liegt etwa daran, dass die Reservoirs unsere Erwartungen nicht erfüllten, wir strengere Kapitaldisziplin üben oder sich die gesellschaftliche Zustimmung als schwierig erwies."


Aber ist es wirklich „der Anfang vom Ende" der Frackingpläne für die Karoo? (afrika süd 5/2013 berichtete) Neben Shell gibt es noch die irische Firma Falcon Oil and Gas, die eine umfangreiche Konzession im Süden der Karoo beantragt hat, und die australische Challenger Energy (in Südafrika unter dem Namen Bundu), die sich bereits 2008 ein vermeintliches Filetstück im Südosten der Karoo als erste Firma gesichert hatte. Noch hat niemand seinen Antrag auf Erkundungsgenehmigungen zurückgezogen.

 

Neue Energieträger
Wie also sieht die Energiezukunft der Karoo aus? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns weit in die Vergangenheit zurück begeben. Vor ca. 300 Millionen Jahren war die Karoo ein riesiges Inlandsbecken, in das sich Schlammfluten aus den angrenzenden Gebirgsregionen ergossen. Pflanzenreste wurden dabei begraben, aus denen sich im Laufe von Jahrmillionen Öl und Gas entwickeln konnten.

 

Dies war die Hoffnung der südafrikanischen staatlichen Ölgesellschaft Seokor, die in den 60-iger Jahren an ca. 20 Stellen in der Karoo vergeblich nach Öl bohrte. Doch in einigen Bohrlöchern machte sich ein Zutritt von lästigem Erdgas bemerkbar, eine Bohranlage explodierte gar. Die Suche wurde eingestellt, Südafrikas vollständige Abhängigkeit von Kohle als dem einzigen heimischen Energieträger blieb bestehen. Das änderte sich auch nicht in den Jahren der Sanktionen gegen das Apartheidregime. Stattdessen entwickelte Südafrika die Kohleverflüssigung, um flüssige Energieträger insbesondere für das Transportwesen zu gewinnen.


Zur Zeit wird Erdgas per Pipeline aus Mosambik eingeführt, man hofft auf weitere Lieferungen aus Namibia. Im Offshore-Bereich Südafrikas, in der Mossel Bay und im Orange River Basin vor der Westküste, wird jetzt nach konventionellem Erdgas gebohrt. Für Mossel Bay und Saldanha sind bereits Import-Terminals für Flüssiggas (LNG) geplant. Eine heimische Gasindustrie gibt es aber nur in Ansätzen sowie nur wenige Gasverbraucher wie Stadtgas-Systeme oder Gaskraftwerke. Wie passt dazu eine heimische Produktion von Schiefergas aus der Karoo?


Auf den ersten Blick macht es Sinn, von Importen unabhängiger zu werden und selbst über Preise und Fördermengen entscheiden zu können. Erdgas ist zudem als sauberer Brennstoff begehrt. Wäre da nicht dieser geologische Vorfall vor ca. 140 Millionen Jahren gewesen, bei dem der alte Gondwana-Kontinent zerbrach und sich Afrika von der Antarktis trennte. Ein Großteil des damals im Schiefergestein entstandenen Erdgases entwich in gewaltigen Explosionen. Die daraus resultierende Klimakatastrophe trug mit zum Ende der Dinosaurier bei. Die Karoo unterscheidet sich jedoch nicht nur geologisch grundlegend von anderen Schiefergasbecken auf der Welt.

 

Besonderheiten der Karoo
Sechs Gründe können ausgemacht werden, weshalb es von je her eher unwahrscheinlich war, dass in der Karoo wirtschaftlich Erdgas gewonnen werden könnte – zumindest für den nüchternen Betrachter, der sich nicht von der Begeisterung der Regierung oder Industriepropaganda beeindrucken lässt:


1. Da sind zunächst die geologischen Verhältnisse. Große Teile der Karoo sind von gewaltigen Vulkanspalten durchzogen. Sie machen die Exploration und Gewinnung von Erdgas in der Karoo kompliziert, teuer und gefährlich. Schätzungen gehen allein deshalb von ungefähr den doppelten oder dreifachen Gestehungskosten gegenüber anderen Schiefergasbecken aus.


2. Die Karoo ist eine Halbwüste mit geringen Niederschlagsmengen und knappen Grundwasser-Ressourcen. Um dem weit verbreiteten Widerstand der örtlichen Farmer entgegen zu treten, hatte Shell angekündigt, kein „lokales Wasser" zu verbrauchen, sondern jeden Tropfen von außerhalb einzuführen. Das ist aber kein leichtes Unterfangen in einem Land, das insgesamt an Wasserknappheit leidet. Meerwasserentsalzung wäre zwar möglich, würde aber die Förderkosten weiterhin in astronomische Höhen treiben. Wasserlose Förderverfahren sind noch nicht in Sicht.


Genauso schwer wiegt die Frage der Abwasserentsorgung. Die mit Salzen und Metallen verunreinigten Abwässer müssten über große Entfernung transportiert werden, da es keine industriellen Abwasserkläranlagen in der Karoo gibt. Dies bringt eine weitere Kostenposition ungeahnten Ausmaßes. Ein ganz besonders hartnäckiges Problem sind radioaktive Verunreinigungen. Weite Teile der Karoo verfügen über oberflächennahe Uranvorkommen, deren Gehalt, wie erst kürzlich in Pennsylvania festgestellt, durch das Fracking mobilisiert und mit dem Lagerstättenwasser ans Tageslicht gefördert würde.


3. Im Vergleich zu anderen Schiefergasbecken verfügt die dünn besiedelte Karoo kaum über eine Infrastruktur. Das unterentwickelte Straßennetz ist nicht für industriellen Schwerlastverkehr geeignet. Pipelines müssten über viele tausend Kilometer gebaut werden, oft in Gebieten mit hoher biologischer Bedeutung. Große Teile der Karoo stehen unter Naturschutz und werden für die wichtige Tourismusindustrie genutzt. Auch für die mögliche Gasverstromung vor Ort müsste das Netz an Stromtrassen angepasst werden. Der nationale Stromversorger Eskom geht davon aus, dass mindestens 730 Mrd. Rand (ca. 80 Mrd. US-Dollar) an Investitionen aufgebracht werden müssten, bevor das Gas fließen könnte.


4. Wer aber sollte all diese Investitionen tätigen, die Aufträge durchführen, die industrielle und organisatorische Planung übernehmen? In Südafrika und insbesondere in der Karoo besteht keine vergleichbare Unternehmerschaft wie in den USA, wo kleine „Wildcatter" große Risiken auf sich nehmen. Die Kosten für unternehmerisches Handeln sind in der Karoo besonders hoch, weil die lokalen staatlichen Strukturen schwach ausgebildet sind und kaum ein Anreiz besteht, in moderne Strukturen zu investieren.


Anders als in den USA besitzen die lokalen Landbesitzer keine Bergbaurechte. Alle unterirdischen Rohstoffe gehören seit einer Verfassungsreform von 2004 dem Staat. Die Landbesitzer werden daher mit minimalen Unkostenerstattungen für erlittene Produktionsausfälle abgespeist. Das erklärt auch, warum die einflussreiche Gruppe der überwiegend weißen Landbesitzer in der Karoo geschlossen gegen Schiefergas-Projekte eingestellt ist und glaubhaft angekündigt hat, jede staatliche Genehmigung zur Ausbeutung von Schiefergas auf ihren Ländereien gerichtlich anzufechten. Für eine Industrialisierung der Karoo steht auch national kaum qualifiziertes Personal zur Verfügung.


5. Das Haupthindernis hat Shell in großer Deutlichkeit in einer Presseerklärung angeführt. Selbst sechs Jahre nach den ersten Anträgen für Aufsuchungsgenehmigungen gibt es noch nicht einmal ein Bergbaugesetz, das den besonderen Bedingungen der Öl- und Gasindustrie Rechnung tragen würde. In seiner gegenwärtigen Form, in der es dem Parlament zur Beratung vorliegt, verhindert es ausländische Investitionen komplett. 25 Prozent Anteile an jedem neuen Projekt werden automatisch von der Regierung kassiert, ohne dass diese sich finanziell an dem Projekt beteiligt hat. Weitere Anteile können jederzeit „zu fairen Preisen" von der Regierung erworben werden. Dies kommt einer angedrohten Teil-Verstaatlichung gleich.


Außerdem bestehen keine operativen Durchführungsbestimmungen, die diesen Namen verdienen. So ist es weiterhin unwahrscheinlich, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren gerichtsfeste Genehmigungen erteilt werden können. Unklarheiten über den weiteren wirtschaftspolitischen Kurs der Regierung von Präsident Jacob Zuma führen dazu, dass sich ausländische Investoren stark verunsichert zeigen. Häufige Streiks und die zusammenbrechende Stromversorgung hemmen die Investitionssicherheit.


6. Letztendlich entscheidet allein die Wirtschaftlichkeit eines Projektes in der internationalen Konkurrenz um Investitionsmittel. Hohen technischen Kosten stehen unklare Vermarktungsmöglichkeiten in einem unklaren Genehmigungsverfahren gegenüber. Im vertraulichen Gespräch hat das südafrikanische Finanzministerium bereits die Wirtschaftlichkeit der Schiefergasgewinnung angezweifelt. Shell begann in der letzten Zeit, die hohen Erwartungen zu dämpfen, die die Regierung an dieses Projekt knüpfte. Und der Southern African Business Council Sabco betonte, wie vergleichsweise hoch die Kosten für jede Art von wirtschaftlichen Aktivitäten in der Karoo seien.


Für die südafrikanische Regierung gelten jedoch noch heute Schiefergas und Atomstrom als die Wunderwaffen. Angesichts der zusammenbrechenden Energiewirtschaft konnte mit ihnen suggeriert werden, es bestehe Hoffnung, dass die Regierung sich kümmere und der ANC eine Antwort auf die immer weiter steigenden Strompreise im Ärmel habe.


Für die Öl- und Gasindustrie waren die künstlich schön gerechneten Ressourcen in den mächtigen Schieferschichten der riesigen Karoo willkommene Zahlen in der Unternehmensbilanz. Auch die Investoren ließen sich gern von diesen Zahlen blenden.

 


 Gefrackt wird woanders
Vielleicht war die ganze Aufregung um Schiefergas in der Karoo auch nur ein Ablenkungsmanöver einer strategisch denkenden und agierenden Industriemafia? Zu dieser Verschwörungstheorie mag man kommen, wenn man weiß, dass bereits seit Jahren an einem anderen Ort in Südafrika gefrackt wird – nur nicht in der Karoo. Die Rede ist von der Flözgasgewinnung. Riesige Kohlevorkommen sind unter weiten Teilen der Provinzen Mpumalanga und Limpopo bekannt. Die Vorräte werden mit 100-300 Milliarden m³ angegeben. In den Kohlefeldern des Waterberg-Beckens in Limpopo steht eine erste Anlage, die bereits seit 10 Jahren „im Probebetrieb" mit wasserwirtschaftlichen Ausnahmegenehmigungen von Anglo American betrieben wird. Weitere Konzessionen sind schon an relativ unbekannte Firmen wie Badimo, Kinetiko (ca. 20.000 km²), NT Energy Africa, Molopo/Highland Energy, Msix, und viele kleinste Unternehmen vor allem in den drei Hauptrevieren Waterberg, Springbokflats and Soutpansberge vergeben.


Die Flötzgasindustrie ist jedoch zur Zeit nicht in der Lage, die bestehenden Lizenzen zu nutzen, denn es fehlen wasserrechtliche Genehmigungsverfahren.


Im Hintergrund kündigt sich eine noch umweltgefährdendere Energiegewinnung an. Der südafrikanische Stromversorger Eskom experimentiert bereits seit sieben Jahren mit der umstrittenen Kohleflözvergasung im Umfeld des Kohlekraftwerks Majuba in der Provinz Mpumalanga.


Diese Anlage kann nur mit einer wasserwirtschaftlichen Ausnahmegenehmigung betrieben werden. Inzwischen sind weitere Pilotprojekte wie das der Firma Africa Carbon Energy (Africary) in der Provinz Free State bei Theunissen in der Beantragung.


 

Widerstand wächst
Shell-Vorstand Andy Brown machte im Handelsblatt-Interview auch die „mangelnde gesellschaftliche Zustimmung" für den Rückzug aus dem weltweiten Schiefergasgeschäft verantwortlich. Die Firmen kündigten ihre Pläne an, ohne je mit der lokalen Bevölkerung gesprochen zu haben. Insbesondere hatten sie die lokalen Grundbesitzer gründlich falsch eingeschätzt. Deren große Farmen sind oft schon seit Generationen im Familienbesitz.


Allerdings hat hier nie eine Landreform stattgefunden. So besteht ein erbitterter Konflikt zwischen den wenigen weißen Großgrundbesitzern mit Betriebsgrößen von 5-10.000 Hektar und der Gruppe der landlosen Farmarbeiter und sogenannten „emerging farmers", Kleinbauern ohne Land, die meist ein wenig Gemüseanbau oder Viehmast auf gemeindeeigenem Land betreiben. Die Gasindustrie hat es geschafft, beide Gruppen gegen sich aufzubringen. Die Bedrohung der natürlichen Produktionsgrundlagen Wasser und Boden durch das Fracking hat zu neuen Gemeinsamkeiten, in einigen Fällen auch zu Allianzen geführt.


Als die Fracking-Pläne bekannt wurden, waren es zunächst die Großbauern, die sich rasch informierten und organisierten. Ihre landesweite Vertretung AgriSA vertritt einen harten Kurs: Erst wenn alle Probleme geklärt, alle Risiken ausgeschlossen werden können, werden sie ihren Mitgliedern raten, mit der Industrie zu kooperieren. Bis dahin können die Landbesitzer ihre weitgehenden Eigentumsrechte ausspielen. Insbesondere haben sie eine juristische Überprüfung der Genehmigungsregel durchgesetzt und verfügen über genügend Finanzmittel für weitere Gerichtsverfahren.


Aus einer städtischen Facebook-Initiative entstand die Treasure the Karoo Action Group (TKAG), die durch die überraschende Vergabe des angesehenen Goldman-Umweltpreises in den USA rasch zu Geld und Ansehen kam. Auch wenn sie kaum eine Gefolgschaft aufweisen kann und in der Karoo kaum präsent ist, wird sie von den Medien als „die Stimme der Karoo" wahrgenommen. Vor einiger Zeit ist TKAG ein strategisches Bündnis mit AfriForum eingegangen, einer Vertretung der burischen Afrikaaner. Dies macht eine Allianz mit progressiven Kräften im Land unmöglich.


Lediglich das bereits seit mehreren Jahrzehnten in der Karoo operierende Southern Cape Land Committee (SCLC) kann auf ein Netzwerk von Farmarbeitern und Farmbewohnern verweisen. Ihre Betreuung von Opfern der Landvertreibungen in den Apartheidjahren hat sie zu Vertretern von landlosen Bauern gemacht. In jeder Karoo-Gebietsgemeinde besteht ein Anti-Fracking Task Team unterschiedlicher Kompetenz und Aktivität. SCLC koordiniert seine Arbeit mit dem südafrikanischem Ableger der Friends of the Earth, der Organisation GroundWork mit Sitz in Pietermaritzburg. Beide haben aber kein Personal, das sich schwerpunktmäßig mit dem Thema Fracking beschäftigt.


Eine besondere Rolle in der Fracking-Debatte spielen die als Khoikhoi und /Xam bezeichneten Nachfahren der „Buschmänner". Sie verstehen sich als ein Teil der Natur. Ihre Naturverbundenheit hat viele dieser Gruppen in aktive Opposition zu den Plänen der Gasfirmen gebracht.


Das Southern African Faith Communities' Environment Institute (Safcei) mit Sitz in Kapstadt hat in Graaff-Reinet in der Karoo eine Zweigstelle eingerichtet. Sie ist die einzige Organisation, deren Vollzeit-Mitarbeiter sich mit dem Thema fachlich auseinander gesetzt hat. Safcei konzentriert sich auf die ökonomische und ökologische Analyse der Schiefergasindustrie und vermittelt diese Informationen in der Ausbildung lokaler Gemeinden und Gruppen.


Daneben ist noch das Südafrika-Büro des World Wildlife Fund for Nature (WWF-SA) in Kapstadt mit den Fragen der ökonomischen Wirtschaftlichkeit beschäftigt. Es hat vor kurzem eine viel beachtete Studie zur ökonomischen Bewertung der südafrikanischen Schiefergasgewinnung vorgestellt.


In der Bevölkerung der Karoo besteht auch heute noch, sieben Jahre nach den ersten Ankündigungen, weitgehende Unkenntnis über alle Details zum Thema. Nach den wortgewaltigen Ankündigungen der Regierung hatte sich zunächst Resignation breit gemacht. So wird auch die jetzige Ankündigung von Shell, sich aus der Karoo zurückzuziehen, mit Skepsis aufgenommen. Außer Safcei macht sich niemand aus der Zivilgesellschaft, auch nicht die Industrie oder die Regierung, die Mühe, die lokale Bevölkerung systematisch aufzuklären.

 

Genehmigungsfragen
Natürlich war die offizielle Begründung von Shell ein Schlag ins Gesicht der südafrikanischen Regierung. Denn die Firma macht zuvorderst die fehlende Rechtssicherheit für substanzielle Investitionen für die Enttäuschung verantwortlich, jahrelang ein hochkarätiges Team im Land und am Firmensitz in Den Haag in Holland beschäftigt zu haben, ohne auch nur die Perspektive einer Aufsuchungserlaubnis zu haben.


Auffällig war, dass Shell die Aufforderung der Genehmigungsbehörde Petroleum Agency of South Africa Pasa vom Dezember 2014 ungehört verstreichen ließ, die bisher vorgelegte Pläne zur Umweltverträglichkeit (Environmental Management Plan, EMP) zu aktualisieren, um gegebenenfalls eine Explorationslizenz im zweiten Halbjahr 2015 zu erhalten. Die Mitbewerber Falcon und Challenger Energy (Bundu) hatten sich diesem aufwendigen Verfahren unterzogen, das unter anderem auch öffentliche Anhörungen in den betroffenen Konzessionsgebieten vorsah. Diese fanden im Februar 2015 in der Karoo statt. Sie stellten eindrücklich den fast geschlossenen Widerstand der Karoo-Bevölkerung gegen die geplanten Aktivitäten unter Beweis, die zunächst nur Geländeuntersuchungen, geophysikalische Untersuchungen und einige wenige Probebohrung unter Ausschluss von Fracking-Maßnahmen umfassten. Nur hinter verschlossenen Türen meldeten sich zu diesem Zeitpunkt die Befürworter der Gasgewinnung aus Politik und Verwaltung zu Wort. Das Feld der öffentlichen Debatte überließen sie weitgehend den Gegnern.

 

Erneuerbare Energie
Mittlerweile werden die erneuerbaren Energien rasch billiger. In Südafrika besteht Preisparität beim Neubau von Kraftwerkskapazitäten zwischen Kohle und erneuerbaren Energien. Das erfolgreiche Bieterverfahren Südafrikas und die Teil-Liberalisierung des Strommarkts für kleinere, unabhängige Produzenten haben dazu geführt, dass sich allein im Jahr 2014 die tatsächlich produzierte Strommenge aus erneuerbaren Energien verfünffacht hat! Gleichzeitig sind die Strompreise aus diesen Projekten im Schnitt auf ein Drittel in den letzten drei Jahren gesunken. Insbesondere wegen der Windkraftanlagen an günstigen Standorten liegen die Neupreise deutlich unter den von Kilowattstunden aus Kohle.


Der Karoo kommt bei dieser südafrikanischen Energiewende eine besondere Rolle zu. Sie verfügt über zahlreiche Standorte von Weltklasseniveau für Wind und Solarkraft. Die großen Versorgungsleitungen zwischen dem kohlereichen Norden und den Verbrauchern im Süden (Kapstadt, Port Elizabeth, usw.) spannen sich direkt durch die Karoo. Landwirtschaft und erneuerbare Energie können, wenn richtig geplant, friedlich miteinander koexistieren. Nirgendwo sonst sind so viele Sonnen- und Windkraftwerke bereits im Betrieb, zahlreiche weitere in der fortgeschrittenen Planung. In der Karoo entscheidet sich daher die Energiezukunft Südafrikas.


Stefan Cramer

 

Der Autor ist promovierter Geologe und arbeitet zurzeit als wissenschaftlicher Berater am Southern African Faith Communities' Environment Institute (Safcei) in Südafrika.

 

Links:
www.frackingsa.org
www.safcei.org