Heft 3/2018, DR Kongo

Kabilas diplomatischer Eiertanz

DAS REGIME DER DR KONGO HAT BELGIEN DEN RÜCKEN GEKEHRT. Es wendet sich China zu und hofft vergeblich auf Unterstützung durch andere westliche Staaten.

Das derzeitige Verhältnis zwischen kongolesischer und belgischer Regierung erinnert in mancherlei Hinsicht an die Jahre unter der Herrschaft des Diktators Mobutu Sese Seko (1965-1997) im damals noch „Zaire" genannten Land. Mehr als nur einmal hieß es da von heute auf morgen im staatlichen Fernsehen und Rundfunk: „Alle belgischen Staatsbürger haben das zairische Hoheitsgebiet binnen 48 Stunden zu verlassen." Das habe Präsident Mobutu infolge des Streites mit der belgischen Regierung so beschlossen. Meistens handelte es sich bei einem solchen Konfliktpunkt um eine wirtschaftliche Angelegenheit.

Der heutige Streit zwischen dem Regime von Präsident Joseph Kabila in der DR Kongo und der Regierung Belgiens rührt aus der Verurteilung der Einschränkung der demokratischen Rechte und der Repression von Demonstrationen durch Brüssel. Es geht dabei um die Schließung von oppositionellen Medien und Zensur, die Inhaftierung von politischen Gegnern und Journalisten und den Tod von Demonstranten durch Schüsse der Ordnungs- und Sicherheitskräfte.

Belgien hatte Mitte Januar 2018 bekannt gegeben, seine Entwicklungszusammenarbeit mit der DR Kongo grundlegend zu überprüfen. Die Hilfe würde nun zu Gunsten der kongolesischen Bevölkerung umorientiert. Konkret hieß das, 25 Millionen Euro, die eigentlich Sektoren zugeteilt waren, die von den kongolesischen Behörden verwaltet werden, sollen nun an Programme der humanitären Hilfe und der Unterstützung der kongolesischen Zivilgesellschaft übertragen werden.

Auf diese Maßnahme Brüssels reagierte die kongolesische Regierung noch im gleichen Monat mit der Schließung des Schengen-Hauses in der Hauptstadt Kinshasa, wodurch die Kongolesen nun gezwungen sind, ihre Visumsangelegenheiten in einem Drittland zu erledigen. Das Schengen-Haus in Kinshasa ist eine von Belgien verwaltete gemeinsame konsularische Vertretung von 17 EU-Ländern und Norwegen.

Ungefähr zeitgleich mit der Schließung des Schengen-Hauses hielt Präsident Kabila in Kinshasa seine erste Pressekonferenz seit fünf Jahren. Darin erinnerte er die „Besserwisser in Sachen Demokratie" auf internationaler Ebene an deren „Schuld" an der Ermordung des ersten kongolesischen Regierungschefs, Patrice Lumumba (Juni – September 1960). Wohl in Richtung Belgien dürfte der metaphorische Satz Kabilas gegolten haben: „Selbst dem ärmsten Mann, dem man Essen gibt, ist man Respekt schuldig." Womöglich hat er nicht vergessen, dass es mit dem ehemaligen Außenminister Louis Michel ein Belgier war, der Anfang der 2000er-Jahre als sein größter Unterstützer fungierte – damals, als der Soldat Joseph Kabila zum Präsidenten des zweitgrößten Staates Afrikas designiert wurde. Michel verlegte sich damals sogar zu der Behauptung, der junge Joseph K. sei eine Hoffnung für die DR Kongo.

Anfang Februar 2018 hatten Beobachter die Gelegenheit, den kongolesischen Regierungssprecher Lambert Mende bei einer Sendung des katarischen TV-Senders „Al Jazeera" zu sehen. Mende bekräftigte: „Wir haben kein Problem mit dem Westen, sondern mit manchen westlichen Ländern wie Belgien, der ehemaligen Kolonialmacht... Sie sind unglücklich, weil wir jetzt eine Partnerschaft mit China eingehen... Die Sanktionen des Westens gegen unsere Regierung sind ein Produkt des Lobbyings Belgiens." Die kongolesischen Behörden reagierten auf dieses „Lobbying" Mitte April 2018 mit einem Boykott der allerersten internationalen Geberkonferenz der UN. Dort wurden finanzielle Mittel zur Bewältigung der ernsten humanitären Krise, die das Land derzeit erschüttert, mobilisiert. Teile der DR Kongo waren von der UN auf L3 eingestuft worden; dies entspricht der Stufe von Ländern wie Syrien und Jemen. Kinshasa hielt das Vorgehen der UN für überzogen und kritisierte, „es bestehe der Wille, ein schlechtes Bild von dem Land abzugeben".

Es dürfte eine aussichtslose Strategie des kongolesischen Präsidenten und seines Beraterkreises sein, die anderen EU-Staaten und die USA dazu zu bewegen, in einer Situation, in der sich belgische und chinesische Interessen gegenüberstehen, eine eher für China vorteilhafte Position einzunehmen. Anders als bei vergleichbaren Fällen wie Burundi, Ruanda oder der Republik Kongo-Brazaville besteht der Westen darauf, dass Präsident Kabila nach zwei Amtszeiten nun unbedingt abtreten muss. Der starke Wind mit dem Führungswechsel in den wichtigsten Ländern der Region, wie in Südafrika, Simbabwe, Botswana und Angola, hat einen Trend in diese Richtung gesetzt. Auch die Angst vor Instabilität in der Region treibt die Partnerländer Kongos im Westen um.

Nun steht das Kabila-Regime auch im offenen Konflikt mit Frankreich und seinen Nachbarn Ruanda und Angola, nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron am 23. bzw. 25. Mai seine Kollegen beider afrikanischer Länder im Elysée-Palast empfangen und die politische Krise in der DR Kongo auf die Tagesordnung der Gespräche gesetzt hatte. Kabila und seine Leute schreien nach einem Komplott von fremden Mächten gegen ihr Land und fordern die mahnenden Stimmen aus dem Ausland heraus. Doch die adressierten Staatenvertreter legten in Interviews nach: Am 23. Dezember 2018 muss Kinshasa endlich Wahlen abhalten und Kabila zu Gunsten eines Politikwechsels in diesem größten Land im Herzen Afrikas abtreten.

Kani Kalonji

Der Autor, ehem. Praktikant beim EU-Parlament im Büro von MdEP Helmut Scholz und BWL-Student an der RWTH Aachen, engagiert sich im „Gesprächskreis Afrika" und im „Gesprächskreis Europapolitik" von DIE LINKE und der Rosa-Luxemburg-Stiftung.