Heft 3/2019, Mosambik

Illegaler Kredit null und nichtig

MOSAMBIKS ZIVILGESELLSCHAFT ERZIELT EINEN TEILERFOLG BEI DEN ILLEGALEN SCHULDEN. Das Verfassungsgericht des Landes hat Anfang Juni den 2013 aufgenommenen Ematum-Kredit und alle damit verbundenen Handlungen für null und nichtig erklärt. Das Urteil, das auch ein Rückschlag für die Credite Suisse bedeutet, ist einem zivilgesellschaftlichen Bündnis zur Überwachung des Haushalts zu verdanken, das den Fall vor das Verfassungsgericht gebracht hatte. Das Forum hat die Führung in der Kampagne gegen die Geheimverschuldung übernommen. Offen bleibt weiterhin, ob der in Südafrika verhaftete Ex-Finanzminister Manauel Chang trotz eines Auslieferungsbegehrens der USA in Mosambik angeklagt werden könnte.

Mosambik hatte 2013 und 2014 bei der Credit Suisse London und der russischen Staatsbank VTB London drei riesige Kredite für ein Küstenschutzprojekt aufgenommen, deren Mittel danach zu einem großen Teil in den Sand gesetzt wurden:

• ProIndicus-Kredit (622 Millionen Dollar);
• Ematum-Kredit (850 Millionen Dollar);
• Mozambique Asset Management-Kredit (MAM-Kredit, 535 Millionen Dollar).

Der ProIndicus- und der MAM-Kredit waren Konsortial-Kredite, den Ematum-Kredit haben die Credit Suisse und die Bank VTB über Bonds (Anleihen) finanziert. Alle drei Kredite wurden auf verfassungswidrige Weise, unter Umgehung des Parlaments, aufgenommen. Weil der Ematum-Kredit jedoch später in eine Staatsanleihe (in Euro-Bonds) umgewandelt und von einer mosambikanischen Parlamentsmehrheit legalisiert wurde, bestehen die Ematum-Gläubiger auf einer Rückzahlung.

Nun veröffentlichte aber am 3. Juni das mosambikanische Verfassungsgericht seine Entscheidung, den im August und September 2013 aufgenommenen Ematum-Kredit für null und nichtig zu erklären. Das Gericht beantwortete damit ein Begehren, das die zivilgesellschaftliche Organisation „Forum de Monitoria do Orçamento" (FMO), ein Bündnis überwiegend mosambikanischer NGOs zur Überwachung des Haushalts, im Mai 2017 eingereicht hatte. Das FMO besuchte Ende April dieses Jahres die Schweiz und appellierte an die Führung der Credit Suisse, die Milliardenschuld Mosambiks aus den geheimen Krediten abzuschreiben. Delegierte des Forums hatten sich vom 20. bis 24. Mai in London mit juristischen Fachpersonen und der englischen Jubilee Debt Campaign über Strategien besprochen, den Druck auf die Drahtzieher der geheimen Kredite weiter zu erhöhen. Um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, führten die Forums-Delegierten in London auch Direktgespräche mit der englischen Financial Conduct Authority (FCA), der National Crime Agency (NCA) und dem Serious Fraud Office (SFO).

Jahrelange Vertuschungspolitik
Die Führungsspitze der mosambikanischen Regierungspartei Frelimo war stets bestrebt, die 2013 und 2014 aufgenommenen Kredite von über zwei Milliarden Dollar geheim zu halten und nach ihrem Auffliegen, im April 2016, die einheimische Täterschaft zu vertuschen. Bis heute sträubt sich die oberste Parteielite gegen eine saubere Aufklärung.

Während eines vom Weltwährungsfonds IWF verfügten internationalen Auditverfahrens im Jahr 2017 kooperierten die mosambikanischen Behörden, ähnlich wie übrigens auch die Credite Suisse, nur pro forma und verweigerten wesentliche Informationen. Der Verbleib von mindestens 500 versickerten Millionen blieb damit unaufgeklärt.

Die New Yorker Anklageschrift vom 19.12.2018 nennt erstmals wichtige Beteiligte aller drei Akteurgruppen – der Banken, der mosambikanischen Politiker und der Funktionäre der Firma Privinvest – und wirft damit wenigstens ein paar Schlaglichter ins bisherige Dunkel. Im Zentrum der US-amerikanischen Anklage steht die Verwendung von 200 Millionen US-Dollar als Kickback- und Schmiergelder. Vom größeren Teil der verschwundenen 500 Millionen US-Dollar fehlt aber noch immer jede Spur, was erklärt, weshalb auf Seiten der Beteiligten weiterhin Verdunkelungsinteressen bestehen.

Seit die New Yorker Anklage die erstaunlichen Versäumnisse der Banken, insbesondere der CS, offengelegt hat, steigt in der mosambikanischen Öffentlichkeit die Hoffnung, dass die Gläubiger eine Rückzahlung der geheimen Kredite juristisch nicht mehr erzwingen können. Die Anklageschrift liest sich wie ein Tagebuch über einzelne Etappen des Skandal-Geschehens und zeigt auf, wie eng die drei Tätergruppen immer wieder miteinander kooperierten. Was in Mosambik informierte Kreise der Zivilgesellschaft von Anfang an vermuteten, scheint sich zu bewahrheiten, nämlich dass Ex-Präsident Guebuza persönlich das Kreditgeschäft mit-orchestriert hat.

Die mosambikanische Presse deckte auf, dass in den Skandal außerdem nicht weniger als fünf der 22 Ministerien involviert sind: die Ministerien des Innern, der Verteidigung, der Wirtschaft und Finanzen, der Fischerei sowie das Transport- und Kommunikationsministerium. Der heutige Präsident, Filipe Nyusi, war zum Zeitpunkt der Kreditaufnahme Verteidigungsminister. Da die drei halbstaatlichen Firmen, für welche die Kredite aufgenommen wurden, dem Geheimdienst unterstanden und dieser wiederum dem Verteidigungsminister, ist nicht auszuschließen, dass auch der aktuelle Präsident keine reine Weste hat. Diese Verstrickungen können ein weiterer Grund sein für den bis in die Gegenwart andauernden Widerstand gegen die Aufklärung des Debakels.
Einer der drei illegal gewährten Kredite – Ematum – wurde im März 2016 in mosambikanische Staatsanleihen (Eurobonds) umgewandelt, wobei die involvierten Parteien, einschließlich der Banken, alles taten, um die Existenz zweier weiterer in den Sand gesetzter Großkredite zu verheimlichen – vor der mosambikanischen Öffentlichkeit, dem IWF, den Ematum-Gläubigern und den Geberländern. Die Umschuldung des Ematum-Kredits interpretierten die involvierten Gläubiger trotzdem als Zeichen, dass Mosambik seine Rückzahlungspflicht anerkennt. Die beiden anderen Kredite wurden nie umgeschuldet und nie formell legalisiert.

Die Mehrheit der Bevölkerung, einschließlich der größte Teil der Frelimo-Parteibasis, weigert sich zu Recht, jeglicher Rückzahlungspflicht zuzustimmen. Das Centro de Integridade Pública (CIP) hat sich von Anfang an für die Deklaration der geheimen Kredite als „odious debts" stark gemacht. Das FMO hatte Ende Januar Briefe an Tidjane Thiam (CEO der Credit Suisse), die englische Bankenaufsicht, den IWF, das englische Serious Fraud Office und die norwegische Bank verschickt. Letztere hält für einen Pensionsfonds fünf Prozent aller CS-Aktien. In diesen Briefen deklariert das FMO die Kredite mit Verweis auf die amerikanische Klageschrift als illegal und somit nichtig. Diese Briefe tragen allesamt an vorderster Stelle die Unterschrift von Graça Machel – der Witwe des ersten mosambikanischen Präsidenten, Samora Machel, und späteren Witwe von Nelson Mandela.

Generalstaatsanwaltschaft hat Arbeit aufgenommen
Kurz nach Bekanntwerden der New Yorker Anklage veröffentlichte die mosambikanische Generalstaatsanwaltschaft eine Liste mit 17 Namen von Verdächtigen. Mitte Februar ließ sie neun davon festnehmen – darunter zwei Personen aus dem engsten Umfeld von Ex-Präsident Armando Guebuza: seine Privatsekretärin und einen seiner Söhne, Ndambi Guebuza.

Seither ließ die Generalstaatsanwaltschaft verlauten, 15 Gebäude und Wohnungen, sechs Autos und eine schwere Baumaschine konfisziert und 31 Bankkonten gesperrt zu haben. Mitte März erstellte sie eine Anklageschrift gegen 20 Personen – wegen Unterschlagung, Erpressung, Geldwäsche, Korruption, Amtsmissbrauch, Dokumentenfälschung und krimineller Vereinigung – zuhanden des Stadtgerichts von Maputo. Die Namen des aktuellen und des ehemaligen Präsidenten sowie von Maria Isaltina Lucas, ehemalige Chefin de Finanzministeriums, die die Kreditgarantien bewilligt hat, figurieren nicht auf der Liste. Formell gilt ohnehin – auch für alle anderen Angeklagten – bis zur gerichtlichen Verurteilung die Unschuldsvermutung. Für vier weitere Personen sind gesonderte Verfahren vorgesehen.

Das gilt in erster Linie für den ehemaligen Finanzminister, Manuel Chang, der in den USA angeklagt ist, für die Kredite verfassungswidrige Staatsgarantien unterschrieben zu haben. Gemäß Anklageschrift kassierte Chang pro Unterschrift Bestechungssummen von je fünf Millionen Dollar. Er wurde am 29. Dezember 2018 auf dem Flughafen von Johannesburg festgenommen.

Vergiftungsattacke
Kurz nach Bekanntwerden der Angeklagtenliste in Mosambik starb am 21. März der stellvertretende Generalstaatsanwalt Januário dos Santos Necas – durch Gift. Doch die Medien schweigen. Die Öffentlichkeit darf nicht erfahren, ob ein Zusammenhang mit der Anklage besteht. Der Verdacht liegt jedoch in der Luft, denn in der Vergangenheit haben sich ähnliche Vorfälle ereignet. Auch schon die Ungewissheit schürt Ängste. Es ist bislang unklar, ob das Vergiftungsopfer die Anklage unterstützt oder gegen sie votiert hatte. Der Vorfall zeigt, wie sehr die Skandalaufklärung in Mosambik noch immer mit dem Risiko von Gewalt verbunden ist. Die halbstaatlichen Firmen, in deren Namen die Zwei-Milliarden-Kredite aufgenommen worden waren, sind zwar ramponiert, nicht aber der Geheimdienst, dem sie unterstanden. Dieser funktioniert nach wie vor einwandfrei. Wer sich in Mosambik für Gerechtigkeit einsetzt, lebt nicht ganz ungefährlich.

Die mosambikanische Regierung ist in der Frage, wie mit der Zweimilliarden-Schuld umzugehen sei, gespalten. Premierminister Carlos Agostinho do Rosario sagte am 13./14.März dem Parlament, Mosambik werde nichts zurückbezahlen. Einen Tag später war in der lokalen Presse zu lesen, Finanzminister Maleyane habe verkündet, die Kredite zurückzahlen und die Zahlungsmodalitäten mit den Gläubigern und den Banken aushandeln zu wollen. Diese Ankündigung klingt umso absonderlicher, als das Land zur Zahlung einer Zweimilliarden-Schuld selbst längerfristig kaum in der Lage sein dürfte. Die hoffnungsvolle Erschließung der Gasvorkommen, die vor zehn Jahren im Norden des Landes entdeckt wurden, verzögert sich, und zwar nicht zuletzt wegen des Vertrauensverlusts, den die Regierung durch den Kreditskandal erlitten hat. Außerdem ist die Region mit den Gasvorkommen seit zwei Jahren vermehrt Ziel gewalttätiger Attacken durch islamistische Gruppen. Die verheerenden Zyklone und die Überschwemmungen im Zentrum Mosambiks von Mitte März sowie im Norden des Landes Ende April haben die wirtschaftliche Not nun noch weiter verschärft.

Mosambik befindet sich schon länger im Zahlungsrückstand, aber bisher hat kein Gläubiger Anstalten getroffen, das Land deswegen zu verklagen. Die meisten Gläubiger würden eine solche Klage wohl als aussichtslos einstufen. Dass der IWF die Wiederaufnahme der Budgethilfe von einem umfassenden Schuldentilgungs-Programm abhängig macht, gilt als immer unwahrscheinlicher, seitdem die schweren Versäumnisse auf Seiten der Credit Suisse publik geworden sind.

Was der IWF hingegen seit April 2016 von Mosambik rigoros fordert, ist eine seriöse Aufklärung des Skandals. Genau damit tut sich die Regierung aber bis heute schwer. Anscheinend zieht sie es noch immer vor, die Bevölkerung weiterhin auszupressen, um die Kredite mit Zins und Zinseszins zurückzuzahlen, als den Korruptionssumpf in den eigenen Reihen auszutrocknen. Die Regierung verspielt damit noch mehr Vertrauen – national wie international.

Auslieferung in die USA fraglich
Mehr noch als der Skandal selbst spaltet dessen Aufarbeitung die Regierungspartei Frelimo. Alt-Präsident Guebuza besitzt noch immer eine beachtliche Lobby – in seiner Heimat ebenso wie unter Ausland-Mosambikanern. Die drei vom US-Gericht genannten mosambikanischen Hauptangeklagten sind zwar alle festgenommen worden: Manuel Chang (Ex-Finanzminister) in Südafrika, Teófilo Nhangumele (ehemals rechte Hand des Ex-Präsidenten) in Mosambik und António Carlos do Rosário (Leiter der drei halbstaatlichen kreditaufnehmenden Firmen) ebenfalls in Mosambik. Es ist aber unwahrscheinlich, dass Mosambik zwei so exponierte Figuren an die USA ausliefern wird, und zwar nicht nur, weil es mit den USA keinen Auslieferungsvertrag hat, sondern vor allem, weil wichtige Regierungsvertreter entweder den Ex-Präsidenten und seine Entourage weiterhin gegen Ungemach abschirmen oder, wahrscheinlicher, ihre eigene Haut retten wollen. Deswegen wehrt sich die Frelimo-Spitze auch gegen die Auslieferung von Ex-Finanzminister Chang an die USA: Dieser dürfte nämlich dort mit erheblicher Straferleichterung rechnen, wenn er dem US-Gericht substanzielle Informationen über bisher unbekannte Einzelheiten des Skandals liefert.

Am 20. Mai legte Detelina Subeva, bis 2013 Mitglied des von einem New Yorker Gericht vorigen Dezember angeklagten „Deal Teams" der Londoner Credit Suisse, vor eben diesem New Yorker Gericht ein Geständnis ab. Sie habe geholfen, Gelder aus Kickback-Zahlungen im Zusammenhang mit dem Kredit über 2 Milliarden Dollar an Staatsfirmen in Mosambik zu waschen, bekannte die 37-jährige Bulgarin.

Einen Tag später entschied der südafrikanische Justizminister Michael Masutha, Manuel Chang nicht an die USA, sondern an Mosambik auszuliefern. Dieser Entscheid dürfte angesichts der historischen Nähe des südafrikanischen ANC zur mosambikanischen Frelimo politisch motiviert sein. Einige Wochen nach dem Auslieferungsbegehren durch die USA hatte auch Mosambik ein Auslieferungsgesuch gestellt, obwohl die mosambikanische Staatsanwaltschaft den Ex-Minister gar nicht angeklagt hatte. Auch in der mosambikanischen Anklageschrift von Mitte März fehlt sein Name.
Die Hoffnung weiter Kreise der mosambikanischen Zivilgesellschaft, dass Manuel Chang am New Yorker Gericht Licht in die immer noch zahlreichen dunklen Stellen des Megaskandals bringen werde, könnte sich damit zerschlagen.

Die Frelimo-Spitze setzt nach wie vor alle Hebel in Bewegung, die noch unaufgeklärten Aspekte des Skandals weiterhin zu vertuschen. Das betrifft immer noch einen Großteil der verschwundenen 500 Millionen Dollar sowie die Rolle der russischen Staatsbank VTB, die für Kredite in Höhe von 1,03 Milliarden Dollar verantwortlich ist. Es ist kaum damit zu rechnen, dass Mosambik gegen Chang ein reguläres Strafverfahren eröffnet. Weite Teile der Bevölkerung Mosambiks, die unter den einschneidenden Folgen des Kreditskandals leiden, sind gegen Ex-Minister Chang allerdings so aufgebracht, dass bei seiner Rückkehr in die Heimat die Gefahr von Lynchjustiz besteht.

Die USA haben Mitte Juni allerdings angekündigt, gegen die Nicht-Auslieferung Changs Einspruch erheben zu wollen. Nach den Mai-Wahlen in Südafrika ist zudem der Justizminister ausgewechselt worden. Die Angelegenheit ist nun wieder in der Schwebe, Chang bleibt weiterhin in Südafrika festgehalten.

Das Urteil des Verfassungsgerichts
Die mosambikanischen Verfassungsrichter unterschrieben ihr Urteil vom 3. Juni, das den Kredit der Credite Suisse für nichtig erklärte, genau 14 Tage nach dem Geständnis der ehemaligen CS-Investmentbankerin Detlina Subeva. Am nächsten Tag demissionierte der Präsident des Verfassungsgerichts. Trotzdem wurde das Urteil in Mosambik großmehrheitlich mit Erleichterung aufgenommen: Es hält ausdrücklich fest, dass die verantwortlichen Regierungsvertreter durch die Umgehung des Parlaments gesetz- und verfassungswidrig gehandelt haben und dass der nachträgliche (im April 2017 erfolgte) Legalisierungsversuch durch die Frelimo-Mehrheit im Parlament lediglich einen politischen, aber keinen rechtlich gültigen Entscheid darstellt: Ein politisches Gremium könne einen verfassungswidrigen Akt nicht legalisieren. Gegen das Verdikt des Verfassungsgerichts kann kein Einspruch erhoben werden – auch nicht durch die Regierung.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob das Verfassungsgericht unabhängig genug ist, um sich auch gegen die Exekutive stellen zu können. Blickt man näher hin, so erweist sich die Bedeutung dieses Entscheids jedoch als unklar. Die Verfassungswidrigkeit des Ematum-Kredits ist ja keineswegs eine neue Tatsache. Ein Untersuchungsausschuss des mosambikanischen Parlaments legte bereits am 9. Dezember 2016 die Umstände offen, unter denen dieser Kredit aufgenommen worden war. Die zentrale Frage, um die es im Zusammenhang mit dem Ematum-Kredit geht, bleibt im Gerichtsurteil ausgeklammert: Ende März 2016 wurde dieser Kredit umstrukturiert und in Staatsanleihen (in Eurobonds) umgewandelt. Später segnete die Frelimo-Fraktion des mosambikanischen Parlaments den Ematum-Kredit ab (die anderen Parteien stimmten dagegen oder verließen vor der Abstimmung aus Protest den Saal). Ob aus der Nichtigkeits-Erklärung des ursprünglichen Ematum-Kredits auch die Nichtigkeit der Schulden gegenüber den Gläubigern der Ematum-Staatsanleihe abgeleitet werden kann, ist eine Frage, mit der Laien überfordert sind.

Dass darüber wohl noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, belegt die Tatsache, dass der mosambikanische Finanzminister Adriano Maleiane mit den Gläubigern der aus der Ematum-Umstrukturierung hervorgegangenen Staatsanleihen weiter verhandelt. Um die Rückzahlung auf die Jahre 2029 bis 2033 hinausschieben zu können, ließ er sich auf höchst ungünstige Forderungen der Gläubiger ein, denen zufolge sich der ursprüngliche Kredit von 850 Millionen Dollar wegen der fälligen Zinszahlungen schließlich mehr als verdreifachen wird. Im Mai dieses Jahres machte die Regierung von sich aus ein Angebot, das eine Rückzahlung zwischen 2028 und 2031 vorsieht. Beide Varianten sind für das Land höchst nachteilig. In beiden Fällen soll die Rückzahlung großenteils aus Revenuen künftiger Gasförderung im Norden des Landes finanziert werden.

Wirtschafts- und Finanzminister Maleiane behauptet, mit seiner Rückzahlungsbereitschaft die Glaubwürdigkeit Mosambiks gegenüber internationalen Investoren beweisen zu wollen. Diese ist allerdings wegen des Versteckspiels um die geheimen Kredite seit Jahren massiv beschädigt. Immerhin weigert sich die mosambikanische Regierung, den zweiten Kredit, ProIndicus, zurückzuzahlen: Er ist nicht in Staatsanleihen umgewandelt worden, und das Parlament hat ihn nachträglich nicht zu legalisieren versucht. Dasselbe trifft auch für den dritten geheimen Kredit („MAM") zu, den die russische Staatsbank VTB allein ausgerichtet hatte.

Doch wie kürzlich durchsickerte, machte die mosambikanische Regierung den „MAM"-Gläubigern trotzdem ein großzügiges Rückzahlungsangebot. Die Bedingungen, unter denen die Kredite ProIndicus und „MAM" vergeben wurden, sind einander sehr ähnlich. Weshalb die mosambikanische Regierung den einen zurückzahlen will und damit anscheinend als legal einstuft, den anderen aber nicht, ist unklar. Eine mögliche Erklärungshypothese besagt, dass Mosambik durch Russland politisch unter Druck gesetzt worden ist – die Bank VTB gehört nämlich überwiegend dem russischen Staat. Trotzdem besteht die Hoffnung, dass sich das Urteil des Verfassungsgerichts auf die weiteren Verhandlungen um Rückzahlungen des „MAM"-Kredits auswirken könnte: Weil die Argumentation des Gerichts auch auf die Bedingungen dieses Kredits zutrifft, entzieht sie der Berechtigung seiner Rückzahlung den Boden. Das Gericht kann der Regierung aber offenbar nicht verbieten, den Gläubigern weiterhin attraktive Angebote auf Kosten der Bevölkerung zu unterbreiten.

Thomas Kesselring

Der Autor war bis 2013 Professor an der Pädagogischen Hochschule Bern und bis 2015 Dozent an der Pädagogischen Universität von Mosambik.
Sein Beitrag setzt sich aus vier Artikeln zusammen, die er zwischen April und Juni 2019 auf der Seite „Credit Suisse im Mosambik-Skandal" von www.infosperber.ch veröffentlicht hat.

Nachtrag:
1. Ob das Parlament den umstrukturierten Ematum-Kredit wirklich bewilligt hat, ist offenbar in Wahrheit umstritten (wie so vieles in der Skandalgeschichte).

2. Die Regierung hat inzwischen die Gespräche mit den Gläubigern über die Umstrukturierung des Ematum-Kredits gestoppt und sucht nun aufgrund des Nichtigkeits-Urteils durch das mosambikanische Verfassungsgericht Rat bei internationalen Verfassungs- und Völkerrechtsexperten.

3. Im Auftrag des Finanz- und Wirtschaftsministers Maleiane trafen sich Delegierte der zivilgesellschaftlichen Organisation FMO am 21. Juni mit Vertretern der Finanzberatungs- und Vermögensverwaltungsfirma Lazard, die die mosambikanische Regierung bisher bei der Umstrukturierung des Ematum-Kredits beraten hat. Die Firma vertritt einseitig Gläubigerinteressen, klammert bei ihren Analysen internationale Rechtsfragen aus und weicht einem Konfliktmanagement aus. Auf dieser Grundlage rät sie Mosambik zur Rückzahlung des Ematum-Kredits, egal ob er unter legalen oder illegalen Bedingungen aufgenommen worden ist.