Heft 3/2022, afrika süd-dossier: Sprachen- und Bildungspolitik

Wettbewerb der afrikanischen Sprachen

TÜCKEN DER INTEGRATION INDIGENER SPRACHEN IM BILDUNGSWESEN SIMBABWES. Trotz Anerkennung von 16 Amtssprachen erweist sich die Integration indigener Sprachen in den Unterricht als schwierig. Sie kämpfen nicht nur gegen die Vorherrschaft des Englischen, sie stehen auch untereinander im Wettbewerb. In der Kolonialzeit wurde das Land in die beiden Sprachgruppen Shona und Ndebele zusammengefasst und aufgeteilt. Marginalisierte einheimischen Sprachen haben es daher noch schwerer, in die Sprachenpolitik aufgenommen zu werden. Die Tonga zeigen jedoch, wie man sich Gehör verschaffen kann.

Von Liketso Dube

Sprachenpolitik ist stets mit der Politik eines Landes verbunden. „Jede Sprachplanungsaktivität muss daher in einem bestimmten politischen Kontext verstanden und analysiert werden", bekräftigt der Linguist Finex Ndhlovu (2008:60). In einem Buch zur Sprachenpolitik in Simbabwe weisen zudem die Autor:innen Francis Muchenje, Pedzisai Goronga und Beatrice Bondai (2013:502) darauf hin, dass „Sprache eine wichtige Rolle im Leben der Menschen spielt, da sie nicht nur ein Medium der Kommunikation, sondern auch ein Kulturreservoir ist". Somit fungiert Sprache als eine Form der Identität, was die politische Seite der Sprache ausmacht. Auf der anderen Seite erleichtert die Sprache das Lernen, da der Unterricht in der Muttersprache das Verständnis erleichtert.

Hintergrund der Sprachenpolitik

Als ehemalige britische Kolonie verwendet Simbabwe aufgrund des Einflusses durch die damalige Politik Englisch als offizielle Kommunikations- und Unterrichtssprache. Die Siedlerregierung hatte dafür gesorgt, dass Englisch zur Amtssprache wurde und verdrängte die lokalen Sprachen aus dem offiziellen Leben. Die mit der Untersuchung des afrikanischen Bildungssystems beauftragte Richterkommission hatte empfohlen, dass Kinder von Beginn der ersten Klasse an Englisch schreiben und lesen lernen sollten. Im Hinblick auf das Bildungswesen übernahm die neue Regierung mit der Unabhängigkeit 1980 schlichtweg die Sprachpolitik der früheren weißen Siedlerregierung. In Malawi „hat sich der postkoloniale afrikanische Staat für eine Sprache als Nationalsprache entschieden, um ein Gefühl der nationalen Identität zu schaffen, hat aber auch die aus der Kolonialzeit geerbte Gesamtstruktur der Sprachpolitik weitgehend beibehalten", so Michael Kretzer und Joshua Kumwenda (2016:26). Die Sprachsituation in einst kolonisierten Ländern ist somit im Wesentlichen ein Erbe des kolonialen Systems.

Die vorkolonialen größtenteils lose organisierten ethnolinguistischen Gruppierungen wurden bei der Kolonisierung in Provinzen mit den Bezeichnungen Matabeleland, Mashonaland und Midlands eingeteilt. Diese Abgrenzung war Grundlage für den Doke-Bericht von 1931 zur Vereinheitlichung der Shona-Dialekte. Herbert Chimhundu (2005:31) hebt dabei hervor, dass der „Doke-Bericht sehr deutlich erklärte, dass neben Englisch nur zwei afrikanische Sprachen im Land offiziell anerkannt werden sollten". Dadurch wurde das Land in zwei Regionen mit einer jeweiligen Nationalsprache, und zwar Shona – ein Sammelbegriff, den es vorher als Sprachbezeichnung nicht gab – bzw. Ndebele, aufgeteilt. Die weiteren nicht dominanten Sprachen wurden damit marginalisiert und zu sogenannten Haussprachen reduziert. Ihr Überleben hing davon ab, wie entschlossen ihre Sprecher:innen waren, sie am Leben zu erhalten.

Diese Situation hat dazu geführt, dass afrikanische Sprachen in allen Bereichen der Kommunikation und im Bildungswesen miteinander im Wettbewerb stehen. Die Sprecher:innen der Sprachen, die durch den Doke-Bericht aus dem Jahr 1931 ins Abseits gedrängt wurden, machen geltend, dass Shona oder Ndebele sie in den Schatten stellten, zu ihrer Unterentwicklung beitrugen und dies auch immer noch tun. Liketso Dube und Bhekezakhe Ncube (2013:250) sind der Meinung, dass „es nicht dazu kommen darf, dass eine lokale Sprache eine europäische Sprache ablöst, um andere Sprachen zu unterdrücken und zu verdrängen, denn das käme einem Sprung vom Regen in die Traufe für diese kleineren Sprachen gleich". Diese koloniale Rangordnung der Sprachen besteht bis heute fort.

Die aktuelle Sprachenpolitik im Bildungswesen

Die Regierung des unabhängigen Simbabwe erkennt zwar in der aktuellen Verfassung von 2013 16 Amtssprachen an, die Herausforderung besteht aber darin, die Politik durch Gesetzesausfertigungen mit der Verfassung in Einklang zu bringen. Es gibt allerdings noch immer keine politischen Vorgaben, wie die Forderungen der Verfassung umgesetzt werden sollen. In Ermangelung einer klaren Regierungspolitik bleibt es in der Verantwortung der marginalisierten Sprachgemeinschaften, das Überleben ihrer Sprachen sicherzustellen.

Die Kalanga und Tonga haben sich besonders aktiv für das Erlernen ihrer Sprachen (Tjikalanga bzw. ChiTonga) durch Unterrichtsfächer in Schulen eingesetzt, in denen eine große Zahl an Sprecher:innen unterrichtet wird. „Die Tonga nahmen ihre Kinder 2003 für zwei Monate aus der Schule, als die Regierung nicht ausgebildete Tonga sprechende Lehrer:innen durch ausgebildete Shona sprechende ersetzte. Daraufhin kam der Schulbetrieb im gesamten Distrikt zum Stillstand, da die Eltern gegen die Maßnahme der Regierung protestierten" (Dube und Ncube, 2013:253). Die Regierung hat die Gesetze zwar verkündet, aber die Gemeinden nicht bei deren Umsetzung unterstützt. Aus diesem Grund müssen die Gemeinschaften ermutigt werden, sich energisch um die Förderung ihrer Sprachen und deren Sichtbarkeit zu bemühen. Solche Aktivitäten müssen auf einem Bottom-up-Ansatz beruhen. Im Allgemeinen sieht eine Sprache, die nicht Teil des Schulsystems ist, wohl einer düsteren Zukunft entgegen.

Sprachaktivist:innen und -enthusiast:innen, die sich für offizielle politische Verlautbarungen und Dokumentationen einsetzen, müssen sich der These Ndhlovus (2008:62) gewahr werden, dass Regierungen manchmal „eine sehr großzügige und ehrgeizige Sprachenpolitik verkünden, aber gleichzeitig die Einsprachigkeit durch diskursive Praktiken aufrechterhalten, die den Wert des sprachlichen Pluralismus und der kulturellen Vielfalt verunglimpfen". Die Aufnahme der nicht-dominanten Sprachen in die Verfassung mag ein Trick sein, um die beunruhigten Gemeinschaften zu beschwichtigen. Eine echte Geste der Förderung auch der nicht-dominanten Sprachen muss hingegen mit der Finanzierung von Aktivitäten einhergehen, durch die der Unterricht in diesen Sprachen verwirklicht werden kann. Auch sieben Jahre nach der Verkündung der neuen Sprachenpolitik hat die Regierung noch keine Haushaltsmittel für die Herstellung von Lehr- und Lernmaterialien in diesen Sprachen bereitgestellt, bemängeln Khama Hang'ombe und Isaac Mumpande (2020:95).

Sprachen offensiv fördern

Gegenwärtig ist die Einstellung insbesondere der mit der Umsetzung der Politik Betrauten gegenüber der Förderung und dem Lehren von einheimischen Sprachen tendenziell negativ. In einer Studie von Gamuchirai Ndamba (2010:254) wurde festgestellt, dass sich „Schulleiter und Lehrkräfte die Umsetzung der kolonialen Sprachpolitik genau anzuschauen scheinen, möglicherweise aus dem Grund, dass sie Englisch als Unterrichtssprache gegenüber indigenen Sprachen vorziehen". Sprecher:innen indigener Sprachen scheinen den Fokus vom herausfordernden Englisch auf die Förderung und das Lehren ihrer eigenen Sprachen verlagert zu haben. Dabei kämpfen sie nun aber gegen andere indigene Sprachen, wobei alle diese Sprachen mit dem praktischen Problem mangelnder Förderung konfrontiert sind.

Neben der kolonial geprägten negativen Einstellung gegenüber den indigenen Sprachen betrachten die afrikanischen Regierungen die Sprachen ihrer früheren Kolonialherren oft als nützliche Instrumente zur Einigung ihrer Nationen. Die zahlreichen indigenen Sprachen innerhalb der kolonial auferlegten Landesgrenzen gelten als Ursache für Spaltungen und nicht als notwendige Diversität. Darüber hinaus haben es Mitglieder entrechteter ethnolinguistischer Gruppen aufgrund der Brisanz des Themas Ethnizität, das oft kriminalisiert, mit dem Tribalismusstempel versehen und als rückschrittlich sowie spaltend angesehen wird, häufig schwierig oder werden entmutigt, offen über ihre Marginalisierung zu sprechen, wie Phillip Mpofu und Abiodun Salawu (2018:7) feststellen.

Es ist an der Zeit, dass Gemeinschaften, die ihre Sprachen sichtbar und hörbar machen wollen, ihre Sprachen offensiv fördern, indem sie die Verfügungen der Verfassung von der Familienebene bis zur nationalen Ebene umsetzen. Da, wo die Verfassung ihnen das Recht zugesteht, ihre Sprache zu gebrauchen, dürfen sie keine Kompromisse eingehen. Sie müssen die Initiative ergreifen, um auch Maßnahmen umzusetzen, die nicht in den Statuten der Regierung verankert sind, und schauen, ob die Regierung etwas dagegen unternimmt. Ein konfrontativer Ansatz, wie ihn die Tonga von Binga gewählt haben, könnte dabei helfen.

Der Autor ist Dozent an der Great Zimbabwe University und hält einen Doktortitel für Afrikanische Sprachen und Literatur. Zu seinem Forschungsgebiet gehören Sprachenpolitik, Förderung indigener Sprachen, indigenes Wissen, Onomastik und IsiNdebele/IsiZulu-Literatur und Kultur.
Übersetzt aus dem Englischen.