Heft 4/2014, Sambia

Klimawandel und Politik

DIE BEWÄLTIGUNG DES KLIMAWANDELS ist nicht nur ein Anliegen internationaler Entwicklungsorganisationen. Auch die sambische Regierung hat daran ein Interesse. Das betrifft die Ernährungssicherung sowie die Abwendung politischer und ökonomischer Krisen.

 

Zum Verständnis der heutigen Klimapolitik ist ein Abriss der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung wichtig:

 

Nach der politischen Unabhängigkeit 1964 war zunächst Kenneth Kaundas sozialistisch ausgerichteter, wirtschaftlicher Nationalismus prägend. Ihm folgte die Einparteiendemokratie unter der United National Independence Party (Unip) zwischen 1972 und 1991. Der Anstieg von Grundnahrungsmittelpreisen wegen gestrichener staatlicher Maissubventionen – eine Maßnahme im Rahmen der wirtschaftlichen Strukturanpassungsmaßnahmen (Esap) – hatte Ende der 1980er Jahre und 1990 massive Proteste zur Folge. Sie führten schließlich zu einem Regimewechsel. Frederick Chiluba übernahm mit seiner Movement for Multiparty Democracy (MMD) die Herrschaft, sein neoliberaler Kurs umfasste die Privatisierung der Minen und staatlicher Unternehmen. Die Ausbreitung der Kleptokratie unter Chiluba brachten schließlich 2002 Levy Mwanawasa und 2008 Ruphia Banda an die Macht. Seit 2011 regiert Michael Sata mit der Patriotic Front (PF). Er trat an, um Armut und Korruption zu bekämpfen. Die Wähler haben große Erwartungen angesichts der boomenden Wirtschaft, deshalb müssen sich die Politiker um die Wähler bemühen, etwa durch Entwicklungsprogramme.

 

Wirtschaftliche Struktur

Sambias Schicksal hängt an den Weltmarktpreisen für Kupfer. In Folge der sinkenden Kupferpreise in den 1970er Jahren kollabierte die Wirtschaft, der Niedergang setzte sich in den 1980er Jahren fort. Seit etwa zehn Jahren erholt sich die Ökonomie, insbesondere wegen der inzwischen wieder gestiegenen Kupferpreise. Ein Strukturproblem ist die geringe Diversifizierung der Ökonomie. Die kleinbäuerliche Landwirtschaft hat sich nicht weiter entwickelt, dennoch bildet sie die wichtigste Versorgungsgrundlage der Bevölkerung. Die meisten Menschen arbeiten in diesem Sektor: 85 Prozent sind arme Kleinbauern, ihre Ernten sind gering. Die aufstrebenden Farmer machen dreizehn Prozent der ländlichen Produzenten aus, sie verfügen über etwas mehr Land und bauen beispielsweise Tabak für den Export an. Großfarmer stellen nur zwei Prozent der Landbevölkerung, dazu zählen die Käufer früherer Staatsbetriebe und ausländische Agroindustrievertreter.

 

Seit 1960 setzt sich Sambia mit dem Klimawandel und entsprechenden Anpassungsstrategien auseinander. Das staatliche Meteorologieinstitut analysiert die Variabilität der Regenfälle in den unterschiedlichen agro-ökologischen Zonen. Es dokumentierte extreme Ereignisse wie Flut und Dürren, aber auch Temperaturanstiege, ausbleibende Regenfälle, verkürzte Regenzeiten mit Starkregen. Solche graduellen Veränderungen müssen in Verbindung mit dem permanenten Wandel gesehen werden. Die Häufigkeit von Naturkatastrophen steigt, deshalb ist das politische und mediale Interesse vor allem auf Flut und Dürren ausgerichtet.

 

So waren die politischen Leitlinien zum Klimawandel eine Reaktion auf die Flut 2007 und 2009. Diese Flutkatastrophen betrafen schätzungsweise 1,4 Mio. bzw. 640.000 Menschen und vernichteten Anbaupflanzen und Vieh. Zudem gab es zwischen 1991 und 2005 drei große Dürren, die jeweils über 1,2 Mio. Menschen schädigten – 1992 waren sogar 1,7 Mio. betroffen. Da 95 Prozent der Landwirtschaft Regenfeldbau ist, sind lokale Niederschlagsvariationen hier besonders gravierend. Mancherorts waren 65-72 Prozent der Ernten durch die Dürren zerstört, was sich sehr negativ auf die gesamte Ökonomie auswirkte. Zusätzlich zu den Klimaveränderungen waren die gestrichenen staatlichen Agrarsubventionen und die vielen HIV-Infektionen fatal. So belegen zahlreiche Erhebungen, dass die Maisproduktion landesweit sank. Im Süden des Landes, wo Maismonokulturen vorherrschen, trugen sinkende Regenfälle und steigende Temperaturen zu den Ertragsrückgängen bei. Der Druck auf die lokale Bevölkerung stieg entsprechend an.

 

Institutioneller Rahmen

Die politische Planung in Katastrophenfällen wurde 1966 institutionell an das Präsidentenbüro assoziiert, nach der verheerenden Dürre 1992 bildeten die Ministerien für Landwirtschaft, Gesundheit, Energie, Wasser und Lokalentwicklung ein gemeinsames nationales Komitee zum Dürremanagement. Wegen Abstimmungsproblemen in der interministeriellen Kooperation richteten Entwicklungsorganisationen in den Folgejahren eigene Koordinationsstellen auf nationaler und lokaler Ebene ein. Auch Distriktverwaltungen und Nichtregierungsorganisationen wurden darin eingebunden.

 

Nach den Flutkatastrophen 2007 und 2009 geriet die Regierung unter Druck, ihre nationales Koordinationskomitee zu dezentralisieren, dazu verabschiedete das Parlament 2010 ein eigenes Gesetz und übertrug die Verantwortung dem Ministerium für Umwelt, natürliche Ressourcen und Tourismus. Es war wie in vielen anderen afrikanischen Ländern nach der internationalen Umweltkonferenz in Rio 1992 gegründet worden und wurde von etlichen Gebern unterstützt.

 

Das Umweltministerium ist für die nationale Umsetzung der 1993 von Sambia ratifizierten Klimakonvention der Vereinten Nationen und des 2006 ratifizierten Kyoto-Protokolls zuständig. Dazu hat es 2007 einen nationalen Aktionsplan zur Anpassung an den Klimawandel entwickelt. Zudem hat das Finanz- und Planungsministerium eine zentrale Rolle in der konzeptionellen Verankerung von Klimathemen in allen Ministerien, hier geht es unter anderem um ein strategisches Programm und den Klimainvestmentfonds. Dieses Ministerium hat eine starke Autorität gegenüber allen anderen Ministerien.

 

Das Verhältnis zwischen den verschiedenen Ressorts ist nach wie vor konfliktreich, zumal das Umweltministerium nur über einen vergleichsweise kleinen Etat verfügt. Auch die Dezentralisierung geht nur schleppend voran, was die Koordination zwischen der nationalen und lokalen Ebene erschwert. Gleichzeitig gibt es seit 1994 eine neue Abteilung für das Katastrophenmanagement, die abermals im Präsidentenbüro angesiedelt ist. Sie hat umfassende Aufgaben und kein spezielles Mandat für die Klimafolgeprobleme, dennoch tritt sie als Akteur zur Koordination von Klimaanpassungsstrategien auf.

 

Mit Blick auf die politischen Leitlinien Sambias sind die Vorgaben zum Katastrophenmanagement von 2005 zu nennen, die Dürren und Überschwemmungen aber nicht als Folgen des Klimawandels einstufen. Immerhin arbeiten sie mit einem umfassenden Katastrophenkonzept. Der 2007 verabschiedete nationale Aktionsplan zum Klimawandel nennt die Bereiche Landwirtschaft, natürliche Ressourcen, Wasser, Energie und Gesundheit. Kritiker bemängeln, er sei nicht mit der Sektorenplanung verbunden. Klimawandel ist integriert in den sechsten nationalen Entwicklungsplans 2011-2015; demnach sollen alle Schlüsselsektoren Anpassungs- und Risikoreduzierungsstrategien zur Bewältigung des Klimawandels entwickeln. Der Fokus liegt auf der nationalen Ebene und auf der Provinzebene. Begrenzte Regierungsgelder stehen zur Verfügung, weitere Finanzleistungen sollen Entwicklungsorganisationen erbringen.

 

Das Netzwerk zivilgesellschaftlicher Organisationen in Sambia beobachtet die Regierungsausgaben im Klimabereich und stellt fest, dass diese relativ gering sind. Es geht davon aus, dass die Ausgaben in den nächsten Jahren steigen werden, zumal Strategien zum Klimawandel im nationalen Entwicklungsplan 2011-2015 verankert sind. Mit Blick auf die internationalen Klimaverhandlungen vertritt Sambia die Position der Entwicklungsländer und der Entwicklungsgemeinschaft im südlichen Afrika SADC. Sie fordern: Die Länder des Nordens sollten ihre Emissionen reduzieren und Gelder für Anpassungsstrategien im Süden bereitstellen – zusätzlich zur Entwicklungszusammenarbeit.

 

Auch die nationale Strategie zur Reaktion auf den Klimawandel NCCRS, die seit einigen Jahren erarbeitet wird, soll Verantwortungsbereiche verschiedener Institutionen klar festlegen. Ein Klima- und Entwicklungsrat soll für die Koordination aller Programme zur Anpassung und Bewältigung des Klimawandels sorgen. Diesem Rat sollten Vertreter aller Ministerien, traditionelle Autoritäten und Nichtregierungsorganisationen, Unternehmer und Wissenschaftler angehören. Besonders wichtig sind das Agrar- und das Wasserministerium.

 

Herausforderungen sind neue Varietäten im Anbau und die Infrastruktur im Wasserbereich, insbesondere bei Überflutungen und Dürren. Zudem sind die Dezentralisierungsbehörde, die Meteorologen und das Kommunikationsministerium gefragt, etwa in der Verbesserung der Frühwarnsysteme. Die nationale Strategie baut auf den nationalen Aktionsplan auf, zusätzlich geht es um die Infrastrukturentwicklung. Ziele sind: Risikoreduzierung, geringe Kohlenstoffemissionen, Forschung, Weiterentwicklung und Verankerung der politischen Leitlinien, Finanzen und Ressourcenmobilisierung. Gemeinden sollen den Klimaveränderungen standhalten können, auch den Verantwortlichen auf der Distriktebene soll eine Schlüsselrolle in der Umsetzung zukommen. In der Diversifizierung der Anbau-, Wassernutzungs- und Einkommensstrategien soll Nachhaltigkeit erreicht werden.

 

Geber und Entwicklungsorganisationen

Zwar ist der Einfluss internationaler Geber auf die nationalen Finanzen zwischen 2005 und 2008 von 43 auf 28 Prozent geschrumpft, was vor allem auf die steigenden Kupferpreise und den Einfluss chinesischer Investoren zurückzuführen ist. Diese sind auch in der Landwirtschaft aktiv, was bereits zu Konflikten führte. Demgegenüber treten Chinesen und Südafrikaner bislang nicht im Klimasektor in Erscheinung. Dort haben internationale Geber und Entwicklungsorganisationen das Sagen, so will die Weltbank, dass die Verantwortung für Klimapolitik vom Umwelt- zum Finanzministerium verlagert wird. Auch innerhalb einzelner Ministerien nimmt die Weltbank Einfluss; zudem versucht sie, Parlamentarier für die nationale Klimastrategie zu gewinnen. Sowohl die Weltbank als auch das UN-Entwicklungsprogramm UNDP haben klimapolitische Grundsatzpapiere gefördert, konkret den nationalen Aktionsplan 2007 und seit 2009 die nationale Strategie zur Anpassung an den Klimawandel. Zudem haben die staatlichen Entwicklungsorganisationen skandinavischer Länder die sambischen Ministerien und Institutionen in der Klimapolitik unterstützt, auch lokale Wasser-, Waldschutz- und Wasserprojekte wurden finanziert. Die staatliche britische Entwicklungsorganisation förderte hingegen vorrangig lokale Pilotprojekte zivilgesellschaftlicher Initiativen.

 

Internationale Entwicklungsorganisationen haben für Klimaprojekte in Sambia zwischen 2012 und 2017 insgesamt 700 Mio. US-Dollar veranschlagt. Zudem unterstützt die Afrikanische Entwicklungsbank mit 110 Mio. US-Dollar aus dem Klimainvestmentfonds Anpassungsstrategien, beispielsweise partizipative Pilotprojekte auf der Distrikt- und Gemeindebene zur nachhaltigen Ressourcennutzung und institutionellen Katastrophenbewältigung. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Klimaprojekte kleiner Nichtregierungsorganisationen. Dennoch ist der Klimawandel keineswegs nur ein Thema der Geber. In der sambischen Politik konkurrieren unterschiedliche Interessengruppen um die Macht, auch die Rolle des Staates als Entwicklungsplaner hat sich seit der politischen Unabhängigkeit mehrfach geändert.

 

Die Kapazitäten staatlicher Institutionen sind seit den Kürzungen durch die wirtschaftlichen Strukturanpassungsprogramme eingeschränkt, das hat Folgen für die Klimapolitik. Diese steht zwar nicht im Mittelpunkt des Regierungsinteresses, die Gelder für Klimaprojekte sind dennoch nützlich für die Machthaber. Sie können ländliche Entwicklungsprojekte und die Kleinbauern fördern, wofür sie sonst kein Geld hätten. Lokalverwaltungen erhalten Einnahmen und können damit arbeiten, was wiederum die nationale Regierung entlastet. Klimaprojekte sind auch wichtig, um negative Folgen des Klimawandels zu vermeiden. So ist die Stromversorgung in den Städten – und der dortigen Wähler – sowie der Minen, die für das hohe Wirtschaftswachstum wichtig sind, vom Wasser abhängig. Dürre und Überschwemmungen haben direkte Folgen für die Dämme und die dort gewonnene Hydroenergie. Insbesondere bei der Bedeutung grenznaher Dämme für die Infrastruktur zeigt sich, dass der Klimawandel eine reale politische Größe ist.

 

Mikkel Funder, Carol Emma Mweemba und Imasiku Nyambe

 

Die Autoren arbeiten am Dänischen Institut für Internationale Studien und der Universität Sambia.

Die vollständige Analyse erschien als: DIIS Working Paper 13, 2013, Kopenhagen. Sie ist elektronisch zugänglich.