Obwohl die Landwirtschaft mit 2,5 Prozent nur einen relativ geringen Anteil am Gesamtbruttoinlandsprodukt (BIP) Südafrikas ausmacht, ist sie dennoch von Bedeutung für die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Erwirtschaftung von Devisen. Berücksichtigt man die gesamte landwirtschaftliche Wertschöpfungskette, so trägt der Sektor schätzungsweise rund 12 Prozent zum nationalen BIP bei.
Dürre, abnehmende Niederschlägen und eine Übernachfrage nach Wasser haben zu Wasserknappheit und somit zur Behinderung der landwirtschaftlichen Entwicklung geführt. Südafrika steht an 30. Stelle der trockensten Länder der Welt. Die Provinz Western Cape erlebte von 2014/15 bis 2017/18 eine der schlimmsten Dürreperioden in der Geschichte des Landes, was zu Wassereinschränkungen und großen wirtschaftlichen Verlusten führte. Trotzdem wurde die Flächennutzung für hochwertige Exportkulturen ausgeweitet. Im Westkap gab es von 2013 bis 2017 ein Wachstum der Produktionsflächen für Zitrusfrüchte (35 %), Beeren (33 %), subtropische Früchte (21 %) und Nüsse (79 %). Dies ist ein wichtiger Trend, insbesondere in Verbindung mit der zunehmenden Wasserknappheit. Der Druck des internationalen Marktes auf kohlenstoffarme, umweltfreundliche Produkte ist ein immer wichtigerer Motor für die Einführung von Verfahren und Agrartechnologien (AgTech), die den Einsatz von Chemikalien und Kohlendioxidemissionen reduzieren.
In Anbetracht dieses Wandels ergeben sich neue Investitionsmöglichkeiten in folgende Technologien:
Fernerkundungsanwendungen für die Präzisionslandwirtschaft (insbesondere zur Verbesserung der Wassereffizienz und Klimaanpassung): Es gibt neue Möglichkeiten für Unternehmen, die maßgeschneiderte Dienstleistungen im Bereich der Analyse von Luftbilddaten für Landwirt*innen anbieten. Laut konservativer Marktschätzung belaufen sich die möglichen Einnahmen für ein Unternehmen auf 11 Mio. Rand pro Saison für zwei Rohstoffe (Macadamia und Zitrusfrüchte). Der potenzielle Wert von solchen Dienstleistungen auf der Grundlage von Hektar mit hochwertiger Exportobstproduktion liegt bei geschätzten 131 Mio. Rand. Auch wenn es sich hierbei in Südafrika bislang lediglich um eine aufstrebende Möglichkeit handelt, so wurden diese Technologien in Übersee bereits in großem Umfang genutzt. Der weltweite Markt für landwirtschaftliche Drohnen, Fernerkundungstechnologien und -dienstleistungen belief sich 2015 auf 670 Mio. US-Dollar (8,8 Mrd. R) und wird voraussichtlich von 2018 bis 2023 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 18,5 bis 38 Prozent wachsen.
Anbau in Gewächshäusern (Undercover Farming – UF): Die Westkap-Provinz verzeichnete in den letzten fünf Jahren ein schnelles Marktwachstum bei der Low-Tech-UF-Infrastruktur, mit einer Steigerung der Produktionsfläche unter Schattennetzen um 171 Prozent und um 55 Prozent bei foliengedeckten Gewächshäusern. Der potenzielle Markt für Low-Tech-UF wird in Südafrika auf 38 Mrd. Rand geschätzt, davon 1,4 Mrd. Rand im Westkap. Der Anbau in Gewächshäusern bietet zahlreiche Möglichkeiten für die Lieferung und Herstellung von UF-Komponenten sowie für Berater*innen, insbesondere im Bereich der High-Tech-UF.
Der Markt für Erneuerbare Energien in der Landwirtschaft in Südafrika wird auf 60 Megawatt geschätzt, was einen Wert von 630 bis 960 Mio. Rand ausmacht.
Konservierende Landwirtschaft (CA): 15 bis 20 Prozent der kommerziellen Getreidefarmer und fünf Prozent der Kleinbäuerinnen und Bauern haben sich für eine konservierende Landwirtschaft entschieden; es besteht also ein beträchtlicher Spielraum für eine Ausweitung und ein Marktwachstum der entsprechenden Geräte und Dienstleistungen. Im Westkap ist die Akzeptanz von CA am höchsten: Ca. 70 Prozent der Getreidebauern praktizieren eine reduzierte Bodenbearbeitung. Die größte Chance für AgTech im Bereich CA liegt in der Herstellung und dem Verkauf von Direktsaatmaschinen, die meist nach Südafrika importiert werden. Die geschätzte Marktgröße für solche Maschinen in Südafrika liegt bei 136 bis 747 Mio. Rand.
Trend zur Intensivierung der Landwirtschaft
Die sinkende Rentabilität der Landwirtschaft sowie die Wasserknappheit haben dazu geführt, dass in Südafrika weniger als zwei Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe, die es noch zu Beginn der 1990er-Jahre gab, heute noch aktiv sind. In vielen Fällen wurden die Betriebe auf andere Landnutzungen umgestellt oder zu größeren landwirtschaftlichen Einheiten zusammengefasst, um Größenvorteile zu erzielen. Obwohl die Anbauflächen für Mais, Weizen und Milchvieh in den letzten 20 Jahren deutlich zurückgegangen sind, ist die Produktion relativ konstant geblieben, was auf einen zunehmenden Trend zur Produktionsintensivierung hinweist. Die verbleibenden Betriebe haben in der Regel ihren Aufwand für Bewässerung, Treibstoff, Düngemittel, Mechanisierung und genetisch verändertes Saatgut erhöht.
In vielen Fällen sind Beratungsdienste von Düngemittelfirmen und Agrarunternehmen in die Lücke der unterdotierten staatlichen Beratungsdienste getreten. Diese Unternehmen stellen ihr Beratungspersonal zur Verfügung und bauen Beziehungen zu Landwirt*innen auf. Insbesondere gentechnisch veränderten Pflanzen, erfordern den Einsatz von bestimmten beworbenen Pestiziden, Herbiziden und Düngemitteln. Hierdurch können Landwirt*innen in Abhängigkeit zu gewinnorientierten Unternehmen geraten. Die Abhängigkeit von und der übermäßige Einsatz dieser synthetischen Produkte verringert langfristig die Bodenfruchtbarkeit, verursacht Bodenerosion, verschmutzt die Wasservorräte, vergiftet empfindliche Ökosysteme, setzt Landwirte und Landarbeiter*innen Giften aus und trägt durch Treibhausgasemissionen zum Klimawandel bei.
Sich durch intensive Landwirtschaft auf eine einzige Sorte Kulturpflanzen zu verlassen, ist riskant. Wenn diese Pflanzen nicht gedeihen, führt es zu erheblichen Auswirkungen. Die kumulative Wirkung dieser Faktoren führt zu einer Verschlechterung der landwirtschaftlichen Flächen und ihrer lebenswichtigen Einzugsgebiete. Infolgedessen sinkt die langfristige Produktivität und diese Gebiete werden anfälliger für den Klimawandel. Die Intensivierung der Landwirtschaft bedeutet häufig auch eine stärkere Mechanisierung, was wiederum zu einem Rückgang an Arbeitsplätzen in landwirtschaftlichen Betrieben führt. Allgemein steigen die für die intensive Landwirtschaft erforderlichen Inputkosten. Hinzu kommt, dass die Kosten von Schwankungen des Ölpreises, der Rohstoffpreise sowie der Wechselkurse abhängig sind.
Ein neuer Trend: nachhaltiger Anbau
Die derzeitige weltweite Nahrungsmittel- und Finanzkrise demonstriert die Unfähigkeit des konventionellen Landwirtschaftsmodells, Hunger und Armut zu lindern. Dieses chemisch-industrielle Modell trägt zur globalen Erwärmung und zur Zerstörung der Biodiversität sowie der natürlichen Ressourcen wie Wasser und Boden bei. Darüber hinaus hat diese Form der Monokultur (Anbau einer einzigen Kulturpflanze) auch zur Zerstörung traditioneller und indigener Landwirtschaftsmethoden geführt. Südafrika braucht daher einen nachhaltigeren Ansatz, sonst ist das Wohlergehen unserer Nation – sowohl der heutigen als auch der künftigen Generationen – gefährdet. Eine fehlgeleitete Industrialisierung und Intensivierung der Landwirtschaft könnte die Lebensmittelsicherheit gefährden und zu mehr Arbeitslosigkeit und Umweltzerstörung führen.
Südafrika hat eine Geschichte des Wandels und ist ein Land, das sich gut an soziale und politische Veränderungen anpassen kann. Einmal mehr müssen wir unsere gemeinsamen Stärken und unser Engagement nutzen, um unsere Ressourcen zu mobilisieren und uns zum Besseren zu wenden. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass alle Südafrikaner*innen von der Gesundheit unseres Agrarsektors betroffen sind. Nachhaltige Lösungen erfordern die Zusammenarbeit zwischen Regierung, Industrie, Erzeuger*innen, Wissenschaft und Naturschutz.
Was ist ökologischer Landbau?
Der ökologische Landbau ist ein Prozess, bei dem umweltfreundliche Anbaumethoden eingesetzt werden, um die Gesundheit des Bodens zu verbessern, die Umwelt zu schützen und die menschliche Gesundheit zu gewährleisten. Landwirt*innen nutzen traditionelle und moderne Anbaumethoden und kombinieren diese mit Forschung, um ein Gleichgewicht der Ökosysteme zu gewährleisten. Der ökologische Landbau zielt darauf ab, eine gesunde Umwelt zu gestalten. Bioproduzent*innen haben möglichst viele verschiedene Arten von Lebewesen auf dem Hof – eine Vielzahl von Insekten, Vögeln, kleinen Raubtieren und Säugetieren, aber auch eine große Vielfalt an Pflanzen. So wird ein hohes Maß an Biodiversität erreicht. Ist dieses Ökoystem nicht im Gleichgewicht und es gibt zu viele Tiere einer Art, können diese zur Plage werden. Beispiele für ökologische Anbaumethoden sind die Fruchtfolge (nicht jedes Jahr dieselbe Pflanze auf demselben Boden), die Anpflanzung bestimmter Pflanzen und Blumen, die biologische Fressfeinde (Insekten, die sich von Schädlingen ernähren) anziehen, und der Einsatz natürlicher Pestizide zur Bekämpfung von Krankheiten und Schädlingen.
Ökologische Landwirtschaft ist also die Produktion von Pflanzen und Tieren im Einklang mit der Natur ohne den Einsatz schädlicher Chemikalien und unter Verwendung natürlicher Ressourcen. Das Ergebnis sind ökologische Produkte, die frei sind von Chemikalien, Hormonen sowie genetisch veränderten Organismen (GVO), die verändert oder von anderen Organismen oder Arten übertragen wurden. Darüber hinaus enthalten sie einen höheren Vitamingehalt. Können gesündere Produkte angebaut werden, dient das auch der Gesundheit der Verbraucher*innen und stärkt ihr Immunsystem.
Von der ökologischen Landwirtschaft lassen sich die biologische sowie die konventionelle Landwirtschaft klar abgrenzen. Die biologische Landwirtschaft ist umweltfreundlich und verwendet, wenn möglich, organischen Dünger. Gelegentlich wird dem Boden Stickstoff (N) zugeführt, um die Gesundheit zu verbessern, und manchmal wird auch auf chemischen Dünger zurückgegriffen. Konventionelle Landwirtschaft wendet Methoden an, deren primäres Ziel es ist, den höchstmöglichen Ertrag zu erzielen. Hierbei werden viele Herbizide, Pestizide und Düngemittel eingesetzt und es wird hauptsächlich eine Pflanzenart angebaut.
Warum ökologischer Landbau?
Weltweit wächst der Widerstand gegen konventionelle Anbaumethoden. Dabei wird die „agrarökologische Landwirtschaft" als eindeutige Alternative zum Einsatz chemischer Mittel vorgeschlagen und umgesetzt. Ziel ist es, Landwirt*innen zu befähigen, ihre natürlichen Ressourcen sinnvoll zu nutzen und somit zum nachhaltigen Schutz der Umwelt beizutragen. Der ökologische Landbau hat jedoch eine Form angenommen, bei der die Zertifizierung und Prämien für den Anbau von Produkten im Vordergrund stehen. Diese Form des „ökologischen" Landbaus bewegt sich eher in Richtung industrieller Landwirtschaft, bei der Profit das Hauptziel ist.
Die ökologische Landwirtschaft in Südafrika ist voller Widersprüche. Eines der Probleme sind die Kosten für die Bio-Zertifizierung, die den Prinzipien der Agrarökologie widersprechen und in den meisten Fällen für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu teuer ist. Organisationen in Südafrika, Indien und Brasilien untersuchen Alternativen wie das Participatory Guarantee System (PGS), bei dem die Bauern selbst für die ökologische Beschaffenheit ihrer Produkte garantieren. Bei diesem System entfällt das teure Zertifizierungssystem durch Dritte und die Landwirt*innen werden zentral in das Zertifizierungs- oder Garantiesystem eingebunden. PGS wird weltweit als Alternative zur Zertifizierung durch Dritte angesehen und ist für Kleinerzeuger*innen geeignet.
Armutsbekämpfung
Als arbeitsintensiver und ländlicher Wirtschaftszweig spielt die Landwirtschaft eine wichtige Rolle bei der Schaffung von Arbeitsplätzen sowie der Armutsbekämpfung in Südafrika. Leider ist die Zahl der Arbeitsplätze in der kommerziellen Landwirtschaft rückläufig, da die Betriebe größer und mechanisierter geworden sind. Nach den Agrarstatistiken von 2008 ist die Gesamtzahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft von 1,6 Mio. 1971 auf 628.000 im Jahr 2005 zurückgegangen. Angesichts des Bevölkerungswachstums in diesem Zeitraum ist der Beitrag der Landwirtschaft zur Beschäftigung relativ gesehen von 8,3 auf 1,3 Prozent gesunken. Außerdem hat sich das Beschäftigungsverhältnis von Dauerbeschäftigung hin zur unregelmäßigen, befristeten Beschäftigung verlagert, wodurch die kleinbäuerlichen Haushalte gefährdet und unsicher sind. Die Einführung eines Mindestlohns und eines Systems von Arbeitsrechten sollte die Situation der Landarbeiter*innen verbessern. Dies war aber nur bedingt erfolgreich und hat sich somit wohl als Fehlschlag erwiesen.
Im mittelfristigen strategischen Rahmen des Landwirtschaftsministeriums wird die Landwirtschaft als ein Schwerpunktbereich für die Schaffung von Arbeitsplätzen hervorgehoben. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten arbeitsintensive nachhaltige Produktionssysteme gefördert werden.
Künftig muss die gesamte landwirtschaftliche Wertschöpfungskette einbezogen werden, um sicherzustellen, dass alle Lebensmittel erschwinglich, gesund und nachhaltig produziert werden. Jede gemeinsame Anstrengung der Industrie, des Naturschutzes und der Verbraucher*innen, eine nachhaltige Landwirtschaft zu etablieren, weist auf eine optimistischere Zukunft hin – eine Zukunft, in der wir den Wert der Bewirtschaftung unserer natürlichen Ressourcen zu schätzen wissen, in der erneuerbare Ströme geschaffen werden und in der sichergestellt wird, dass Monokulturen nicht unser Erbe und letztlich unser Wohlergehen sowie das zukünftiger Generationen zerstören.
Henk Stander
Der Autor ist im Fachbereich Tierwissenschaften der Fakultät für Agrarwissenschaften an der Universität Stellenbosch tätig.
Kontakt: hbs@sun.ac.za