Heft 4/2023, Simbabwe

Simbabwes Gold – Segen oder Fluch?

„Es ist nicht alles Gold, was glänzt." Dieses bekannte Sprichwort trifft sicherlich auch auf Simbabwe zu. Das Land verfügt zwar über eine der größten Goldreserven der Welt, befindet sich aber in einer schweren Wirtschaftskrise, die durch hohe Inflation und Arbeitslosigkeit, eine verfallende Infrastruktur und zunehmende Armut gekennzeichnet ist. 90 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung fristen ihren Lebensunterhalt im informellen Sektor.

Von Vince Musewe

Simbabwe verfügt mit 40 verschiedenen Mineralien, vor allem Gold, Nickel und Kupfer, aber auch Kohle, Diamanten, Lithium, Platin und Chromit, über zahlreiche Bodenschätze und hat 800 Minen in Betrieb, hat es aber versäumt, das volle Potenzial seiner Ressourcenbasis zu erschließen. Simbabwe hat zudem die weltweit zweitgrößten Platinvorkommen (2,8 Mrd. t) und verfügt über hochgradige Chromerze (10 Mrd. t). Der Sektor macht etwa 12 Prozent des BIP des Landes aus. Nach Angaben des Bergbauministers hat der Sektor das Potenzial, bis 2023 jährlich 12 Mrd. US-Dollar zu erwirtschaften. Zu dieser angestrebten Summe wird der Goldbergbau voraussichtlich mindestens ein Drittel beitragen. Trotz der Aussicht auf Reichtum, die mit solch großen Bodenschätzen einhergeht, wird die Entwicklung durch diese Ressourcen paradoxerweise nur allzu oft eher behindert als beschleunigt. Simbabwe bildet hier keine Ausnahme.

Das vom Ministerium für Bergbau und Entwicklung verwaltete Bergbaugesetz regelt die wichtigsten Rechtsvorschriften für den Bergbausektor. Das Gesetz befasst sich im Wesentlichen mit dem Erwerb, der Aufrechterhaltung und dem Verfall von Bergbautiteln. Der Goldhandel wird durch das Goldgesetz geregelt und unterliegt der Reserve Bank of Zimbabwe (RBZ) über ihre Tochtergesellschaft Fidelity Printers and Refiners (FPR), die per Gesetz der einzige zugelassene Goldkäufer im Land ist. Das Gesetz beschränkt den Besitz von Gold (sei es natürliches oder raffiniertes) auf autorisierte Personen. Es sieht für den legalen Besitz und Handel mit Gold drei Lizenzen vor: eine Goldhandelslizenz, eine Lizenz für Goldgewinnungsbetriebe und eine Goldprüfungslizenz.

Der Goldbergbau in Simbabwe besteht seit mehr als 100 Jahren. Gold ist neben Tabak eines der wichtigsten Exportgüter Simbabwes (35,38 t 2022, 19 Prozent mehr als im Vorjahr). Leider ist der Goldsektor durch endemische Korruption, politische Widersprüche und ein instabiles wirtschaftliches Umfeld gekennzeichnet, was die Wachstumsaussichten des Landes nach wie vor stark beeinträchtigt.

Der Bergbausektor, insbesondere der Goldbergbau, könnte zweifelsohne bei ordnungsgemäßer Verwaltung eine wichtige Rolle für die Entwicklung des Landes spielen, da er dringend benötigte Devisen einbringt, zu den Staatseinnahmen beiträgt und Mittel für die Entwicklung der Infrastruktur bereitstellt. 2022 werden die Goldexporte mit 2,04 Mrd. US-Dollar knapp ein Drittel der Gesamtexporte in Höhe von 5,9 Mrd. US-Dollar ausmachen.

Wachsender Bergbausektor

In den letzten zehn Jahren hat sich der Bergbausektor zum wachstumsstärksten Sektor entwickelt, in dem sowohl Kleinbergbauunternehmen, handwerkliche Bergleute als auch multinationale Unternehmen am Goldrausch teilhaben. Infolge illegaler Finanzströme verliert Simbabwe jedoch Geld durch den Goldschmuggel in das benachbarte Südafrika und nach Dubai. Laut dem Finanzministerium entgehen dem Land jährlich etwa 1,8 Mrd. US-Dollar an Einnahmen aus Bodenschätzen, vor allem durch Goldschmuggel. Anderen Schätzungen zufolge werden jährlich fast hundert Tonnen Goldausfuhren nicht erfasst.

Der simbabwische Bergbausektor wird technisch in drei Klassen eingeteilt: Großbergbau, Kleinbergbau und händischer Bergbau. Die simbabwische Gesetzgebung erkennt den Bergbau in großem und kleinem Maßstab an, unterscheidet aber nicht zwischen beiden, und auch der handwerkliche Bergbau wird erst seit 2022 mit der Änderung des Bergbau- und Mineraliengesetzes anerkannt. Im handwerklichen Bergbau sind bei weitem die meisten Menschen beschäftigt. Aufgrund der Wirtschaftskrise, die viele Menschen an den Rand der Gesellschaft getrieben hat, ist der handwerkliche und kleine Goldbergbau (Artisanal and Small-scale Gold Mining, ASGM) nach wie vor die wichtigste Quelle für Beschäftigung und Devisenströme. Dort wird der Großteil des simbabwischen Goldes (63 Prozent bis 2022) gewonnen. Im handwerklichen Bergbau schürfen Männer und Frauen allein oder in kleinen Gruppen mit wenig oder gar keinen Maschinen, während der Kleinbergbau etwas größere Betriebe mit einer gewissen Mechanisierung umfasst. Angesichts der kollabierenden Wirtschaft und des Mangels an Beschäftigungsmöglichkeiten haben sich schätzungsweise 1,5 Mio. Menschen, vor allem Jugendliche und Frauen, dem handwerklichen Bergbau als Auffangnetz zugewandt. Trotz seines bedeutenden Beitrags zum Goldexport ist der handwerkliche Goldabbau (ASGM) nach wie vor unreguliert und daher einer Vielzahl von gesundheitlichen und finanziellen Risiken ausgesetzt. Die Regulierung des ASGM-Sektors orientiert sich seit Jahrzehnten an kolonialen Rechtsvorschriften, die für den Abbau von Mineralien durch Großunternehmen konzipiert wurden.

Darüber hinaus sind die handwerklichen Bergleute aufgrund der Klientelwirtschaft ein wichtiger Bestandteil der Patronagepolitik der regierenden Zanu-PF. Mehrere Zanu-PF-Politiker gelten als „Gönner" illegal arbeitender Bergleute. Manche sollen sogar mit Macheten bewaffnete Banden unterhalten, die sie gegen ihre Rivalen mobilisieren. Der informelle Charakter des ASGM-Sektors macht diesen für illegale Akteure wie Goldkäufer oder Sponsoren geradezu derart attraktiv, dass Simbabwe nach Schätzungen der Afrikanischen Entwicklungsbank in den letzten zehn Jahren fast 12 Mrd. US-Dollar an Bergbaueinnahmen verloren hat. Diese sind durch illegale Finanzströme, wie geheime Finanzgeschäfte, Steuervermeidung und illegale Handelsaktivitäten, ins Ausland gelangt.

Enthüllungen über die Goldmafia

Im April 2023 gingen Schockwellen durch das Land, als Al Jazeera eine Dokumentation über die „Goldmafia" ausstrahlte. Die vierteilige Untersuchung deckte eine Reihe von Goldschmugglerbanden im südlichen Afrika auf, die Kriminellen dabei helfen, Hunderte von Millionen Dollar zu waschen und sich bei der Plünderung ihrer Länder selbst zu bereichern. Die Untersuchung deckte auch die Verwicklung hochrangiger Beamter aus Simbabwe in den Schmuggel und die Geldwäsche auf. Laut Al Jazeera gehören zu den wichtigsten Erkenntnissen des Dokumentarfilms:

  • Aus Simbabwe geschmuggeltes Gold gelangt nach Dubai und wird dann nach Angaben von Expert:innen für Geldwäsche und illegalen Handel in andere wichtige Goldzentren wie die Schweiz und London exportiert.
  • Gold ist ein ideales Zahlungsmittel für Geldwäscher:innen, da die Herkunft des geschmuggelten Goldes, so zweifelhaft sie auch sein mag, durch Schmelzen und Raffinieren einfach verschleiert werden kann. Simbabwe ist ein ideales Umfeld für Geldwäscher:innen. Das Land ist auf US-Dollar angewiesen, nachdem die einheimische Währung nach jahrelanger Hyperinflation im internationalen Handel keinen Wert mehr hat.
  • Gold ist als größtes Exportgut des Landes daher ein guter Weg, um an Dollar zu gelangen. Es steht im Mittelpunkt einer dunklen Wirtschaft, die tief in den Regierungen von Simbabwe und Südafrika verwurzelt ist.
  • Dubai ist einer der größten Goldhandelsplätze der Welt. Der Aufstieg der Stadt zu einem der größten Investitionsziele ist auf eine Politik zurückzuführen, die darauf abzielt, Bürokratie und Verwaltungsaufwand zu minimieren und Unternehmen bei der Ansiedlung zu unterstützen. Diese Politik ist es auch, die die Stadt nach Ansicht von Expert:innen für Wirtschaftskriminelle so attraktiv macht.
  • Lokale Banken, sowohl in Simbabwe als auch in Südafrika, sind die wichtigsten Vermittler für die dubiosen Transaktionen.

Trotz der Enthüllungen in diesem Dokumentarfilm wurde bisher niemand eines Verbrechens angeklagt. Die Zentralbank Simbabwes hat lediglich die lokalen Bankkonten einiger der Drahtzieher vorübergehend eingefroren, was später wieder rückgängig gemacht wurde. Simbabwes Regierung hatte angekündigt, die Vorwürfe untersuchen zu wollen, aber bis heute scheint nichts unternommen worden zu sein. Es herrscht allgemein große Enttäuschung darüber, dass gegen die Schuldigen nicht entschieden vorgegangen wird.

Studie der Crisis Group

Im November 2020, lange vor der Veröffentlichung der Al Jazeera-Dokumentation, veröffentlichte die International Crisis Group einen aufschlussreichen Bericht über die Ursachen der Instabilität im Goldbergbausektor. Ihren Erkenntnissen zufolge gibt es mehrere Faktoren, die zu dieser Instabilität beitragen:

  • Ein zentralisiertes Goldankaufssystem drückt die Goldeinnahmen der Regierung, fördert den Schmuggel und trägt zur Stilllegung industrieller Minen bei. Das Monopol der simbabwischen Regierung als einziger Goldaufkäufer hat zu Verlusten und Instabilität in diesem Sektor beigetragen. Alle Goldproduzenten in Simbabwe, ob handwerklich, kleingewerblich oder industriell, müssen per Gesetz an die Zentralbank über deren Tochtergesellschaft Fidelity Printers and Refiners (FPR) verkaufen. Verspätete Zahlungen durch die FPR haben schwerwiegende Auswirkungen auf die Lebensfähigkeit vieler Bergleute, da sie nicht den vollen Wert des Goldes in US-Dollar ausgezahlt bekommen, sondern nur 30 Prozent davon in Landeswährung erhalten. Dies ermutigt die handwerklichen Bergleute, ihr Gold zu besseren Preisen in US-Dollar an Schmuggler zu verkaufen.
  • Stillgelegte industrielle Minen ziehen handwerkliche Schürfer an, die Einnahmen generieren, aus denen sich ausgeklügelte Patronagenetzwerke speisen. Das System der Goldabwanderung in Simbabwe ist mit der Kriminalität im handwerklichen und kleinen Bergbausektor verbunden. Massive Goldabflüsse werden durch ein gut vernetztes System begünstigt, das sich das Chaos im Sektor und den Einfluss politischer Akteure zunutze macht. Nach zahlreichen Forschungsberichten wird die Goldausbeutung von den Eliten der Regierungspartei Zanu-PF und den Sicherheitskräften kontrolliert, deren Handlungen zu einer Quelle der Gewalt geworden sind, die Umwelt zerstören und Gewässer mit giftigen Substanzen verseuchen.
  • Das Fehlen eines funktionierenden Rechtssystems, das frei von politischer Einmischung ist, führt zu Konfrontation und Korruption. Die Regierung verfügt über keinen politischen Rahmen für die Erkundung, Förderung, Aufbereitung, Vermarktung und Verwaltung von Gold. Das Klientelsystem rund um den Goldbergbau floriert zum Teil deshalb, weil das simbabwische Bergbau- und Mineraliengesetz veraltet ist und die Durchsetzung der Gesetze oft willkürlich erfolgt. Infolgedessen ist der Mangel an Klarheit und Rechenschaftspflicht, einschließlich Maßnahmen zur Eindämmung von Kriminalität und illegalem Handel, die Hauptursache für illegale Finanzströme im Goldsektor.

Aus den obigen Ausführungen wird deutlich, dass es der Regierung weiterhin nicht gelingen wird, das Potenzial für eine deutliche Steigerung der Goldexporteinnahmen auf die vom Minister behaupteten 4 Mrd. US-Dollar zu erschließen, wenn der Goldsektor nicht radikal umgestaltet wird, um Transparenz und Rechenschaftspflicht innerhalb des Ministeriums und der in diesem Sektor tätigen staatlichen Unternehmen zu gewährleisten.

Simbabwes Präsident muss politischen Willen und Führungsstärke zeigen und mit der Korruption, insbesondere im Bergbausektor, aufräumen. Bislang ist die Verfolgung von Schuldigen eher halbherzig und selektiv erfolgt. Ein Beispiel dafür ist der Fall von Henritta Rushwaya, der Präsidentin der Zimbabwe Mining Federation und Nichte des Präsidenten. Sie wurde auf frischer Tat ertappt, als sie versuchte, 6 kg Goldbarren nach Dubai zu schmuggeln, und nie strafrechtlich verfolgt. Hinzu kommt, dass die simbabwische Korruptionsbekämpfungsbehörde (ZACC), obwohl sie mit 35 Mio. US-Dollar allein 2022 finanziell gut ausgestattet ist, nicht die erwarteten Leistungen erbracht hat – vor allem wegen politischer Einmischung und mangelnder Expertise, Kriminalität in dem Sektor umfassend aufzuklären. Die fehlende Transparenz bei einer Vielzahl von Bergbaugeschäften, an denen Fremdländer wie China und Russland beteiligt sind, nährt den Verdacht, dass der Präsident interessengeleitet handelt. Der Dokumentarfilm „Goldmafia" hat die Vermutungen bestärkt.

In der Frage wirksamer und gerechter Steuergesetze besteht Einigkeit, dass Simbabwe einfach zu viele Steuern in diesem Sektor erhebt. Die Besteuerung von Bergbauunternehmen schreckt nach wie vor ausländische Direktinvestitionen ab, während sie die Wachstumsaussichten der etablierten Unternehmen einschränkt. Bergbauunternehmen in Simbabwe müssen eine Fülle von Steuern zahlen, darunter Lizenzgebühren (5 Prozent), Körperschaftssteuer (25 Prozent), Gebühren für die Ausbeutung von Ressourcen, Marketinggebühren und Quellensteuer auf Dividenden (20 Prozent). Ausgenommen davon sind die „Einführungsgebühren", die von Politikern und politisch verbundenen Geschäftsleuten unter dem Radar ausgehandelt werden, um Genehmigungen und Lizenzen zu erhalten. Solche Praktiken sind nicht nur für ausländische Investoren unattraktiv, sondern können auch zu undurchsichtigen hohen Kosten für die Gründung oder Niederlassung führen.

Um Kapital in den Sektor zu locken, muss Simbabwe seine verfallende Infrastruktur instand setzen. Die Sanierung des Energiesektors, des Verkehrsnetzes, insbesondere der Eisenbahnen, und der Wasserressourcen muss Priorität haben. Was die Aufbereitung und Wertschöpfung betrifft, so hat Simbabwe zwar in der Vergangenheit sein Chromit zur Herstellung von Ferrochrom, die Verwendung von Kohle in Kraftwerken, die Goldraffination, die Verarbeitung von Eisenerz zu Stahl, die Verhüttung von Nickel und die Herstellung von Platinkonzentrat und -matte veredelt, aber der Mangel an langfristigem Investitionskapital hat dazu geführt, dass die meisten bergbaubezogenen Infrastrukturen saniert und gleichzeitig neue entwickelt werden müssen. Politische Einmischung und Korruption haben dazu geführt, dass viele angekündigte Geschäfte nicht zustande gekommen sind. Simbabwe muss Vertrauen schaffen, um neue Investoren in den Sektor zu locken, und dieses Vertrauen kann nur wiederhergestellt werden, wenn die oben genannten Punkte, einschließlich einer stabilen Politik, beachtet werden.

Wichtigster Erfolgsgarant zur Umkrempelung des Goldsektors (und des Bergbausektors insgesamt) ist der politische Wille, das Richtige zu tun und eine neue Kultur der Fairness, Rechenschaftspflicht und Transparenz einzuführen. Leider kann eine klientelistische Wirtschaft nur bei Undurchsichtigkeit und unklaren Grenzen gedeihen. Es ist daher höchst unwahrscheinlich, dass sich der Sektor unter den derzeitigen politischen Rahmenbedingungen grundlegend verändern wird. Ein Wandel wird nur möglich sein, wenn sich das politische Paradigma ändert und eine neue Kultur der integrativen Entwicklung des Sektors entsteht.

Vince Musewe ist ein freiberuflicher simbabwischer Wirtschaftswissenschaftler.