Heft 5/2015, Simbabwe - China

Diamanten für Waffen und Neubauten

CHINA UNDURCHSICHTIGE PROJEKTE IN SIMBABWE. Im Vorfeld des sino-afrikanischen Kooperationsforums FOCAC, das im Dezember in Südafrika stattfinden wird, hat China seinen Anspruch auf die Kontrolle über Simbabwes Ressourcenreichtum verstärkt. Der Yuan ist seit 2014 offizielle Landeswährung.

 

Bereits 2003 hatte Simbabwes Präsident Robert Mugabe die „Look East"-Politik verkündet. Konkret bedeutete das vor allem die Ausrichtung auf China. Das war nicht nur eine Reaktion auf Sanktionen der USA und der Europäischen Union, sondern auch ein Beitrag im Rahmen des Forums zur Kooperation von China und Afrika (Forum on China–Africa Cooperation, FOCAC), das China im Oktober 2000 initiiert hatte. Eine Welle dubioser Verträge über die Ressourcennutzung zielt seitdem offiziell darauf ab, Simbabwes desaströse Ökonomie wiederzubeleben.

 

Neue Hauptstadt
In der letzten Verhandlungsrunde hat Vizepräsident Emmerson Mnangagwa die Regierung in Peking beauftragt, eine neue Hauptstadt für Simbabwe zu bauen. Sie soll für mehrere Millionen US-Dollar in Mount Hampden, 20 Kilometer nordwestlich der derzeitigen Hauptstadt Harare und nahe des Prince Charles Airport in der Mashonaland-Ost-Provinz, errichtet werden. Neben einem neuen Regierungssitz und Parlamentsgebäuden soll sie eine Universität, Schulen, Krankenhäuser, Kirchen, Hotels, Einkaufszentren, Wohnsiedlungen, Technologiezentren und Industriegebiete umfassen. Als Vorbild dafür gilt Johannesburgs Edelstadtteil Sandton im Nachbarland Südafrika.


Die neue Regierungs- und Verwaltungsmetropole wird ersten Berechnungen zufolge etwa fünf Milliarden US-Dollar kosten, wie Christopher Mutsvangwa kürzlich während einer Veranstaltung für Kriegsveteranen mitteilte. Der Minister für Kriegsveteranen und enger Allianzpartner von Mnangagwa war zuvor Botschafter Simbabwes in China. Mutsvangwa erklärte: „Simbabwes Wirtschaft kann nur durch Mnangagwas China-Strategie gerettet werden. Die Kosten für die neue Hauptstadt sollen aus unseren Mineralien gedeckt werden, dem hat auch Präsident Mugabe zugestimmt."


Bei dieser Veranstaltung kritisierte Mutsvangwa den Internationalen Währungsfonds (IWF) und den Westen: „Sie wollen Mugabe und die Kriegsveteranen entmachten, weil sie Zugang zu unseren Ressourcen beanspruchen." Gleichzeitig attackierte er den IWF und die westlichen Regierungen, Reformen im Sicherheitssektor erzwingen zu wollen, um den früheren Premierminister Morgan Tsvangirai als Regierungschef zu installieren. Ironischerweise sollen aber zunächst kanadische und australische Experten die Mineralvorkommen evaluieren, mit denen dann die Chinesen für die neue Hauptstadt bezahlt werden sollen.

 

Waffen aus China
China ist bereits jetzt Simbabwes zweitgrößter Handelspartner – mit einem offiziellen Handelsvolumen von 1,1 Mrd. US-Dollar in 2013 – und wichtigster Lieferant für Waffen und Militärtechnologie. Diese Beziehungen sind nicht neu, denn China hatte bereits während des Unabhängigkeitskriegs die damalige Zanu-Befreiungsbewegung unter Robert Mugabe unterstützt. 2008 stimmte China zusammen mit Russland im UN-Sicherheitsrat gegen verschärfte Sanktionen gegen das brutale Mugabe-Regime. Angesichts der staatlichen Gewalt im Umfeld der Wahlen von 2008 sorgte ein Schiff mit chinesischen Waffen, deren Entladung Hafenarbeiter im südafrikanischen Durban gestoppt hatten, international für Furore. Seit 2000 war China der wichtigste Waffenlieferant Simbabwes, bis 2008 importierte die Regierung Rüstungsgüter im Wert von mindestens 300 Mio. US-Dollar. Allerdings gingen einzelne Studien allein für 2004 von Rüstungsimporten in Höhe von 240 Mio. US-Dollar aus.


2009 reiste der damalige Verteidigungsminister Emmerson Mnangagwa zu Gesprächen mit Zhou Yongkang, dem Chef der staatlichen Sicherheitsdienste, nach China. Damals forderte er chinesische Unternehmen dazu auf, in Simbabwe tätig zu werden. Neben der intensivierten militärischen Kooperation – Mnangagwa hatte während des Unabhängigkeitskriegs in China seine Kampfausbildung absolviert – schlossen Peking und Harare 2011 neue Kooperationsverträge. Schon zuvor hatten chinesische Rüstungsunternehmen mit simbabwischen Militärs und Minengesellschaften zusammengearbeitet.

 

Mineralien und Energiewirtschaft
Inzwischen profitiert China enorm von Simbabwes blindem Ausverkauf an mineralischen Ressourcen. Dazu zählen Gold, Platin, Nickel, Chrom, Lithium und Zink. Im November 2009 schloss China einen Vertrag von über acht Mrd. US-Dollar, bei dem es um Waffenlieferungen, aber auch um Chinas Zugriff auf Simbabwes Minen und Energiewirtschaft ging. Der Vertrag sichert China Rechte auf die Ausbeutung möglicher Öl- und Gasvorkommen im Sambesital zu, daran wirkten auf simbabwischer Seite ranghohe Zanu-PF Politiker, Militärs und Geheimdienstoffiziere mit und aus Peking China Sonangol International Limited, China National Petroleum Corporation sowie die chinesische Entwicklungsbank.


2013 leistete China 74 Prozent der Direktinvestitionen in Höhe von 134 Mio. US-Dollar in Simbabwe, davon gingen 16 Mio. US-Dollar in den Minensektor. 2011 hatte die chinesische Entwicklungsbank (CDB) Verträge im Wert von 585 Mio. US-Dollar für Investitionsprojekte unter anderem in Minen unterschrieben. Im Jahr zuvor hatte die chinesische EXIM-Bank Kredite für Wasserkraftwerke am Karibadamm im Höhe von 400 Mio. US-Dollar zur Verfügung gestellt, den Zuschlag für den Bau erhielt Sinohydro. Dem waren Kreditverträge für die Wasserwirtschaft 2008 vorausgegangen.

 

Diamanten
Chinesische Firmen erhielten exklusive Konzessionen für Diamanten insbesondere der Marange-Minen in den Eastern Highlands. Sie zahlen keine oder kaum Steuern. Das betrifft Konsortien wie Anjin, an dem ranghohe chinesische und simbabwische Militärs sowie Geheimdienstchefs beteiligt sind, unter anderem auch Mitglieder des Joint Operations Command (JOC) wie Emmerson Mnangagwa. China – einer der größten Diamantenmärkte weltweit – hatte sich 2011 im Rahmen des Kimberly-Prozesses zur internationalen Kontrolle von Blutdiamanten erfolgreich dafür eingesetzt, Simbabwe wieder den Export von Diamanten zu erlauben.


Von 563 Mio. US-Dollar Einnahmen aus dem legalen Diamantenverkauf im Jahr 2012 erhielt die Regierung laut Angaben der Reservebank Simbabwes 41 Mio. US-Dollar. 2013 wurden Diamanten im Wert von 467 Mio. US-Dollar exportiert, jedoch gelangte davon nichts in den Staatshaushalt. Einige staatliche Stellen kritisierten, dass weiterhin auch große Mengen an Diamanten illegal außer Landes transportiert und verkauft würden. Doch die Regierung veranlasste keine Untersuchungen zur Aufklärung. Gewalt an Minenarbeitern, Ausbeutung, Bestechung lokaler Chiefs und giftige Abwässer mit schweren Schäden für Mensch und Vieh sind seit mindestens 2007 dokumentiert, bleiben aber weitgehend folgenlos.

 

Landwirtschaft und Industrie
Neben der Ausbeutung dieser Rohstoffe zielt China auch auf große Landflächen ab. Es will in Simbabwe Nahrungsmittel für seine wachsende Bevölkerung anbauen. In diesem Zusammenhang sind Schenkungen von 241 Mio. US-Dollar für landwirtschaftliches Gerät aus China in 2001 und der Agrarkredit von 200 Mio. US-Dollar in 2007 zu sehen. Zu Agrarprojekten zählen Verträge zwischen der Mugabe-Regierung und chinesischen Firmen über die Nutzung von Großfarmen, die Weißen gewaltsam abgenommen wurden. Das betrifft beispielsweise die Zim-China Wanjin-Agrarentwicklungskooperation, die Verteidigungsminister Major General Douglas Nyikayaramba 2010 mit der Anhui-Provinz-Staatsfarm-Gruppe begonnen hat. 2014 produzierte sie auf 10.000 Hektar bei Chinoyi, nordwestlich von Harare, vor allem Weizen und Tabak.


Die Staatsfirma China International Water and Electric fördert im Süden Simbabwes Bewässerungslandwirtschaft auf etwa 100.000 Hektar für Reis und andere Grundnahrungsmittel, die nach China exportiert werden. Als „Gegenleistung" für Investitionen in Höhe von 25 Mio. US-Dollar erhält Presseberichten zufolge China 30 Mio. Kilogramm Tabak. Landesweit wurden 2014 über 200 Mio. Kilogramm produziert. Tian Ze Tobacco ist größter Anteilseigner beim Vertragsanbau von Tabak, dessen Trocknung bereits zu massiver Abholzung führte.


Auch in der Telekommunikation und in der touristischen Infrastruktur an den Viktoriafällen profitieren chinesische Firmen seit Jahren: Wenn die chinesische Regierung Kredite etwa der EXIM-Bank vergibt, erhalten sie die Zuschläge. Chinesische Unternehmen kaufen sich auch in potenziell lukrative lokale Betriebe ein. Die eigentlich strengen Indigenisierungsvorschriften, wonach Simbabwer die größten Anteilseigner sein müssen, werden faktisch kaum angewandt. Und falls simbabwische Arbeitskräfte bei Bauprojekten beschäftigt werden, werden sie oft massiv ausgebeutet, was der regimenahe Dachverband der simbabwischen Gewerkschaften ZFTU wiederholt beklagte. Viele Verträge sind intransparent und die durch repressive Gesetze geschwächte Zivilgesellschaft kann dem nicht gegensteuern.


Seit Ende Januar 2014 ist der chinesische Yuan als offizielle Landeswährung in Simbabwe anerkannt. Kürzlich war die Senatspräsidentin Edna Madzongwe, ein Mitglied aus Mnangagwas innerem Machtzirkel, in Peking, wo sie den ranghohen politischen Berater Yu Zhengsheng traf. Er ist Vorsitzender des nationalen Planungskomitees der Chinese People's Political Consultative Conference (CPPCC). Solche Kontakte werden voraussichtlich während der FOCAC-Konferenz im Dezember intensiviert werden.


Itai Mushekwe

 

Der Autor ist simbabwischer Journalist.