AFRIKAS LANDWIRTSCHAFTSSEKTOR LEIDET UNTER DER ANPASSUNG AN EUROPÄISCHE TECHNOLOGIE. „Beziehungen auf Augenhöhe" ist ein frommer Wunsch, die Realität sieht indes anders aus. Der Autor berichtet von den Schwierigkeiten gleichrangiger Zusammenarbeit am Beispiel der Landwirtschaft in Malawi.
Für die globale Zusammenarbeit wird der Aspekt der Komplementarität als wesentlich angesehen. Hierbei wird angenommen, dass beide Parteien eine ausgewogene Plattform erhalten, um sich gegenseitig zu ergänzen. Die Zusammenarbeit zwischen afrikanischen Nationen und europäischen wie Großbritannien erfolgt jedoch unter Überlegenheits- bzw. Minderwertigkeitskomplexen. Diese sind durch die Erinnerung an die koloniale Vergangenheit geprägt, die in der Gegenwart noch nicht vollständig den Weg für ein Kapitel des Neuanfangs geebnet hat. So sehr wir jedoch menschliche Sklaverei und andere Ungerechtigkeiten verschweigen, so ist es doch offensichtlich, dass die meisten der afrikanischen Länder unter wirtschaftlicher Sklaverei leiden, die auf diplomatischem Wege betrieben wird. In diesem Beitrag möchte ich erörtern, wie sich die Agrarindustrie im Laufe der vor- und nachkolonialen Ära entwickelt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die meisten Länder südlich der Sahara für ihre wirtschaftliche Entwicklung u.a. von der Landwirtschaft abhängig sind.
Der Westen hat seine eigenen Interessen
Beginnen wir mit einem Beispiel aus meiner College-Zeit: Das stand ein Landwirtschaftsdozent vor dem Kurs und erklärte uns, wie die westliche konventionelle Landwirtschaft geholfen habe, den Landwirtschaftssektor anzukurbeln, indem sie die manuelle Landwirtschaft mechanisierte, die noch mit einfachen Hacken arbeitete. Weiter pries er die Einführung von Hybridsaatgut im Gegensatz zu lokalen Saatgutsorten als einen weiteren Meilenstein im Landwirtschaftssektor an.
Ich erinnere mich, dass ich mit dem Dozenten über das Gleichgewicht zwischen den eingeführten und den lokalen bzw. indigenen Praktiken und Kenntnissen der Landwirtschaft diskutierte. An diesem Punkt wurde mir klar, dass ein Gleichgewicht im Kompromiss zwischen kooperierenden Parteien nicht wirklich existiert, solange eine Partei als überlegen und fortschrittlicher wahrgenommen wird, während die andere Partei als minderwertig und weniger entwickelt angesehen wird. Tatsächlich hat diese Mentalität der Überlegenheits- und Minderwertigkeitskomplexe eine lange koloniale Geschichte, die die heutige Generation noch immer heimsucht, wenn sie am Tisch der globalen Zusammenarbeit sitzt. Das Ungleichgewicht hängt auch mit den bestehenden wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen zusammen, zum Beispiel mit der Entwicklungshilfe, die die meisten ehemaligen Kolonien immer noch von ihren ehemaligen Kolonialherren erhalten. So besteht die Freiheit zwar auf dem Papier, doch in der Praxis sind die meisten Länder wirtschaftlich immer noch nicht befreit.
In meinem Land Malawi hängt sogar der Staatshaushalt bis zu einem gewissen Grad von der Unterstützung der Geber ab. Manchmal ist man versucht zu glauben, der Westen tue vielleicht absichtlich alles Mögliche, um verschiedene Möglichkeiten und Chancen für eine völlige Unabhängigkeit zu unterdrücken, um damit sogar die wirtschaftliche und politische Landschaft zu kontrollieren bzw. zu beeinflussen, aber das ist wohl ein Thema für weitere Diskussionen. Der Tauschhandel besteht jedenfalls darin, dass die afrikanischen Nationen an finanzieller Hilfe interessiert sind, die die Regierungsführung entlastet und sich politisch instrumentalisieren lässt, während die Europäer anscheinend daran interessiert sind, ihre Bedeutung und Vormachtstellung aufrechtzuerhalten. Jetzt allerdings, da China die Weltbühne betritt, könnte der Westen auch daran interessiert sein, weiterhin jene Lücken zu füllen, die sonst – unter anderen potenziellen Alternativen – von China besetzt würden.
Die Diskussionen zur Kooperation werden hauptsächlich von dieser Vormachtstellung beeinflusst, daher werden Praktiken, Technologien und Punkte, die von den als überlegen empfundenen Parteien vorgebracht werden, im Vergleich zu denen anderer Parteien hoch geschätzt. So werden die Landwirtschaft und andere Sektoren aus europäischen Ländern als besser im Vergleich zu den Landwirtschaftsmethoden der Länder südlich der Sahara empfunden. Infolgedessen mussten wir im gesamten südlichen Afrika und insbesondere in Malawi einen deutlichen Rückgang der einheimischen und lokalen landwirtschaftlichen Praktiken feststellen.
Hybridsaatgut verdrängt einheimische Sorten
Es gibt viele Feldfrüchte und Saaten, die früher lokal angebaut wurden, z.B. die Maissorten Bantam, Kafula und großkörniger Bingo-Mais, oder Nyungu. Das ist eine lokale Kürbisart, eine Kulturpflanze mit „gefalteten" Blütenblättern, die die meisten Menschen in der Vergangenheit angebaut haben. Die Blätter wurden als Genussmittel verwendet, und die lokal als Maungu bekannte Frucht wurde zum Frühstück oder Abendessen gegessen. Man glaubte sogar, dass die Produktivität der Kulturpflanze von den Händen einer Person abhängt, die sie anbaut. Wenn man also glückliche bzw. sorgsame Hände hat, gibt es reiche Erträge.
Es gibt viele Beispiele für solche verschwindenden lokalen Nutzpflanzensorten, die seit der Einführung konventioneller Anbaumethoden wie der Monokultur und der Abhängigkeit von Hybridsaatgut wie „Njovu", „Mkango" und „MH33" der Firma Monsanto und anderem Hybridsaatgut von verschiedenen Firmen nicht mehr allgemein angebaut werden. Laut einer Umfrage, die 2014 während meines Studiums im Norden Malawis durchgeführt wurde, konnte zum Beispiel im Distrikt Rumphi beobachtet werden, dass einheimisches Saatgut schneller dem Aussterben entgegengeht, da es von den Hybridsaaten an den Rand gedrängt wird, die als hochwertig wahrgenommen werden und viele Fürsprecher haben.
Nein, ich stelle mich nicht gegen die Optimierung der lokalen landwirtschaftlichen Praktiken, aber solche Neuerungen sollten das Potenzial der lokalen Sorten nicht übersehen. Und was noch wichtiger ist, sie sollten die lokalen landwirtschaftlichen Werte und Praktiken integrieren, die Bestandteil der verschiedenen Saatgutarten sind und mit den Einheimischen und ihrer Geschichte verbunden sind. Das Traurige daran ist, dass niemand daran interessiert ist, darüber zu sprechen, wie wenig nachhaltig die Landwirtschaft seit der Einführung der konventionellen Landwirtschaft geworden ist. Aufgrund der Unproduktivität, unter der unser Land seit Beginn des Einsatzes von chemischen Düngemitteln leidet, der tatsächlich bis heute in hohem Maße praktiziert wird, basiert die Landwirtschaft heutzutage auf Chemie. Diejenigen Landwirte, die sich früher damit brüsteten, mit lokal verfügbaren Ressourcen zu wirtschaften, befinden sich heute in einer wirtschaftlichen Zwickmühle, in der sie Dünger kaufen müssen, um Ernten zu produzieren, Pestizide kaufen, um die Ernten vor Schäden zu bewahren, Lagermaterialien wie Säcke kaufen, um die Ernten zu lagern, und natürlich jährlich neues Saatgut kaufen, um wieder anbauen zu können, weil sie aus ihrer Hybridernte nicht wie früher Saatgut für die nächste Wachstumssaison erhalten können.
Echte Kooperation ist gefragt
Abschließend ist es wohl angemessen zu sagen, dass die Art und Weise, in der die meisten europäischen und afrikanischen Kooperationen zustande gekommen sind, viel zu wünschen übrig lässt, auch wenn es viele Bemühungen und Initiativen gibt, die darauf abzielen, sich gegenseitig in fairer und ausgewogener Weise zu ergänzen. Wenn die Geschäfte wie gewohnt weiterlaufen, werden die meisten Nationen, die als schwach und minderwertig wahrgenommen werden, am Ende ihre Ressourcen, Werte, Identität und Schätze verlieren, um sich anzupassen. Dies wird sich auch darauf auswirken, wie künftige Generationen von Nationen sich gegenseitig betrachten werden.
Daher sollte die globale Zusammenarbeit bewusst eine ausgeglichene Plattform und Umgebung für Kooperation ermöglichen, die letztlich die Welt durch gegenseitige Ergänzung und Synergien, die durch einige Gemeinsamkeiten entstehen, und unter Berücksichtigung der bestehenden Dynamik und Unterschiede zu einem besseren Ort für alle macht. Zusammenarbeit sollte bedeuten, in die Rolle anderer Menschen aus der ganzen Welt zu schlüpfen und Maßnahmen zu ergreifen, die meinem Land und der Weltgemeinschaft insgesamt zugutekommen. Dies können etwa friedensschaffende Maßnahmen sein oder die Verlagerung von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien zum gemeinsamen Wohl aller Formen des Lebens.
Joseph Kenson Sakala
Der Autor ist Umwelt- und Klimaaktivist und arbeitet derzeit als Geschäftsführer bei Youth for Environment and Sustainable Development (YSD) in Lilongwe, Malawi. Er ist Mitglied des African Coal Network und des African Youth Movement.