Heft 5/2021, afrika süd-dossier: Klimakrise im südlichen Afrika

Hitzewellen, Dürre und Überschwemmungen

DER IPCC-BERICHT BIETET EINEN EINBLICK IN DIE NEUESTEN KLIMAWANDELPROGNOSEN FÜR AFRIKA.

Der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) – ein Gremium der Vereinten Nationen, das mit der Bereitstellung wissenschaftlicher Informationen über den Klimawandel beauftragt ist – hat einen umfassenden neuen Bericht veröffentlicht. Dieser führt Ergebnisse sowohl aus gegenwärtigen als auch älteren Klimabeobachtungen zusammen. Mit den neuesten Erkenntnissen der Klimaforschung umfasst der Bericht den aktuellsten Wissensstand rund um den Klimawandel. Das Verständnis dieser Erkenntnisse ist essenziell, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie unsere Zukunft aussehen könnte.

Nach dem Bericht des Klimarats ist der Klimawandel offensichtlich, da jedes der letzten vier Jahrzehnte wärmer war als alle vorherigen Jahrzehnte seit 1850. Zudem hat sich der durchschnittliche Landniederschlag seit Mitte des 20. Jahrhunderts verstärkt und der Meeresspiegel ist zwischen 1901 und 2018 im Durchschnitt um 0,15 bis 0,25 Meter angestiegen.

Es wird befürchtet, dass mit steigender Erderwärmung extremere Wetterereignisse wie Dürren sowohl in Häufigkeit als auch in Intensität zunehmen werden. Die Erderwärmung wird hauptsächlich durch Treibhausgasemissionen verursacht, welche durch menschliche Aktivitäten, wie die Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle, Erdgas, Öl) und Kohleabbau, entstehen.

Im Hinblick auf Afrika sagt der Bericht einen Anstieg der Durchschnittstemperatur und Hitzeextreme für den Kontinent voraus. Mit Ausnahme von Ostafrika und der Sahara ist auf dem gesamten Kontinent mit zunehmender Trockenheit zu rechnen.

Erschreckenderweise übersteigt der durchschnittliche Temperaturanstieg Afrikas den globalen Durchschnitt. Außerdem werden, je wärmer es wird, Häufigkeit und Intensität schwerer Niederschläge fast überall in Afrika zunehmen. Auch maritime Hitzewellen und ein Anstieg des Meeresspiegels in Küstenregionen des Kontinents sind zu erwarten. Die Klimaerwärmung könnte in Zukunft zu mehr Hitzeextremen, wie Hitzewellen, sowie zu einer Abnahme an Kälteextremen führen.

Die vorhergesagten trockeneren und heißeren Zustände werden verheerende Folgen für den Kontinent haben, auf dem die Wirtschaft der meisten Länder und die Lebensumstände der meisten Menschen auf einer von Regen abhängigen Landwirtschaft basieren. Tatsächlich werden Veränderungen des Klimas zu Veränderungen in fast allen Lebensbereichen führen.

Regionale Folgen
Sollte – wie es der Bericht voraussagt – eine Klimaerwärmung von mindestens 2°C bis Mitte des 21. Jahrhunderts stattfinden, wird das südliche Afrika (trotz insgesamt intensiverer Niederschlagsereignisse, d. Red.) höchstwahrscheinlich eine Abnahme des durchschnittlichen Niederschlags erfahren. Die zunehmende Trockenheit und Dürre werden sich nachteilig auf die Landwirtschaft auswirken. Das ist in Madagaskar und Südafrika bereits jetzt erkennbar.

Dies hat gravierende Auswirkungen auf alle Bereiche inklusive Landwirtschaft, Wasserversorgung und Gesundheit. Die Trockenheit würde außerdem das Potenzial der Energiegewinnung aus Wasserkraft reduzieren und so den energieabhängigen Sektoren schaden. Dies ist bereits heute am niedrigen Stand der Kariba-Talsperre zu sehen, welche sich zwischen Simbabwe und Sambia befindet.

Zudem wird es in der Region mehr tropische Stürme geben. Im südlichen Afrika hat sich das Vorkommen tropischer Zyklone aufgrund der durch den Klimawandel angestiegenen Meerestemperaturen nach Süden verschoben. Es wird befürchtet, dass diese Stürme so zerstörerisch sein werden wie Idai und Kenneth 2019 in Madagaskar und Mosambik.

Bezüglich Ostafrika sagt der Bericht eine Zunahme des durchschnittlichen Niederschlags voraus, was die Landwirtschaft begünstigt. Jedoch können eine höhere Häufigkeit und Intensität von Starkregen und Überschwemmungen in einigen semi-ariden und ariden Regionen einen gegensätzlichen Effekt haben.

Zum Niederschlag im östlichen Afrika hat es einige widersprüchliche Informationen gegeben. Dies bezieht sich auf Beobachtungen, dass die allgemeinen Zirkulationsmodelle, welche für die Erstellung der IPPC-Berichte genutzt werden, den beobachteten Niederschlag in der Region nicht gut darstellen. Die meisten Modelle sagen einen Anstieg an Regenfällen voraus, während bisherige Beobachtungen das Gegenteil zeigen. Dies wird auch „das Paradoxon des ostafrikanischen Klimas" genannt. Die beobachtete Verkürzung der Regenzeit, welche das Modell außer Acht lässt, erklärt das Paradoxon.

Abgesehen vom Niederschlag werden die aufgezeichnete und die voraussichtlich ansteigende Temperatur die Menge an Schnee und Gletschern in der Region reduzieren. Ein Temperaturanstieg wird einen Anstieg der Malariainfektionen, besonders in den Hochlandregionen Ostafrikas, nach sich ziehen.

Nordafrika ist ein Hotspot des Klimawandels. Der Bericht erwartet mit großer Sicherheit einen Temperaturanstieg in der Region, der extreme Hitzewellen mit sich bringen wird. Die projizierte Austrocknung wird die in der Region bereits bestehende Dürre verstärken und die Wasserknappheit verschlimmern.

Des Weiteren wird die Situation die Waldbrandgefahr erhöhen, was eine Bedrohung für Ökosysteme darstellt. So ist es momentan in Algerien zu sehen. Hier wurden dieses Jahr bereits mehr als 100 Brände in 17 Provinzen gemeldet, bei denen über 40 Menschen zu Tode kamen.

Der Bericht erwartet außerdem eine Abnahme der durchschnittlichen Windgeschwindigkeit über Nordafrika. Die Windgeschwindigkeit ist von der Temperatur und den daran gebundenen atmosphärischen Druckveränderungen abhängig. Dies wird einerseits das Windenergiepotenzial der Region einschränken, andererseits jedoch auch Sandstürme reduzieren, welche gesundheitliche Schäden wie die Entstehung oder Verschlimmerung von Asthma und Bronchitis hervorrufen.

West- und Zentralafrika sollen dem Bericht nach auf ähnliche Weise einen Rückgang des durchschnittlichen Niederschlags sowie der Dürren mit Folgen für Landwirtschaft und Ökosysteme erleben. All das wirft einen dunklen Schatten auf Landwirtschaft und Wasserversorgung in der Region.

Entlang der afrikanischen Küsten wird der Meeresspiegelanstieg wahrscheinlich zu einer Zunahme der Häufigkeit und Stärke von Überschwemmungen in tieferliegenden Gebieten beitragen, wie kürzlich in Lagos, Nigeria zu sehen. Dies hat eine weitreichende Zerstörung sensibler Ökosysteme zur Folge und wird die Gemeinden in Küstenstädten zur Umsiedelung zwingen. Der Anstieg des Meeresspiegels wird ebenso zum Eindringen von Salzwasser führen, was die Verfügbarkeit von Trinkwasser einschränken wird.

Wohin führt der Weg für Afrika?
Trotz der Erwartung eines Rückgangs des durchschnittlichen Niederschlags in fast allen Regionen Afrikas sind schwere Niederschläge und daraus resultierende Überschwemmungen wahrscheinlich. Die Zunahme von Extremniederschlägen hat weitreichende Folgen für fast alle sozioökonomischen Bereiche von Landwirtschaft über Wasserversorgung und Umwelt bis hin zur Infrastruktur. Diese zählen zu den Schlüsselsektoren sozioökonomischer Entwicklung.

Dies – verschärft durch das starke Bevölkerungswachstum – zeichnet ein besorgniserregendes Bild kommender Herausforderungen. Es wird mit ziemlicher Sicherheit die bereits existierende Entwicklungslücke weiten. Dies macht es erst recht erforderlich, gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen, um sich für zukünftige, durch den Klimawandel verursachte Herausforderungen zu wappnen.

Victor Ongoma

Der Autor ist Dozent an der Université Mohammed VI Polytechnique in Marokko. Sein Beitrag erschien im englischen Original in The Conversation, 11. August 2021

https://theconversation.com/insights-for-african-countries-from-the-latest-climate-change-projections-165944