BUKONGODISMUS, VOODOO SOWIE DIE EINFLÜSSE DES CHRISTENTUMS DARIN. Es ist kein Geheimnis, dass in Afrika die Spiritualität oder die Religionen anders ausgelebt werden als in Europa. Selbst die abrahamitischen Religionen, die nach Afrika importiert wurden, sind mit der afrikanischen Spiritualität fusioniert. Diese hatte schon zu Zeiten der afrikanischen Königreiche massiven Einfluss auf die Gesamtbevölkerung und Politik des Kontinents. Genauso wie es etliche Bevölkerungen oder Vielvölkerstaaten gibt, genauso divers sind die unterschiedlichen Religionen oder spirituellen Weltbilder in Afrika.
Von Jonas Bidiamba
Bukongodismus
Der Bukongodismus ist eine Religion bzw. ein Glaube aus dem Königreich Kongo (heute Angola, DR Kongo, Republik Kongo und Gabun) an einen Schöpfergott mit dem Gottesnamen Kongo („mächtiger Leopard"). In der Theologie des Bukongodismus glaubt man an einen omnipräsenten und allmächtigen Schöpfergott. Doch jede Bevölkerung hat nach dem Bukongodismus ihre eigene Geschichte in der Beziehung mit Gott, indem jedes Volk auf seine eigene Art und Weise den Schöpfergott lobt, preist, mit ihm kommuniziert oder mit einem eigenen Namen anspricht. Die Priester nannte man Bakongo (Plural) bzw. Mukongo (Singular). Als dann im Jahr 1400 der Häuptling Lukeni Lwa Nemi das Königreich Kongo etablierte und in Mbanza Kongo die offizielle Hauptstadt gründete, wurden alle Bewohner des Königreichs als Gottes Volk der Bakongo angesehen. Bis heute werden die Nachfahren des Königreiches als Bakongo und die einheitliche Sprache als Kikongo bezeichnet, wobei aber jede Region ihren eigenen Dialekt besitzt.
Anders als bei den abrahamitischen Religionen besitzt der Bukongodismus also keinen Absolutheitsanspruch. Dies änderte sich, als 1506 der Katholizismus nach Mbanza Kongo importiert wurde. Man fusionierte das Christentum mit dem Bukongodismus. So hieß der Allmächtige nicht mehr Kongo, sondern Jesus Christus. Die Traditionen sind bis heute eher mündlich als schriftlich und werden von einer Generation zur nächsten durch Volksmärchen, Lieder und Feste weitergegeben und beinhalten den Glauben an Gott und unsichtbare Mächte. Dies schließt den Geisterglauben, die Totenverehrung sowie die Anwendung von Magie und traditioneller afrikanischer Medizin (Nkisi) ein.
Die Kongo-Mythologie kann neben anderen Bantu-Religionen als animistisch mit verschiedenen polytheistischen und pantheistischen Aspekten beschrieben werden. Animismus bildet das Kernkonzept aller religiösen Traditionen der Bantu, einschließlich der religiösen Überzeugungen der Kongo. Dazu gehören die Verehrung von Schutzgottheiten, Naturverehrung, Ahnenverehrung und der Glaube an ein Jenseits. Während die Bukongodisten aus den reicheren Städten ein pantheistisches Weltbild angenommen haben, folgten die meisten Bukongodisten aus ärmeren Städten, die den Glauben nicht mit dem Christentum fusionieren wollten, einem polytheistischen System mit verschiedenen Göttern, Geistern und anderen übernatürlichen Wesen. Der Bukongodismus beinhaltet auch Elemente des Fetischismus, des Schamanismus und der Reliquienverehrung und hat also eine hohe Komplexität.
Sowohl mit Geistern als auch mit toten Vorfahren kann kommuniziert werden. Diejenigen, die mit Autorität ausgestattet sind (Priester), erhalten gesonderte Rechte auf eine solche Kommunikation. Der priesterliche Nganga kann mit solchen Geistern und Vorfahren interagieren. Sie verwendeten spirituelle Heilmittel (Nkisi), um die schwarze Magie in der Welt zu bekämpfen. Nganga dürfen keine schwarze Magie anwenden und helfen nur zu Glück und Segen.
Nach dem Tod verlässt die Seele eines Menschen den Körper, um ein Geist zu werden, und betritt das Land der Toten (Kalunga). Diejenigen, die im Leben Böses getan haben (wie Hexen), können das Land der Toten nicht betreten und streifen stattdessen als dämonische Geister über die Erde. Vorfahren hingegen können zu mächtigen Wesen werden. Sie werden in den meisten Fällen als Ahnengeister verehrt, die lebende Verwandte beschützen und führen. Die Toten kommunizieren auf unterschiedliche Weise mit den Lebenden, bspw. sprechen sie in Träumen mit ihnen, senden Segen oder lassen sich von besonders begabten Seher:innen ansprechen.
Eine praktizierende Person kann mit den Ahnengeistern ihrer Familie auf lineare Weise kommunizieren, sie darf nicht mit Geistern kommunizieren, die nicht ihre Vorfahren sind.
Es gibt viele Geister, die den Allmächtigen Kongo umgeben, wie der seiner Frau Nzambici (Geist der Erde), Nzazi (der Geist von Donner und Blitz), Ngonda (Geist von Mond und Menstruation) und ihr Bruder Ntangu (Geist von Zeit und Sonne), Mpulu Bunzi bzw. Bunzi (männlicher oder weiblicher Regengeist), Mbumba (die Regenbogenschlange) und seine Frauen Funza (weiblicher Wassergeist, Zwillingsphänomen, Missbildungen bei Kindern) oder auch Kalunga (Geist von Tod und Meer).
Voodoo
Voodoo ist eine auf westafrikanischer Spiritualität basierende traditionelle Religion, die in Haiti entstanden ist. Er repräsentiert eine Vermischung verschiedener westafrikanischer Religionen und des römischen Katholizismus durch die Nachkommen der Dahomeaner aus Benin, dem Königreich Kongo, der Yoruba-Bevölkerung und anderer ethnischer Gruppen, die versklavt und in das koloniale Saint-Dominique (heute: Haiti) verschleppt und teilweise christianisiert wurden.
Voodoo ist eine Weltanschauung, eine Theologie und Philosophie der Gerechtigkeit. Sein grundlegendes Prinzip ist, dass alles einen Geist besitzt. So leitet sich die Bezeichnung Voodoo aus einem Wort der westafrikanischen Sprache der Fon des Königreich Dahomey (heute Benin) für „Geist" oder „Gottheit" ab. Menschen sind Geister, die die irdische Welt bewohnen. Die unsichtbare Welt wird von lwa (Geistern), Anvizib (den Unsichtbaren), Zanj (Engeln) und den Geistern der Vorfahren und kürzlich Verstorbenen bevölkert. Es wird angenommen, dass all diese Geister in einem mythischen Land namens Ginen oder Zulu-Katiopa (Himmel Afrikas), einem kosmischen „Afrika", leben. Die Geister wurden von Gott geschaffen, um dem Allmächtigen zu helfen, die Menschheit und die irdische Welt zu regieren, während der Gott der christlichen Bibel lediglich als der Schöpfer des Universums verstanden wird.
Das, was die Voodoo-Religion ausmacht, ist die musikalische Sefi lwa-Anbetung und die Durchführung verschiedener Andachtsriten, die an den allmächtigen Gott und bestimmte Geister gerichtet sind, als Gegenleistung für Gesundheit, Schutz und Gnade. Während religiöser Riten geraten Anhänger:innen in einen tranceähnlichen Zustand, in dem Voodoo-Priester speisen, stilisierte Tänze aufführen, Menschen übernatürlich inspirierte Ratschläge oder medizinische Heilmittel geben oder besondere körperliche Leistungen vollbringen.
Voodoo-Rituale zielen darauf ab, das Gleichgewicht und die Energie in Beziehungen zwischen Menschen und den Geistern der unsichtbaren Welt zu verfeinern und wiederherzustellen. Es wird eine orale Tradition gepflegt, die von Großfamilien in Westafrika praktiziert wird, mit der Intention, die Familiengeister zusammen mit den notwendigen hingebungsvollen Praktiken von ihren Ältesten zu erben. In diesen Gemeinden wird Wissen durch ein Initiationsritual (Kanzo) erlebt, in dem der Körper zum Ort spiritueller Transformation wird.
Zudem haben sich diverse religiöse Unterkategorien entwickelt. Zu den verschiedenen Zweigen gehören beispielsweise die Rada, Daome, Ibo, Nago, Dereal und die Bakongo. Es gibt darüber hinaus keine zentralisierte Hierarchie, keine absolute Führung und keine offizielle Sprecherperson, gelegentlich versuchen aber verschiedene Gruppen, solche Strukturen zu schaffen. Erwähnenswert ist außerdem, dass sich auch diverse Geheimgesellschaften, wie z. B. die Bizango oder die Sanpwèl, entwickelt haben, die wiederum eine religiös-rechtliche Funktion erfüllen.
Christentum und afrikanische Spiritualität
Im Zuge des Kolonialismus und der christlich-katholischen Missionierung wurden alle afrikanischen Religionen und spirituelle Riten radikal verteufelt. Die bösen Geister der verlorenen Religion seien der Grund für ihre Misere als Sklav:innen und Knechte, daher müsse man den weißen Jesus anbeten oder das europäische Christentum praktizieren, um sowohl geistlich als auch irdisch gerettet zu werden.
Die Erweckungskirche wurde von amerikanischen, deutschen und französischen selbsternannten TV-Pastoren aus charismatischen Kirchen im Jahr 1974 in Afrika etabliert. Sie verbreiten die Lehre, dass Afrika aufgrund der Sünden und teuflischen Praktiken ihrer Ahnen verflucht sei. Daher bräuchten Afrikaner:innen Heilung von den Geistern der Ahnen im Namen Jesu. Dafür müsse man aber auch die Geister der schwarzen Kleinkinder bekämpfen, da die „bösen Vorfahren" sich durch sie manifestieren würden. Der Grund, warum sich dies in Afrika schnell verbreitete, war das leere Versprechen von Wohlstand, Gesundheit und sozialem Aufstieg. In der Demokratischen Republik Kongo gab es 2003 ganze Heerscharen von Kindern, die der Hexerei beschuldigt wurden. Allein in der Hauptstadt Kinshasa waren es über 40.000 Straßenkinder, die aus dem Haus geworfen wurden, weil ihre Familien sie für Unglücksbringer hielten. Bei den sogenannten „Kinderhexen" handelt es sich um ein Sozialphänomen, das durch diese geistliche Großsekte der evangelikalen Bewegungen ausgelöst wurde. Während die Kongoles:innen die Schuld am Niedergang des Landes und ihren damit verbundenen Problemen früher zumeist der korrupten Führung gaben, haben sie nun offenbar einen neuen Sündenbock auserkoren: „Die bösen Ahnen der teuflischen traditionellen Religionen".
Heute existiert für viele Menschen in Afrika kein rationaler Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung. Wenn jemand plötzlich krank wird, sind daran nicht Bakterien, Viren oder der eigene Lebensstil des Betroffenen Schuld, sondern der Nachbar, ein Onkel, der Stadtmusiker oder eben das eigene Kind, das mit bösen teuflischen Mächten paktiert. Der südafrikanische Anthropologieprofessor Victor Ralusha, weist darauf hin, dass im afrikanischen Glauben Harmonie die Welt regiert. Eine Störung des Einklangs, etwa durch Blitzschlag, Krankheit, Armut, Reichtum und selbst den Tod, wird deshalb rasch der Hexerei zugeschrieben. Im Sommer 2001 wurden hunderte von Kindern in Mbuji-Mayi von ihren Familien ausgesetzt, weil sie für den Preisniedergang der Diamanten verantwortlich gemacht wurden. Selbst viele besser ausgebildete Kongoles:innen sind von den bösen Kräften der Kinder überzeugt.
Eines der verstoßenen Kinder, ein neunjähriger Junge, erzählte der BBC, dass er nach einem Gebet am Totenbett seiner Mutter beschuldigt worden sei, diese mit Aids getötet zu haben. Andere Kinder wurden für das gleiche Vergehen zu weit entfernt lebenden Verwandten geschickt, die ihnen wenig zu essen gaben und ihr dürres Aussehen dann als Beweis dafür ansahen, dass es sich bei den Kindern tatsächlich um Hexen handelte.
Der kongolesische Soziologe Casimir Petshi Etshindo stellte zu dieser Gesellschaftskrise folgende Frage: „Waren die Pastoren und andere ‚Männer Gottes', wie sie genannt werden, die diese angeblichen Offenbarungen gemacht haben, vom Heiligen Geist inspiriert?" Die Gläubigen betrachten das Thema jetzt etwas klarer. Darüber hinaus hat das 2009 vom Parlament verabschiedete Gesetz zum Schutz von Kindern in gewissem Maße zur Eindämmung des Phänomens beigetragen. Es besagt, dass in diesem Land kein Kind der Hexerei beschuldigt werden darf. Allerdings ist Armut die Wurzel dieses Phänomens. Die Mutter aller Maßnahmen wäre also die Wiederherstellung des sozialen Schutzes: Es wäre eine Angelegenheit der Regierung, Familien und Eltern zu helfen, die keine Arbeit finden und täglich von großen finanziellen Schwierigkeiten betroffen sind.
Der deutsch-kongolesische Pastor Affo Mawaka Mudiandambu aus Wuppertal mahnte bei einer Konferenz in einer Erweckungskirche der kongolesischen Diaspora: „Die theologische Botschaft Jesu ist keine egozentrische Therapie, wo das eigene Versagen external, also auf andere wahllos zugeschrieben wird, sondern internal, mit dem Motto: ‚Kehre um!' Der Mensch muss sich ändern! So muss der Gläubige lernen einzusehen, selbst für seine Vergangenheit verantwortlich zu sein." Die mentale Heilung beginnt damit, sich selbst einzugestehen, ein Fehler gemacht zu haben und nicht in die Opferrolle zu gehen. Denn diejenigen, die immer anderen die Schuld geben, deren Leben wird sich auch nie ändern.
Was sind die Zukunftsaussichten?
Aktuell sind die urafrikanischen Religionen in Afrika wenig bis gar nicht vertreten. Wenn, dann wurden sie mit den abrahamischen Weltreligionen fusioniert. Meiner Meinung nach ist die Gesellschaftskrise der Radikalisierung bei den fundamentalen Christen und Muslimen in Afrika das Ergebnis schlechter Politik in den afrikanischen Ländern. Die Bildungspolitik im Kongo bspw. ist katastrophal, sodass der Zugang zu Bildung, Aufklärung, Nachrichten und dadurch auch die Kapazität, sich eine eigene rationale Meinung bilden zu können, nur minimal vorhanden ist. Armut ist auch ein Faktor und der Hauptgrund dafür, dass das Wohlstandsevangelium – also die Lehre, dass je mehr Geld man in der Kirche investiert, umso größer der finanzielle Segen Gottes sein soll –, das Boom-Geschäft der selbsternannten TV-Pastoren werden konnte. Kongo-Kinshasa beispielsweise benötigt dringend politische Strukturen, mit denen klare Gesetze erlassen werden, um das Volk vor sozial-psychologischer Manipulation zu schützen. Dies beinhaltet, dass die Finanzen innerhalb der religiösen Institutionen oder Vereine kontrolliert und versteuert werden müssen, um Ausbeutung innerhalb der Kirche zu bekämpfen.
Erweckungskirchen sollten pro Bezirk reduziert und offiziell angemeldet werden und die Qualifikation eines Predigers oder Pastors muss landesweit aktualisiert werden. Und jede religiöse Institution benötigt einen demokratisch gewählten Vorstand, um Personenkulte oder One-Man-Shows zu bekämpfen
Die Schaffung fester politische Strukturen ist der einzige nachhaltige Weg, wieder eine gesunde Spiritualität in den afrikanischen Staaten, wie im Kongo, zu schaffen. Doch erstaunlicherweise gibt es seit den 2000er-Jahren auch innerhalb der afrikanischen Diaspora in Europa vermehrt solche Phänomene. Allerdings auch nur an Orten, wo die Etablierung von Parallelgesellschaften stark ist.
Der kongolesisch-deutsche Autor ist Gründer der Medienplattform „LuX Mwinda", deren Schwerpunkte die politische und kulturelle Aufklärung sowie aktuelle Nachrichten aus afrikanischen Ländern und deren Diaspora sind. Entsprechende Infovideos veröffentlicht er auf dem LuX Mwinda YouTube-Kanal und Instagram-Account. Neben seiner journalistischen Arbeit studiert er Sozialwissenschaften an der Universität Bochum.
Schutzfunktion und Energie des Voodoo
Voodoo lässt sich nicht generell auf den ganzen Kontinent projizieren und pauschalisieren. Es gibt viele Menschen, die mit Voodoo ganz unterschiedliche Dinge assoziieren. Der Voodoo ist zum einen für Heilung bekannt und gilt zum anderen als Hexenwerk. Dies war auch schon immer so gewesen. Jede Volksgruppe der damaligen afrikanischen Königreiche oder Regionen hatte dabei ihre eigenen rituellen und magischen Praktiken. Voodoo kann zum Beispiel in einer Region zum Schutz der Menschen vor Feinden oder sonstigen Naturkatastrophen angewendet werden, wobei die Zugehörigkeit zu einer Gruppe über Stamm, Ethnie oder Blutlinie definiert wird.
Erzählungen nach spiegelt sich dies in Situationen wieder, in denen es Gemeinschaften gibt, denen es ausschließlich und allein möglich ist, gewisse Teilbereiche eines Waldrandes zu betreten. Alle anderen Stämme oder Menschen, die nicht dem jeweiligen Stamm angehören, würden es nicht schaffen, diesen Wald zu betreten oder unversehrt wieder zu verlassen. Genauso wie es teilweise Flüsse und Gewässer gibt, von denen man weder trinken, noch darin fischen oder das Wasser in irgendeiner sonstigen Art und Weise verarbeiten oder nutzen darf, ohne dass es jemandem anschließend gesundheitlich nicht gut geht.
Das bedeutet, dass wenn zum Beispiel die Ethnie der kongolesischen Baluba Heil- oder Schutzzauber für deren Angehörige hatte, konnte dieser sich negativ auf jemanden auswirken, der nicht dazu gehörte, ungeachtet dessen, ob es eine friedliche oder feindliche Gesinnung gab. So sprach man auf der der einen Seite, beispielsweise der Baluba, von Heilung und Schutz und auf der anderen Seite von schwarzer Magie und Hexenwerk.
Voodoo genauso wie andere Religionen oder religiöse Praktiken haben sehr viel mit Glauben und Energien zu tun. In der Vorstellung vieler afrikanischer Bevölkerungsgruppen ist es so, dass die Menschheit und die Erde von einem Gott erschaffen wurden und dass dieser Gott mit uns eine gewisse Energie teilt bzw. Energien geteilt hat. Schamanen wie auch Medizinmänner sind in der Lage, diese Energien zu lenken und zu steuern. So können sie mit den Ahnen zu den Göttern sprechen oder auch Menschen soweit beeinflussen, dass sie glauben, dass sie ihre Kraft steigern oder einen Wunsch verwirklichen können.
Dies sind alles Dinge, die heute unter den Begriff des Voodoo fallen. Diese Praktiken waren nicht grundsätzlich dafür da, um etwas negatives oder positives zu bewirken, sondern waren vielfältig in ihrer Auswirkung, Ausführung und Bedeutung. Viele spirituelle Auffassungen und Praktiken sind trotz des christlichen Einflusses gleich geblieben. Vielfach wurden nur Elemente des Christentums zu dem bestehenden Glauben adaptiert und ergänzt.
John Diau
Voodoo im Unabhängigkeitskampf
„Sainte Domingue, Mitte des 18. Jahrhunderts. Eine Insel, deren westlicher Teil heute Haiti heißt. [...] Die aus Afrika verschleppten Sklaven haben etwas aus ihrer Heimat mitgebracht, über das die Weißen keine Kontrolle haben. Schutzgeister – die Lowas, die jeden Lebensbereich beeinflussen und sich in initiierten Menschen manifestieren können.
Mit Ogun, dem Geistwesen des Eisens und des Krieges, mit Maman Brigitte, die die Friedhöfe bewacht, mit Ti-Jean-Petro, der die Schwarzmagier beschützt... Es sind die alten Ahnengeister aus dem Jenseits, die durch ihre menschlichen Medien sprechen, ihnen unerklärliche Macht geben – und die Europäer in schieres Entsetzen stoßen. Voodoo kann Wunder wirken, im Guten wie im Schlimmen.
Voodoo kann durch die Verbindung zu den Vorfahren Trost spenden – oder Schadenszauber mit tödlichem Ausgang anrichten. Die alte Religion aus Afrika gibt den Sklaven Selbstbewusstsein und Willenskraft zum Widerstand. Den Weißen gibt Voodoo den Rest. [...] Haiti wird 1804 der erste Staat der Welt sein, der sich von Kolonialismus und Sklaverei befreit hat."
aus:
Schwarzer Widerstand: Voodoo, Jazz und Befreiungskampf, eine Sendung des DLF Kultur von Kerstin Kilanowski (1.10.2022)
https://www.deutschlandfunkkultur.de/lange-nacht-ueber-schwarzen-widerstand-von-voodoo-jazz-und-befreiungskampf-100.html