Auf dem afrikanischen Klimagipfel, der im September in Nairobi stattfand, ging es auch um Fragen eines gerechten und ausgewogenen Übergangs zu erneuerbaren Energien. Wie können sich die lokalen Bevölkerungsgruppen die Debatte über den gerechten Übergang in den SADC-Ländern zu eigen machen?
Von Rachel Nduati
Just Transition klingt nach einer guten Sache, aber die Bevölkerung vor Ort hat oft das Nachsehen. Während das Konzept des gerechten Übergangs ursprünglich dazu diente, für die Rechte von Arbeiter:innen einzutreten, die aufgrund der Umweltpolitik ihren Arbeitsplatz verloren haben, hat sich das Konzept im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Die Frage, ob Afrika eine eigene Vorstellung davon haben sollte, wie ein gerechter Übergang aussieht, könnte jedoch dazu führen, dass man sich fragt, ob es den Hype wert ist. Denn bei dem Konzept geht es vor allem darum, von fossilen Brennstoffen wegzukommen und auf erneuerbare Energien umzusteigen. Dabei sind die jeweiligen Bevölkerungsgruppen aufgrund ihrer geografischen Lage und der Tatsache, dass ihre Aktivitäten von erneuerbaren natürlichen Ressourcen abhängen, in der Regel von den negativen Auswirkungen betroffen.
Darüber hinaus ist die Nutzung fossiler Brennstoffe zur Wärme- und Stromerzeugung in abgelegenen oder lokalen Gemeinden immer noch sehr verbreitet, so dass ihre Rechte und Institutionen oft nicht anerkannt werden, was dazu führt, dass sie von Entscheidungsprozessen, einschließlich der Klimapolitik, ausgeschlossen werden. Ein gerechter Übergang muss also etwas anderes bedeuten, und das südliche Afrika muss entscheiden, was.
Der Klimagipfel in Nairobi hob die Bedeutung von Rechenschaftspflicht und Transparenz bei der Verfolgung eines gerechten und ausgewogenen Übergangs hervor. An dem Gipfel nahmen auch Vertreter:innen indigener Bevölkerungsgruppen aus 20 Ländern teil, die sich für ihre Rechte im Rahmen der Klimaschutzmaßnahmen einsetzten.
Anne Samante gab eine Erklärung im Namen des Africa Indigenous Peoples Regional Steering Committee ab. Sie wies darauf hin, dass die meisten Projekte für erneuerbare Energien das Land und die Territorien indigener Bevölkerungsgruppen betreffen, wenn es darum geht, dass sie den Weg für saubere Energieprojekte ebnen. Für sie sind indigene Völker auch keine Opfer, sondern sie halten Lösungen und ihr traditionelles Wissen bereit und ihre Lebensweise ermöglicht die Widerstandsfähigkeit und Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels. Obwohl der Gipfel feststellte, dass indigene Völker eine Rolle beim gerechten Übergang spielen, bot er nicht genügend Lösungen und Inklusion.
Einbindung der lokalen Bevölkerung
Im Mai 2023 startete Namibia ein 10-Mrd.-US-Dollar-Wasserstoffprojekt mit Hyphen Hydrogen Energy, einem in Namibia registrierten Unternehmen mit deutscher Beteiligung. Dieses Projekt wurde von den meisten Menschen in Namibia begrüßt, da es Arbeitsplätze schaffen und die Stromversorgung billiger machen würde. Kritiker:innen bemängelten jedoch, dass die lokalen Entscheidungsträger der Region, in der das Kraftwerk entstehen soll, nicht einbezogen wurden. Der Deutschen Welle zufolge argumentierte Joseph Isaacks, ein Anführer des Landless People's Movement (LPM), dass die meisten Einheimischen nichts von dem Projekt und seinem Start wüssten. Nach seiner Forderung nach sozialer Eingliederung der lokalen und indigenen Gemeinden wurde Joseph Isaacks zum Sonderberater des Green Hydrogen Council ernannt, was ihm half, die Eingliederung in die Entscheidungsfindung innerhalb der indigenen Territorien zu fördern.
Ein weiteres Beispiel ist Malawi. Tee ist für das Wirtschaftswachstum Malawis von entscheidender Bedeutung und gehört zu den wichtigsten Exportgütern des Landes. Mehr als 68.000 Menschen arbeiten in dieser Branche. Der Klimawandel wirkt sich jedoch darauf aus, wie und wo Tee in Malawi angebaut werden kann. Die meisten ländlichen Gemeinden arbeiten im Teesektor, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Zum einen ist der Teeanbau für sie eine Form der Beschäftigung, zum anderen gewinnen sie durch die Abholzung der Wälder für diese Zwecke ihr Brennholz.
Die Organisation Ethical Tea Partnership hat sich mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zusammengetan, um indigenen und ländlichen Gemeinschaften bei der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels zu helfen. Sie ermutigt und befähigt die Gemeinden, Agroforstwirtschaft zu betreiben, um eine Win-Win-Situation zu schaffen. Da die ländliche Bevölkerung aufgrund ihrer geografischen Lage bei der Teeproduktion als Arbeitskräfte eingesetzt werden, sind sie den Auswirkungen des Klimawandels gegenüber besonders anfällig. Da sie auch auf Holz als Brennstoffquelle angewiesen sind, führt das nicht nur zur Abholzung der Wälder, die Verbrennung von Holz für Holzkohle und Brennholz erzeugt auch Kohlenstoffemissionen. Wegen dieser übermäßigen Abhängigkeit können sie aus eigenem Antrieb kaum auf saubere Energie umsteigen. Die Partnerschaft zwischen den beiden Organisationen soll sicherstellen, dass die Gemeinden in die Lage versetzt werden, sich auf erneuerbare Energiequellen umzustellen. Außerdem werden sie dabei unterstützt, mehr Bäume zu pflanzen und Maßnahmen zur Wiederherstellung des Waldbestands zu ergreifen.
Gemeindebasierte Partnerschaften
Indigene Bevölkerungsgruppen sind in der Lage, traditionelles Wissen zu identifizieren, das bei der Abschwächung des Klimawandels, der Anpassung an ihn und dem gerechten Übergang hilft. Die Maasai-Gemeinschaft von Ngerengere in der Region Morogoro in Tansania setzt ihr Wissen zur Anpassung an den Klimawandel ein. Weidewirtschaft und Nomadentum sind seit jeher ihre wirtschaftlichen Aktivitäten. Sie halten Vieh und ziehen ständig von einem Ort zum anderen, um Wasser und Weideland für ihr Vieh zu finden. Obwohl sie nicht stark auf fossile Brennstoffe angewiesen sind, sind sie doch vom Klimawandel betroffen. Nach Angaben der Vereinten Nationen ist die Weidewirtschaft die am stärksten betroffene indigene Wirtschaftstätigkeit. Denn wenn sich die Wetterverhältnisse infolge des Klimawandels ändern, gehen die Weideflächen zurück und das Vieh hat wenig oder gar kein Futter mehr. Aus diesem Grund wagen sich die Massai in Tansania an den Agropastoralismus heran, bei dem Feldbau und Pastoralismus miteinander kombiniert werden.
Die Maasai-Gemeinschaft Engaresero hat im Norden des Landes eine solche Wirtschaftsform eingeführt, die sich stark auf indigenes Wissen stützt. Sie bauen Pflanzen an und betreiben Viehzucht, führen aber ihr Nomadenleben weiter. Mit diesem System können sie schon seit einiger Zeit ihre Bedürfnisse befriedigen, da sie so mit Fleisch, Milch, Maismehl, Bohnen, Wolle, aber auch mit Wasser und Dünger für die Felder versorgt sind. Agropastoralismus könnte der richtige Weg sein, um die Kohlenstoffemissionen zu senken, die durch fossile Brennstoffe in der industrialisierten Landwirtschaft verursacht werden. Die Grundsätze eines gerechten Übergangs können sich auf alle Bereiche der wirtschaftlichen Aktivitäten des Lebens stützen.
Die Demokratische Republik Kongo ist zu einem wichtigen Bestandteil der Welt bei der Dekarbonisierung geworden. Grund dafür sind die großen Mineralienvorkommen für den Bau von Solarzellen und Windturbinen. Im Zuge der weltweiten Energiewende ist die Nachfrage nach Lithium gestiegen, das für den Bau von Maschinen und Anlagen für erneuerbare Energien benötigt wird.
Die lokalen Gemeinschaften haben jedoch die Hauptlast zu tragen, da sie von ihrem angestammten Land vertrieben werden, um den Weg für den Rohstoffabbau zu bahnen. Laut dem Umweltportal Mongabay werden die betroffenen Gemeinschaften dabei oft nicht konsultiert. Über Partnerschaften mit ländlichen Gemeinden könnte die indigene Bevölkerung von der globalen Umstellung auf erneuerbare Energien profitieren, da ihre Mitarbeit als Quelle von Arbeitskräften und Partnerschaften dienen würde. Christian-Géraud Neema Byamungu, Herausgeber des China Global South Project, meinte gegenüber Mongabay, dass Steuern auf die Einnahmen aus dem Bergbau und Lizenzgebühren in der DR Kongo an indigene und lokale Projekte gehen könnten, was sicherstellen würde, dass die jeweilige Bevölkerung entschädigt wird.
In einer kürzlich in der Zeitschrift Science Advances veröffentlichten Studie heißt es, dass über die Hälfte der Just Transition-Metalle in der Nähe oder auf dem Land indigener Gemeinschaften gewonnen wird. Die Einbeziehung der Bevölkerung in die Beratungen und die Bereitstellung von Arbeitsplätzen könnte dazu beitragen, sie in anderen Gebieten anzusiedeln. Es gibt jedoch „keinen Ort wie die Heimat". Dies ist ein Preis, den die indigenen Gemeinschaften wohl zahlen müssen.
Die Debatte beherrschen
Es ist schwierig zu beurteilen, inwieweit indigene Gemeinschaften eine Schlüsselrolle bei der Just Transition spielen, da sie nicht in hohem Maße von fossilen Brennstoffen abhängig sind. Aufgrund ihrer geografischen Lage in der Nähe von Abbaustätten, an denen Rohstoffe für erneuerbare Energien gefördert werden sollen, sind sie in einer verwundbaren Position, besonders, wenn es das Land ihrer Ahnen für Energieprojekte betrifft. Doch es gibt immer mehr Belege dafür, dass sie mit ihrem Wissen, ihrer Lebensweise und Praktiken die anstehenden Herausforderungen bewältigen und dabei helfen können, einen gerechten Übergang beim Klimawandel zu gestalten.
Der afrikanische Klimagipfel endete mit der Verabschiedung der „Erklärung von Nairobi". Darin wurde Afrikas Haltung dargelegt, die besagt, dass die Welt bei der Reduzierung der Kohlenstoffemissionen auf ein Minimum vom Weg abgekommen ist. In der Erklärung heißt es auch, dass die weltweiten Emissionen in diesem Jahrzehnt um 45 Prozent gesenkt werden müssen, was die Notwendigkeit unterstreicht, die Nutzung fossiler Brennstoffe einzuschränken. Dies wirft die Frage auf: Was bedeutet das für die indigene Bevölkerung und ihre geografische Zugehörigkeit sowie für deren Inklusion?
Rachel Nduati ist eine Multimedia-Journalistin und Expertin für konstruktiven Journalismus aus Kenia bei der Deutschen Welle.