Heft 6/2015, Klimadossier: Südliches Afrika

Klimaschutz ohne Grenzen

IM KAMPF GEGEN DEN KLIMAWANDEL IM SÜDLICHEN AFRIKA hat die regionale Entwicklungsgemeinschaft SADC grenzübergreifende Schutzgebiete eingerichtet. Ziele dieser „SADC Transfrontier Conservation Areas" (TFCA) sind regionale Anpassungskonzepte und Kooperationen im Umwelt- und Naturschutz über Staatsgrenzen hinaus. Denn der Klimawandel erfordert die Zusammenarbeit zwischen den Staaten im südlichen Afrika.

 

Globale Klimaveränderungen und die damit verbundenen – meist negativen – Folgen, haben weltweit sehr unterschiedliche Auswirkungen. Zunehmende atmosphärische Treibhausgase, unter anderem erzeugt durch den wachsenden Energiebedarf in Industrienationen, führen auch im südlichen Afrika zu ansteigenden Temperaturen sowie vermehrt zu Überschwemmungen, Wirbelstürmen und Dürren. Sollte der Extremfall eintreffen, steigen in Afrika die Temperaturen bis 2100 um 3° bis 6° C. Diese Veränderungen wirken sich negativ auf die Bevölkerung und die Umwelt aus. Küstenregionen sowie die Inselstaaten Mauritius, Madagaskar und die Seychellen sehen sich mit Meeresspiegelanstieg, Korallensterben und zunehmender Küstenerosion konfrontiert. Ländliche Regionen leiden unter Wassermangel und daraus resultierenden Ernährungsunsicherheiten und gesundheitliche Risiken. Landwirtschaftliche Erzeugnisse, Infrastruktur und die Biodiversität werden durch die zunehmende Intensität klimatischer Extremereignisse im südlichen Afrika zerstört. Das beeinträchtigt unmittelbar die Lebensgrundlagen insbesondere der ländlichen Bevölkerung.

 

Schutzgebiete
Naturbelassene Schutzgebiete leisten einen wirksamen Beitrag zu Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. Der internationalen Naturschutzunion IUCN zufolge werden global 15 Prozent der terrestrischen Kohlenstoffe in Naturschutzgebieten gespeichert. Grenzübergreifende Schutzgebiete in der SADC-Region dienen in erster Linie dem Erhalt der klimatisch wichtigen biologischen Vielfalt. Zudem minimieren intakte Wurzelsysteme der Vegetation in Schutzgebieten die Auswirkungen von Bodenerosion.


Die Mnazi Bay-Quirimbas Transfrontier Conservation Area im Norden Mosambiks ist in mehrfacher Hinsicht bedeutend – auch für das Nachbarland Tansania. Korallenriffe, Mangroven und Dünen blockieren in Küstenschutzgebieten durch natürliche Mechanismen Sturmfluten und befestigen zeitgleich umliegende Landmassen. Feuchtgebiete mit hoher Vegetationsdichte, wie in der Maloti Drakensberg Transfrontier Conservation and Development Area zwischen Südafrika und Lesotho, dienen als natürlicher Wasserspeicher. Die ausbleibende Belastung durch intensive Landwirtschaft führt außerdem zu einem verringerten Auftreten von Dürren und Desertifikation, was vorteilhaft ist für die sozio-ökonomische Entwicklung der ländlichen Bevölkerung im Umfeld der Schutzgebiete.
Schutzgebiete, für die Nachbarländer gemeinsam zuständig sind, haben politische und infrastrukturelle Vorteile. Die nötigen verwaltungstechnischen und finanziellen Kapazitäten sind in der Regel vorhanden und Verantwortungsbereiche für das kooperative Management der über Ländergrenzen hinweg existierenden Naturräume können aufgeteilt werden. Aufgrund des rechtlich anerkannten Status eines Schutzgebietes kann die Unversehrtheit des Ökosystems gewährleistet werden.


1999 wurde mit dem Kgalagadi Transfrontier Park das erste grenzübergreifende Schutzgebiet zwischen den Ländern Botswana und Südafrika errichtet. Konkret kooperieren das „Department of Wildlife and National Parks" in Botswana und „South African National Parks". Zusammen mit regionalen Organisationen, wie der südafrikanischen Peace Park Foundation, erstellen sie regelmäßig integrative Managementpläne mit gemeinsamen Zielen, zum Beispiel dem Erhalt der biologischen Vielfalt. Zu den Herausforderungen zählen extreme Dürren und ausbleibende Niederschläge. Sie führen zu Wassernotständen bei der lokalen Bevölkerung, unter anderem bei den ‡Khomani San, die in Teilen des Parks leben. Auf der botswanischen Seite wurden zusätzliche Brunnen für sie errichtet und Regenwasser mit angepassten, alternativen Methoden gespeichert.


Die SADC hat für alle grenzüberschreitenden Schutzgebiete regionale Protokolle, Strategien und Gesetze erlassen. Wegweisend ist der auf 15 Jahre ausgelegte „Regional Indicative Strategic Development Plan" (RISDP). Entwickelt wurde dieser im Jahr 2003, ein erster Fortschrittsbericht wurde im Jahr 2011 veröffentlicht. Gemeinsam mit dem „SADC Protocol on Wildlife Conservation and Law Enforcement" (1999), dem „SADC Protocol on Forestry" (2002), dem „SADC Protocol on Shared Water Courses" (2002) sowie dem „SADC Regional Biodiversity Strategy" (2006) beschreibt der RISDP die Potenziale grenzübergreifender Schutzgebiete und ihre Bedeutung für regionale Kooperationen: Neben dem nachhaltigen Ressourcenmanagement auch Möglichkeiten zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung für die lokale Bevölkerung.


Im südlichen Afrika existieren derzeit insgesamt 18 grenzübergreifende Schutzgebiete, unterteilt in drei Kategorien. Kategorie A erfasst grenzübergreifende Schutzgebiete mit bereits existierenden formellen und rechtlichen Vereinbarungen zwischen den beteiligten Regierungen. Länderüberschreitende Infrastruktur sowie Verwaltungsinstitutionen sind etabliert und kooperative Planungstreffen und Abstimmungen über das Parkmanagement finden regelmäßig statt.


Das weltweit größte grenzübergreifende Schutzgebiet, die „Kavango-Zambezi Transfrontier Conservation Area" (kurz: KAZA TFCA, ca. 520.000 km²), zählt zu dieser Kategorie. Seit 2011 treffen sich die zuständigen Minister für Umwelt, natürliche Ressourcen, „Wildlife" und Tourismus sowie technische Komitees der beteiligten Länder Angola, Botswana, Namibia, Sambia und Simbabwe. Gemeinsam fördern sie die freie Bewegung von Wildtieren und vor allem Aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel. In Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung, dem Parkmanagement, engagierten NRO und internationalen Organisationen werden Strategien zur Flächennutzungsplanung, Feuerschadensbegrenzung sowie alternativen Wasserressourcennutzung umgesetzt. Dabei ist es wichtig, Sprachdifferenzen zu überbrücken. Insgesamt leben zwei Millionen Menschen im Park und neben Portugiesisch und Englisch werden viele lokale Sprachen gesprochen. Offizielle Dokumente sind deshalb sowohl in Englisch als auch in Portugiesisch zugängig.

 

Neue Kooperationen
Kategorie B oder auch „Emerging TFCA" (engl. „neu entstehend") befinden sich im Prozess der informellen Verhandlung zwischen den zuständigen Regierungen der beteiligten Länder. Dazu ein Beispiel: Namibia und Angola unterzeichneten im August 2003 eine Absichtserklärung und errichteten mit dem Zusammenschluss von insgesamt vier Naturparks, einschließlich dem Iona National Park (Angola) und dem Skeleton Coast National Park (Namibia), die „Iona-Skeleton Coast Transfrontier Conservation Area". Eine Kooperation im Küstenzonenmanagement ist notwendig, denn der Meeresspiegelanstieg sowie leichte Temperaturveränderungen – hervorgerufen durch den Klimawandel – führen zum Rückgang und Aussterben einiger lokaler Fischarten. Betroffen ist die gesamte Westküste der zwei Nachbarländer, daher ist es besonders wichtig, den Informations- und Wissensaustausch zwischen Namibia und Angola zu stärken. Viel kann zurzeit nicht gegen das maritime Artenstreben und die Folgen des Klimawandels getan werden.


Die im Park liegenden Bezirke Kunene und Erongo zählen zu den Regionen mit der niedrigsten Bevölkerungsdichte in Namibia, auf knapp einen Quadratkilometer kommt ein Einwohner. Für den Erhalt der sensiblen lokalen Ökologie ist das von Vorteil, aber unterschiedliche Landessprachen der beiden Partner erschweren bislang die Kommunikation und parkinterne Infrastruktur ist kaum vorhanden. Dennoch gibt es Bestrebungen, die „Iona-Skeleton Coast Transfrontier Conservation Area" als Schutzgebiet zu formalisieren und entlang der Küste bis nach Südafrika zu erweitern.


Ein weiteres Beispiel für die Emerging TFCA: Um Kommunikationsbarrieren zu überwinden, hat die „Chimanimani Transfrontier Conservation Area" zwischen Mosambik und Simbabwe im Jahr 2014 das „Chimanimani Conservation Network" gegründet. Nicht-nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken und illegale Aktivitäten, wie Raubbau, traditionelle Brandrodung in der Landwirtschaft und lokaler Kleinbergbau, sind verantwortlich dafür, dass das Potenzial der natürlichen Kohlenstoffsenken innerhalb des Parks nicht ausreichend genutzt wird. Ziel des Netzwerkes ist es, den Austausch zwischen Vertretern aus Umweltschutz und Tourismus zu intensivieren. Initiativen zur Wiederherstellung von Ökosystemen, Förderung von nachhaltigem Ressourcenmanagement wie Permakultur, nachhaltigem Feuermanagement und Stärkung des Ökotourismus werden derzeit aktiv in der Region gefördert.


Vom „Chikukwa Permaculture Project" beispielsweise profitieren insgesamt 110 Haushalte der Chikukwa-Gemeinde auf simbabwischer Seite. Bis zu 5.000 Gemeindemitglieder bewirtschaften ihre Felder durch nachhaltige Permakultur und erreichen dadurch wesentlich höhere Ernten unterschiedlicher Gemüse- und Getreidesorten im Vergleich mit den Nachbarschaftsgemeinden Chakohwa und Chikwakwa. Ein weiteres Beispiel ist das „Working4Water"-Projekt. Die Frog & Fern Cottages beschäftigen lokale arbeitslose Jugendliche für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Es gibt viele Möglichkeiten zur Verbesserung des natürlichen Ressourcenmanagements auf lokaler Ebene, jedoch mangelt es häufig an der nötigen Finanzierung.


Die Kategorie C beschreibt konzeptuelle grenzübergreifende Schutzgebiete ohne offizielle Regierungsbeschlüsse. Teilweise bestehen schon kooperative Aktivitäten zwischen Ländern für den „Western Indian Ocean Transfrontier Marine Park". Die Inselstaaten Mauritius und Seychellen initiierten im Jahr 2013 ein gemeinsames Projekt zur Anpassung an den Klimawandel. Dazu zählten Aufklärungskampagnen zum Wiederaufbau von zerstörten Korallenriffen. Die unmittelbar betroffenen Gemeindemitglieder sowie lokale Schüler wurden für die negativen Einflüsse von Kohlenstoffemissionen auf das globale Klima und insbesondere das lokale maritime Ökosystem sensibilisiert, indem ein Bewusstsein für die Auswirkungen des Klimawandels geschaffen wurde. Im Frühjahr 2015 fand ein von der SADC unterstützter Schüleraustausch zwischen den Inselstaaten statt, bei dem die Schüler als heranwachsende Generation und zukünftige Entscheidungsträger der Inseln die Möglichkeit hatten, die Arbeitsbereiche der zuständigen Institutionen kennenzulernen und ihr Interesse für das maritime Insel-Ökosystem zu erhöhen.


SADCs grenzübergreifende Schutzgebiete bieten hervorragende Möglichkeiten, Initiativen zum Klimaschutz dauerhaft in der Region zu etablieren. Die größten Herausforderungen sind jedoch durch gesetzliche, politische, sozio-ökonomische und kulturelle Unterschiede in der Region begründet. Sie erschweren häufig die Zusammenarbeit zwischen den Ländern. Deshalb verfolgen viele grenzübergreifende Schutzgebiete Ziele, die an die jeweilige Region angepasst sind, wie ein Ende der Wilderei, Artenschutz, Einkommens- und Tourismusförderung. Die SADC versucht, die relevanten politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen der Länder durch regional geltende Richtlinien und Strategien anzugleichen. Der Prozess läuft jedoch eher schleppend. Regionale Akteure, wie die südafrikanische Peace Park Foundation, haben limitierte Handlungsoptionen, obwohl sie häufig auf lokaler Ebene in engerem Austausch mit der betroffenen Bevölkerung und dem Parkmanagement stehen. Endgültige Entscheidungen zu Planungen und Management liegen jedoch bei den jeweiligen Regierungen und sind damit von deren Interessen und Initiativen abhängig.


Janina Laurent

 

Die Autorin arbeitete mit regionalen und nationalen Organisationen bis vor kurzem zum Schutz von natürlichen Ressourcen in der SADC-Region.

http://www.sadc.int/themes/natural-resources/transfrontier-conservation-areas/
http://www.peaceparks.org/