Heft 6/2015, Klimadossier: Malawi

Klimawandel am Matiti-Fluss

SCHON HEUTE SIND DIE FOLGEN DES KLIMAWNADELS IN MALAWI SPÜRBAR. Während der letzten Regenzeit prassten gigantische Wassermassen auf das Land. Sie zerstörten Ernten und die Ernährungsgrundlage der ländlichen Bevölkerung. Die Entwicklungsorganisation Oxfam hat Menschen vor Ort nach ihren Erfahrungen und Auswegen gefragt.

 

Der Fluss Matiti, so erinnert sich Dyton Mateyu aus dem Dorf Makwinja, war schon immer Teil ihrer Gemeinde. In diesem Fluss konnten die Dorfbewohner baden, Wasser schöpfen und die Kleidung waschen. Sie hätten nie gedacht, dass sie ihn eines Tages auch für den Nahrungsmittelanbau nutzen müssten. Mateyu erzählt: „Als Bauer pflanzte ich den Mais während des ersten Regens im Dezember an. Ich ernte jährlich mindestens 40 Säcke, in guten Jahren sogar 60 Säcke. Noch nie zuvor habe ich mich darüber beklagt, nicht genug zu essen im Haus zu haben. Dann brach Anfang dieses Jahres die Hölle los. Zwischen dem 9. und 15. Januar strömte der Regen. Wege, Straßen und trockene Flussbetten verwandelten sich in ein Meer aus Leid. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen."

 

Keine Ernten
Die Niederschlagsmenge im Januar 2015 war viermal so hoch wie üblich, die Überschwemmungen vertrieben über 1,3 Millionen Menschen und hinterließen mehr als 670 Tote und hunderte Vermisste. Die Fluten spülten nicht nur Getreide und Vieh hinweg, sondern auch große Erdmassen und die Fische aus dem Fluss. Das Malawi Vulnerability Assessment Committee (MVAC) schätzte im Juni, dass von Oktober diesen Jahres bis März nächsten Jahres drei Millionen Menschen Hunger leiden werden. Um die Auswirkungen abzufedern, will die Regierung für 130 Millionen US-Dollar Mais in den Nachbarländern aufkaufen. Wenn Mateyu von diesen Plänen hört, kann er nur lachen: „Wie lange will sie das machen? Wir müssen lernen, uns an die Klimaveränderungen anzupassen. Diese Wettermuster werden wir nicht mehr los", sagt er.


Wie bei den meisten Bauern war Mateyus Feld voller Sand, all seine Maispflanzen wurden von den Wassermassen fortgerissen. Er bepflanzte das Feld erneut in der Hoffnung, die Wärme des Bodens nutzen zu können. Aber es half nichts. Der Regen war abgezogen. Die heiße Sonne hatte den Kampf gewonnen und seine Maispflanzen vertrockneten. Ab März setzte die Trockenheit ein, die Experten als Dürre einstuften. „Meine Ernte bestand aus einem einzigen Sack Mais. Das ist in all meinen Jahren als Bauer noch nie vorgekommen", erklärt er. „Aber diese Tragödie hat uns gelehrt, neu zu überdenken, wie wir den Fluss nutzen. Denn er führt das ganze Jahr Wasser. Wir dachten darüber nach, wie wir an den Flussufern Mais und Gemüse anbauen können, das bis zur nächsten Anbausaison ausreicht."

 

Mut zu Veränderungen
Gemeinsam mit der Catholic Development Commission starten die Dorfbewohner ein Bewässerungsprojekt, das sie an die lokalen Bedingungen anpassten. Im Rahmen des Projekts wurden Mateyu und fünfzig Andere in der Bewässerungstechnik mit Tretpumpen geschult. Danach erhielten sie fünf Tretpumpen, um ein großes Feuchtgebiet zu bewässern. Starthilfen wie Saatgut und Dünger sollten den dortigen Anbau erleichtern. Auch Dorothy Kansungwi nahm an den Schulungen teil und setzt nun eine Tretpumpe für ihren Mais- und Gemüseanbau ein. Sie ist vom Erfolg überzeugt, denn von der erzielten Ernte konnte sie sogar schon etwas verkaufen. Das Geld will sie für die Schulbildung ihrer drei Kinder verwenden. Sie weiß: „Der Fluss hat uns immer begleitet. Nicht der Wassermangel war unser Problem. Wir haben zwar früher mit Schläuchen und Wasserkanistern unsere Gärten in der Trockenzeit bewässert, aber diese Pumpen sind viel effizienter." Dorothy Kansungwi, Dyton Mateyu und alle anderen Dorfbewohner, die beim Projekt mitmachen, sind stolz, dass sie dank ihrer eigenen Initiative nicht auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Zudem zeigen die Menschen am Matiti-Fluss, dass Bewässerungsprojekte keineswegs komplizierte Maschinen erfordern, sondern Entwicklungszusammenarbeit mit angepasster Technologie möglich ist. Ihre Innovationsinteressen und aktive Mitwirkung sind vorbildlich. So können Kleinbauern den Auswirkungen des Klimawandels besser begegnen.


Ephraim Nyondo

 

Der Autor ist Umweltjournalist für Nation Publication Limited (NPL), das größte Printmedienhaus Malawis.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Oxfam Deutschland.