Heft 6/2015, Klimadossier: Mosambik

Zwischen Überschwemmung und Trockenheit

SIND DIE ÜBERSCHWEMMUNGEN IN MOSAMBIK AUSDRUCK DES KLIMAWANDELS? Basierend auf internationalen Abkommen fließen immer mehr Fördergelder in Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen. Kann die internationale Entwicklungszusammenarbeit damit die anscheinend zunehmenden Naturgewalten bändigen?

 

Mittlerweile hört man fast jährlich von neuen Katastrophen in verschiedenen Regionen Mosambiks. Meist sind es Überschwemmungen. Im Jahr 2000 gab es die verheerende Überschwemmung des Sambesi, über die weltweit berichtet wurde. In den letzten Jahren traten der Limpopo in Chókwè (Gaza) in 2013 und der Rio Licungo in Mocuba (Zambézia) über die Ufer. Dörfer und wichtige Verkehrswege wurden zerstört, Menschen starben durch die Fluten oder durch folgende Krankheiten und Tausende verloren ihr Hab und Gut.

 

Von „Natur aus" gefährdet
Bereits ein Blick auf die Karte zeigt, in welchem Maße Mosambik vom Element Wasser geprägt ist. Mit einer ca. 2.500 km langen Küste bestimmt der Indische Ozean das Leben der größeren Hafenstädte und zahlreicher Fischerdörfer. Aber auch die in Mosambik mündenden transnationalen Flüsse sind Lebensquelle einer Vielzahl von Dörfern und Städten, deren Bewohner an den fruchtbaren Flussufern siedeln, wo sie ihre Felder bewässern und vom Fischfang leben können.


Fluch und Segen – das trifft sowohl auf das Meer wie auch die Flüsse zu, denn die geographische Lage des Landes bringt erhöhte Naturgefahren mit sich. Zyklone und Sturmfluten bedrohen die Küstengebiete, während im Landesinneren verstärkt Hochwasser- und Dürrerisiken bestehen. Jedoch ist es oftmals menschliches Einwirken, welches diese Gefahren um ein Vielfaches verstärkt. An den Küsten werden schützende Dünen bebaut und Mangrovenwälder abgeholzt. Flüsse werden intensiv für die Landwirtschaft und zur Energiegewinnung genutzt, ohne länderübergreifende Abstimmung. So wird der Sambesi auf seinem Weg von Angola bis nach Mosambik mehrfach durch Dämme aufgestaut, die bei vollen Pegelständen geöffnet werden und die Wassermassen Richtung Mosambik leiten. Dort kommt es schließlich im Zusammenspiel mit anderen Wasserläufen, wie dem Shire aus Malawi, zu Überschwemmungen.


Das andere Extrem stellt die intensive Nutzung der Flüsse für die industrielle Landwirtschaft dar, insbesondere zur Trockenzeit. Das Wasser des Limpopo sichert zwar die Ernteerträge der Obst- und Gemüseplantagen in Südafrika, in Mosambik ist jedoch im August nur noch ein trockenes Flussbett vorzufinden.

 

Klimawandel in vollem Gang
Dass der Klimawandel bereits Realität ist, bezweifelt heutzutage kaum jemand. Auch die Bäuerinnen und Bauern in abgelegenen Dörfern Mosambiks wissen über das Radio oder von Organisationen davon und bestätigen: Das Klima ändert sich, die Regenperioden sind jetzt unberechenbar und die Trockenzeiten extremer als zuvor. Wo Familien fast ausschließlich Subsistenzlandwirtschaft betreiben, kann der Verlust einer Ernte bereits zu Mangelernährung führen.


Eine nationale Studie zeigt auf, dass die Maximaltemperaturen zwischen 1960 und 2005 im Norden des Landes bis zu 1,15 C° gestiegen sind. Eine weitere Studie vergleicht die Perioden 1980-1993 und 1994-2007 und stellt fest: Die Meeresoberflächentemperatur stieg um 0,12?C an und die Anzahl tropischer Zyklone nahm von 36 auf 56 zu. Hinzu kommt der Anstieg des Meeresspiegels, der mit 20-50 cm bis 2100 prognostiziert wird.


Was auf den ersten Blick wenig dramatisch wirkt, hat schwerwiegende Folgen. Der Temperaturanstieg verändert die Wettermuster (Regen- und Trockenzeit) und erhöht die Zahl von Wetterextremen, wie Zyklone, Starkregen und Dürre. Ein höherer Meeresspiegel ist in Kombination mit extremen Wetterereignissen und Küstenerosion eine reale Bedrohung für viele Küstenstädte. In Maputo, Beira und Quelimane erzeugen Sturmfluten bereits jetzt regelmäßig Schäden an ufernaher Infrastruktur. Meerwasser dringt in niedrig gelegene Siedlungsgebiete ein, wo es durch den hohen Grundwasserspiegel nicht mehr abfließen kann und zu Überschwemmungen und Staunässe führt.


Die ländlichen Gebiete sind insbesondere durch unregelmäßige sowie extreme Niederschläge bedroht. Fragt man die Bäuerinnen und Bauern vor Ort, sind sie oft ratlos, ob sie noch den gewohnten Anbauzeiten folgen können, da der Regen mittlerweile oft später und sehr intensiv einsetzt. Zwar gibt es in der Landwirtschaft keine Garantie auf gute Erträge, doch ältere Generationen behaupten, dass es in den letzten Jahren auffällig viele Ernteeinbußen durch zu starke oder mangelnde Niederschläge gegeben hätte.

 

Rehabilitierung des Rio Chiveve
Die Küstenstadt Beira gilt als eine der am meisten vom Klimawandel gefährdeten Städte entlang der ostafrikanischen Küste. Mit über 550.000 Einwohnern und einem der wichtigsten Häfen des Landes ist Beira ein wirtschaftliches Zentrum, das kontinuierlich wächst. Einst im sumpfigen Delta des Pungue-Flusses erbaut, liegen große Teile der Stadt in niedrigen Lagen, knapp über dem Meeres- und Grundwasserspiegel. Während der Regenzeit stellt daher die Entwässerung eine große Herausforderung dar. Informelle Siedlungen, die oftmals in Risikogebieten entstehen, ohne Anschluss an das öffentliche Kanalnetz, sind in der Regenzeit regelmäßig von Überschwemmungen betroffen. Neben Schäden an Eigentum führt das stehende Wasser auch zu Gesundheitsproblemen mit erhöhten Durchfallerkrankungen und Malariafällen, sogar Choleraausbrüchen.


Der Rio Chiveve funktionierte bis in die 70er-Jahre hinein als ein wichtiges natürliches Entwässerungssystem. Nachdem die Flussmündung verschüttet wurde, verschlammte das Flussbett und das mangrovenbewachsene Ufer verkam zu einer Abfalldeponie. Im oberen Flusslauf entstanden informelle und formelle Siedlungen in Überschwemmungsgebieten.


Die Rehabilitierung des Chiveve wurde zu einer prioritären Klimaanpassungsmaßnahme der Stadt und die Finanzierung durch die KfW-Entwicklungsbank sichergestellt. Die Baumaßnahme umfasst in einem ersten Schritt das Ausbaggern von Schlamm und Abfall im Flussbett. Ein Gezeitenbauwerk soll den Schutz vor Sturmfluten erhöhen. Um das Funktionieren des Flusses und seinen Nutzen auch langfristig zu gewährleisten, werden Aufforstungen der Mangroven vorgenommen. Das wird von einer dezentralen Abfallsammlung und Regenentwässerung im angrenzenden informellen Viertel Goto unterstützt.


Ziel des Projektes ist es, die angrenzenden Gebiete des Flusses langfristig vor Überschwemmungen zu schützen. In einer zweiten Phase sollen die Grünflächen um den Fluss als öffentliche Parkanlagen aufgewertet werden. Durch Mangroven- und Feuchtgebiete soll im Stadtzentrum ein verbessertes Mikroklima erzeugt, die Biodiversität gefördert und ein wichtiger Naherholungsraum geschaffen werden. Schon jetzt hat das Projekt Pilotcharakter.

 

UN-Pilotprogramm
Das „Gemeinsame Pilotprogramm der UN zum Umweltmainstreaming und zur Anpassung an den Klimawandel" wurde bereits 2012 abgeschlossen und dient als Erfahrungsquelle für zukünftige Maßnahmen in diesem Bereich. Durch die Einbindung verschiedener UN-Organisationen und Ministerien wurde versucht, einen umfassenden Ansatz der Klimaanpassung zu ermöglichen. Der Distrikt Chicualacuala in der Provinz Gaza wurde zur Fallstudie, um eine Reihe an Anpassungsmaßnahmen mit der Distriktverwaltung und ausgewählten Gemeinden durchzuführen.


Chicualacuala ist mit seinem semi-ariden Klima einer der besonders stark vom Klimawandel betroffenen Distrikte Mosambiks. Die lokale Bevölkerung lebt fast ausschließlich von Landwirtschaft und Viehzucht. Der Zugang zu Wasser ist im gesamten Distrikt beschränkt und es werden metertiefe Wasserlöcher in die harte Erde gegraben, um an das kostbare Gut zu gelangen. Der Limpopo-Fluss zieht sich durch den Distrikt, jedoch ist zur Trockenzeit nur ein sandiges Bett zu sehen. Aufgrund der Wasserknappheit ist es der Bevölkerung unmöglich, das gesamte Jahr von der Landwirtschaft zu überleben. Auch hier bestätigen die Bäuerinnen und Bauern, dass sich das Klima ändert – es sind vor allem die Dürreperioden, die länger andauern. Als Bewältigungsstrategie werden Wälder für Holzkohle gerodet, Weideflächen öfter gewechselt und Seen von Mensch und Tier gemeinsam als Wasserquelle genutzt.


Das Pilotprogramm hatte das Ziel, durch positive Anpassungsmaßnahmen in den Bereichen nachhaltige Landwirtschaft, Agroforstwirtschaft und Wassermanagement, die Lebensgrundlage der Bevölkerung zu sichern. Es wurden Trainings mit Subsistenzbauern und –bäuerinnen zur Feldwirtschaft und Weiterverarbeitung der Ernteerträge durchgeführt, solar- und handbetriebene Brunnen installiert, innovative Bewässerungssysteme eingeführt, alternative Einkommensquellen durch Bienenzucht und der Herstellung von Milchprodukten geschaffen und die Regenwassersammlung in Haushalten und Schulen verbreitet.


Die Zusammenarbeit einer solchen Vielzahl an Institutionen war nicht einfach. Das Projekt lieferte wichtige Erkenntnisse. Es zeigte, dass es mehrere Jahre dauert, bis neue Technologien in den traditionell geprägten ländlichen Gemeinden Fuß fassen. Da das Wohl der einzelnen Familien vom Erfolg neuer Strategien abhängt, ist die Skepsis zunächst groß. Schließlich stellen sich nicht alle innovativen Techniken als praktisch umsetzbar heraus. Eine weitere Herausforderung ist, wie die Interessen der besonders vulnerablen Bevölkerung gewahrt werden können. Das Projekt erbrachte vielversprechende Ansätze, die ausführlich dokumentiert sind.


Bianca Reichel

 

Die Autorin arbeitete von 2008 bis 2014 in Mosambik, zunächst für die GTZ und dann selbständig als Beraterin im Bereich Katastrophenvorsorge und Klimaanpassung. Seit 2014 begleitet sie als Projektmanagerin von CES Consulting Engineers Salzgitter u.a. das Klimaanpassungsprojekt der KfW in Beira.
Ihr hier leicht gekürzter Beitrag erscheint in voller Länge im Mosambik-Rundbrief 91.