Heft 6/2017, Editorial

Skepsis oder Hoffnungsschimmer?

MOSAMBIKS ERSTER PRÄSIDENT SAMORA MACHEL HATTE VOR IHM GEWARNT – ROBERT GABRIEL MUGABE. Wo stünde Simbabwe heute, hätten die Vertreter des simbabwischen Widerstands gegen das weiße Siedlerregime die warnenden Worte Machels ernst genommen? Robert Mugabe „liebt das Rampenlicht und widersetzt sich der Einheit", soll Machel 1976 bei einem Treffen der Kommandostrukturen der mosambikanischen Befreiungsbewegung Frelimo und der Zimbabwe People's Army Zipa gesagt haben. Machel sei angewidert von seinem Stuhl aufgesprungen, als er hörte, dass Mugabe auf Platz eins der Kandidatenliste für die Führung der Befreiungsbewegung aufgenommen wurde, berichten Zeitzeugen. Machel musste damals klein beigeben, mit Tricks und Spaltungsmanövern setzte sich Mugabe gegen alle Bedenkenträger durch.
Dem mosambikanischen Präsidenten blieb es unter tragischen Umständen „erspart", den Verführungen einer lange anhaltenden Machtausübung zu erliegen. Er kam bei einem vermutlich von Südafrikas Militär verursachten Flugzeugabsturz 1986 ums Leben. Robert Mugabe aber gehörte zu den afrikanischen Führern, die ihren selbsternannten Anspruch auf eine Präsidentschaft auf Lebenszeit unter Ausbootung aller Widersacher durchdrückten und recht bald zum Despoten mutierten. Die Machtkämpfe innerhalb der Zanu-PF um seine Nachfolge tobten seit Jahren, ebenso oft wurde über seinen Abgang oder sein Ableben spekuliert. Wie es nun doch dazu kam, dass der kurz zuvor von ihm entmachtete Vize-Präsident Emmerson Mnangagwa mit Hilfe des Militärs die Reißleine zog, Mugabe unter Hausarrest stellen ließ und am Ende seine Nachfolge antreten konnte, können Sie in dieser Ausgabe von afrika süd nachlesen.
Jetzt also Mnangagwa, der einst engste Vertraute von Mugabe. Er wurde am 24. November zum neuen Präsidenten Simbabwes vereidigt. Der oberste Armeechef und der Polizeioberste wohnten der Zeremonie bei. Das sind keine Zeichen für einen Neuanfang, eher ein Weiterso mit einem Großteil der alten Herrscherclique, „bereinigt" um den für Simbabwes Partner im Westen unberechenbaren Ansprechpartner Mugabe. Wie Recht der Menschenrechtsanwalt David Coltart, Oppositionsmitglied im Senat, damit hat, überschäumende Euphorie zu bremsen, bestätigte sich, als Mnangagwa seine neue Regierung vorstellte. Neben umstrittenen Funktionären der Zanu-PF berief er verschiedene Militärs und Kriegsveteranen in sein Kabinett, darunter den Luftwaffenchef Perence Shiri, der im Auftrag von Mugabe am Massenmord an simbabwischen Zivilisten in den 1980er-Jahren beteiligt gewesen sein soll. Und auch die Ernennung von Generalmajor Sibusiso Moyo zum Außenminister zeigt Mnangagwas enge Bindung an das Militär.
Mugabe wurde Straffreiheit zugesichert. Er kommt trotz all seiner Verbrechen ungeschoren davon. Etwa fünf Millionen Simbabwerinnen und Simbabwer sind unter seinem Regime in die Diaspora getrieben worden. Es sieht nicht so aus, als könnten sie sich eingeladen fühlen, beim Aufbau eines neuen Simbabwe zu helfen. Mnangagwa hat zwar versprochen, die für 2018 geplanten Wahlen abzuhalten. Doch bis dahin ist Skepsis über die politische Entwicklung angesagt, ähnlich wie in der DR Kongo, wo jetzt endlich auf massiven Druck der US-Regierung – einem wichtigen Geldgeber für die Wahlfinanzierung – ein Wahltermin für Dezember kommenden Jahres angekündigt wurde.
Doch vielleicht sollte man auch Mnangagwa eine Schonfrist einräumen. So mancher neu angetretene Präsident hat zumindest in seiner Anfangszeit überrascht. So zeigte etwa ein John Magufuli als neuer Präsident Tansanias erfrischenden Elan im Dialog mit der Bevölkerung und im Kampf gegen Korruption. Nach zwei Amtsjahren scheint er allerdings sein Pulver verbraucht zu haben. Die Tendenz geht in Tansania eher wieder Richtung Autoritarismus.
Nun kommt ausgerechnet aus Luanda ein neuer Hoffnungsschimmer: Ebenso lange wie Mugabe an der Macht, war Präsident José Eduardo dos Santos zu den Wahlen von August 2017 nicht mehr angetreten. Sein Schützling João Lourenço trat seine Nachfolge an. Zu Gunsten der regierenden MPLA manipulierte Wahlen ließen wenig Gutes erwarten. Doch Lourenço widerlegt alle Skeptiker: Er löste das Propagandainstitut im Präsidentenamt auf und ist dabei, das Familienimperium seines Vorgängers zu zerschlagen. Dessen Tochter Isabel dos Santos hat den Chefposten des Ölkonzerns Sonangol verloren. Ein neuer politischer Diskurs konzentriert sich auf den Kampf gegen Korruption, Geldwäsche, Vetternwirtschaft und Straflosigkeit. Die Menschen auf der Straße fühlen sich ermutigt, ihre Rechte geltend zu machen, die Zivilgesellschaft fasst neuen Mut. Und eine verunsicherte MPLA weiß nicht, ob sie dem Noch-Parteivorsitzenden dos Santos oder dem neuen Staatspräsidenten folgen soll.
Und Zuma, Südafrikas verhasster Staatsführer? Wie wird der ANC-Parteitag am 18. Dezember entscheiden, wo die Weichen für die Präsidentschsaftswahlen vpn 2019 gestellt werden? Wenn Sie diese Ausgabe von afrika süd in Ihren Händen halten, werden Sie es aus der Presse erfahren haben. Hoffen wir auf ein 2018, in dem die Menschen im südlichen Afrika mehr als nur aufatmen können.
Lothar Berger