EIN INTERVIEW MIT DEM ANGOLANISCHEN PRÄSIDENTEN JOÃO LOURENÇO
Im August 2017 wurde João Lourenço zum Präsidenten Angolas gewählt: Er setzte – kaum im Amt – eine Welle von Reformen in Gang, die nach 38 Jahren Regierungszeit die Macht des Clans seines Vorgängers José Eduardo dos Santos in Frage stellen. Vor seinem ersten offiziellen Besuch in Portugal im November gab Lourenço der portugiesischen Wochenzeitung „Expresso" ein langes Interview, in dem er auf die schwere Last, die er von seinem Vorgänger geerbt hat, eingeht und auf die Wege zur Überwindung der verheerenden Krise in Angola hinweist. Wir bringen Auszüge aus dem Interview.
José Eduardo dos Santos hat privat sein Bedauern darüber geäußert, Ihren Namen als seinen Nachfolger genannt zu haben.
Wenn die Aussage stimmt, muss die Frage nicht an mich, sondern an ihn gestellt werden. Vielleicht kann er rechtfertigen, warum er dieses Gefühl hat.
Fühlen Sie sich von ihm verraten?
Reden Sie mir nicht von Verrat. Diejenigen, die das Vaterland betrogen haben, sind bekannt, die Nation kennt sie, weiß, wer sie sind und was sie getan haben. ...
Das Interview führte Gustavo Costa, Expresso, 17. November 2018
Übersetzt aus dem Portugiesischen von Teresa Sande
https://expresso.sapo.pt/politica/2018-11-21-Joao-Lourenco-em-entrevista-ao-Expresso-Sao-conhecidos-os-que-trairam-a-patria#gs.u4xu6Gg
Zerwürfnis zwischen Lourenço und dos Santos
Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Konflikt zwischen José Eduardo dos Santos und seinem Nachfolger öffentlich ausgetragen würde. Kaum hatte Lourenço dos Santos in dem viel beachteten Expresso-Interview vorgeworfen, das Land heruntergewirtschaftet zu haben, setzte sich dieser zur Wehr und ging am 21. November in die Gegenoffensive: Es sei eine Lüge, dass die Staatskassen leer gewesen seien, als er im September 2017 die Amtsgeschäfte übergeben habe.
Das Santos hatte während seiner langen Amtszeit akribisch daran gearbeitet, die Schaltstellen des Regimes auf seinen Familien-Clan hin zuzuschneiden. Seine Kinder wurden alle in Schlüsselposten gehievt: Isabel dos Santos wurde Direktorin der staatlichen Erdölgesellschaft Sonangol, Sohn José Filomeno dos Santos bekam den Chefposten des angolanischen Staatsfonds und auch die anderen Kinder erhielten privilegierte Posten. Mit der Verfassungsänderung von 2010 verschaffte sich dos Santos genau die Vollmachten als Staatspräsident, die sein Nachfolger João Lourenço nun gegen ihn ausspielt – eine „Art Vatermord", wie Didier Péclard in welt-sichten 12/2018 es formuliert. Dos Santos mag von der Dynamik und Konsequenz, mit der Lourenço sein Familienimperium zerstört, überrascht gewesen sein.
Das Zerwürfnis zwischen beiden kommentiert der Analyst Alexandre Solombe gegenüber der Deutschen Welle (26.11.2018): „José Eduardo dos Santos strickt an seiner Legende: nämlich, dass unter seiner Regentschaft alles besser gewesen sei. Dabei wissen wir alle, dass sich die Lage des Landes gegen Ende seiner Regentschaft dramatisch zugespitzt hatte."
Bis zum 22. Dezember hat die Regierung Schonfrist für Täter eingeräumt, illegal ins Ausland geschaffene Gelder zurück zu transferieren. Danach könnte auch Isabel dos Santos angeklagt werden. Kurz vor ihrer Entlassung soll sie mehr als 135 Millionen US-Dollar von Sonangol abgezweigt und mit Hilfe der portugiesischen Bank BIC, an der sie zu 42,5 Prozent beteiligt ist, das Geld auf Konten von vier ihrer Privatunternehmen transferiert haben. Ihr Bruder Filomeno sitzt bereits seit dem 24. September wegen Geldwäsche in Untersuchungshaft.