Heft 6/2018, Malawi

Gegenseitige Schuldzuweisung

DER ILLEGALE HOLZEINSCHLAG BEDROHT MALAWIS WÄLDER. Der Vorwurf richtet sich an die Forstbehörde des Landes, den Raubbau am Holz zu begünstigen. Die Justiz verhängt gegen illegale Holzfäller viel zu milde Urteile, schiebt die Verantwortung aber auf entsprechend lasche Gesetze. Parlamentsabgeordnete und ein zivilgesellschaftliches Netzwerk versuchen, auf eine veränderte Politik zur Rettung des Waldbestandes hinzuwirken.

Überfordert und überwältigt von der Nachfrage nach gebrannten Ziegeln aus der Bauindustrie, überlegt die Regierung von Malawi, ein Gesetz zu formulieren, das die Verwendung gebrannter Ziegel verbietet. Das vorgeschlagene Gesetz sieht auch harte Strafen für illegale Holzfäller und Holzverarbeiter vor. Dies gab der stellvertretende Minister für natürliche Ressourcen, Energie und Bergbau, Werani Chilenga, als Antwort auf die Frage bekannt, was die Regierung unternehme, um die Umweltzerstörung zu bekämpfen.

Es steht außer Diskussion und Debatte, dass Malawi, genau wie andere Länder weltweit, die größten Schäden an seinen natürlichen Ressourcen, insbesondere an natürlichen Bäumen, erleidet. Der illegale Holzeinschlag ist ein allgegenwärtiges und weit verbreitetes Problem im Land, das den Wald massiv beschädigt und der Regierung die dringend benötigten Einnahmen für verschiedene soziale und wirtschaftliche Entwicklungsprojekte raubt.

Das Problem veranlasste einen Parlamentsausschuss Anfang Juli, einige der wichtigsten natürlichen und künstlichen Wälder zu besichtigen, um die Herausforderungen für die Forstwirtschaft zu erkennen und einzuschätzen. Ziel ist es, eine dauerhafte Lösung für die Probleme zu finden, die zum Aussterben der Wälder führen, insbesondere beim illegalen Holzeinschlag und der Holzverarbeitung.

Die Tour führte die überwiegend jungen Parlamentsmitglieder der Malawi Congress Party (MCP), der People's Party (PP), der Democratic Progressive Party (DPP), unabhängige Abgeordnete und Journalisten unter anderen zu Viphya Plantations Limited, Luwawa, Raiply und Mazamba Forests. Die Ausschussmitglieder besuchten dabei auch den unter Chikangawa Plantations Limited und dem Holzverarbeiter Raiply Malawi Limited (RML) stehenden Forst von Chikangawa, um die Ursachen zu ermitteln, die den Raubbau am größten künstlich aufgeforsteten Wald des Landes begünstigen. Die Delegation stieß bei ihrer Ankunft auf vereinzelte Aschenhügel und eilig errichtete trapezförmige Holzhütten.

Werani Chilenga, der sich als Abgeordneter der People's Party für Chitipa South seiner Partei entfremdet hat, meint, er habe den Eindruck, dass die Forstbehörde im Mittelpunk der Problematik stehe. Nach seinen Beobachtungen habe zwar die Besorgnis der verschiedenen Akteure und Interessengruppen zugenommen, es fehle jedoch generell an entsprechendem Engagement, gegen die Täter vorzugehen. „Das ist sehr enttäuschend. Wir wurden durch die Wälder geführt und die schwere Zerstörung des Waldes wurde uns dabei gewahr. Wir haben gesehen, dass selbst junge Bäume zum Sägen gefällt werden. Beamte der Forstverwaltung stehen dabei in vorderster Linie, den illegalen Holzeinschlag und das Zersägen zu begünstigen", meint Chilenga.

Widerstandsfähigkeit gegen Klimawandel
Örtliche Umweltexperten wie Julius Ng'oma führen eine Reihe von Faktoren an, die zu diesem Problem beitragen, darunter illegaler Holzeinschlag sowie die wachsende Nachfrage nach Brennholz zum Kochen und Ziegelbrennen. Ng'oma ist der amtierende nationale Direktor des Netzwerks der Zivilgesellschaft zum Klimawandel (Civil Society Network on Climate Change, CISONECC). Das Netzwerk arbeitet zusammen mit: Trocaire über das Resource Rights Programme, das von Irish Aid unterstützt wird; Care Malawi durch das Projekt „Civil Society Organisations (CSOs) Readiness for the Green Climate Fund (GCF)", das u.a. von Care und Germanwatch unterstützt wird; Danish Curch Aid und der Volunteer Services Organisation (VSO).

Die Vision des Netzwerkes ist es, gegen die Auswirkungen des Klimawandels widerstandsfähige Gemeinschaften durch eine Zusammenarbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen (CSOs) aufzubauen, um durch Lobbyarbeit, Forschung und Vernetzung eine gewünschte Veränderung politischer Praktiken und Einstellungen zu beeinflussen.

Laut Ng'oma beruht die Nachfrage nach Feuerholz und gebrannten Ziegeln auf der rasanten Geschwindigkeit, mit der die Überbevölkerung entgegen den Bemühungen, das Land zu regenerieren, wächst. „Die menschliche Bevölkerung ist nach wie vor das dringlichste Umweltproblem. Sie verstärkt im Stillen die Kräfte der globalen Erderwärmung, der Umweltverschmutzung, des Verlusts von Lebensräumen, des sechsten großen Massenaussterbens, der intensiven Landwirtschaft und des Verbrauchs endlicher natürlicher Ressourcen und fossiler Brennstoffe in einer Schnelligkeit, die ihre Regenerationsraten überschreitet", erklärt er.

Chilenga, der vor seiner Berufung in das Kabinett Vorsitzender des Parlamentarischen Ausschusses für natürliche Ressourcen und Klimawandel war, glaubt jedoch, dass leitende Beamte seines Ministeriums die Hauptverursacher des illegalen Holzeinschlags und der Ernte junger Bäume in den Wäldern des Landes sind. Seiner Meinung nach erteilen die Beamten Lizenzen an illegale Holzfäller und -verarbeiter, wobei die Bedenken der Öffentlichkeit hinsichtlich der Erschöpfung der natürlichen und künstlichen Wälder völlig missachtet würden.

„Das ist wirklich frustrierend. Bei unserem letzten Besuch durch Viphya Plantation Limited und Raiply Malawi Limited im Norden Malawis stellten wir fest, dass unser verbleibender Wald schweren Schaden genommen hat. Wir konnten selbst sehen, wie sogar junge Bäume zum Sägen gefällt wurden. Beamte der Forstbehörde stehen an vorderster Front, um das illegale Abholzen und Zersägen zu unterstützen", sagt er.

Verantwortung der Justiz
Der stellvertretende Forstdirektor Teddie Kamoto versucht jedoch, sein Ministerium zu entlasten, indem er die Justiz verantwortlich macht. So bezichtigt er diese, milde Strafen gegen illegale Betreiber verhängt zu haben, die festgenommen, vor Gericht gestellt und für schuldig befunden wurden. Kamoto macht geltend, dass die von der Justizbehörde in der Regel zugunsten illegaler Holzfäller erlassenen Verfügungen die Bemühungen der Forstbehörde zur Beseitigung der Missbräuche vereiteln. „Gerichte haben ihre eigene Position. Wenn Sie einige der vor Gericht gebrachten Fälle sehen, würden Sie schreien angesichts der gegen illegale Holzfäller verhängten milden Urteile", erklärt er.

Diese Argumente und Gegenargumente führen zu der Frage: Was tun die Behörden, um illegalen Holzeinschlag zu stoppen, der die Umweltzerstörung andauern lässt?

Der Parlamentsabgeordnete des Wahlbezirks Nkhata Bay Northwest und Mitglied des parlamentarischen Ausschusses für natürliche Ressourcen und Klimawandel, Commodious Leonard Nyirenda, ist der Ansicht, dass die Justiz bei der Lösungssuche gegen illegalen Holzeinschlag eine wesentliche Rolle spielt. Nyirenda weist darauf hin, dass die gegen illegales Abholzen verhängten milden Strafurteile alle Bemühungen für eine entschlossene Problembewältigung zunichte machen. Daher bestehe die Notwendigkeit, die Gerichte zu einer Strategie zu bewegen, abschreckende Strafen für Täter zu verhängen.

Der Abgeordnete Nyirenda meint, man wolle sich daher zunächst mit Justizbeamten und Richtern aus der nördlichen Region in Lilongwe treffen. Die Sorge des Ausschusses sei, dass die Gerichte trotz der wachsenden Bedenken der Öffentlichkeit über die Plünderung der Wälder keinen Einsatz beim Aufspüren von Gesetzlosigkeit in der Holzindustrie zu zeigen scheinen. „Die Gerichte fördern die Gesetzlosigkeit durch die milden Urteile gegen die Täter. Daher ist es der Wunsch der Parlamentsmitglieder, die Justiz einzubeziehen, um die Herausforderungen zu begreifen, die unsere Bemühungen im Umgang mit illegalen Holzfällern und -verarbeitern frustrieren", erklärt er.

Aber die Justiz spielt den Ball wieder an das Parlament zurück. Der ehemalige Justizsprecher Mlenga Mvula erklärte einmal, dass die „parlamentarischen Gesetze" dafür verantwortlich seien, dass gegen Personen, die wegen Verletzung des Forstgesetzes verurteilt wurden, milde Strafen verhängt würden. Mvula meint, die Justiz sei ebenso besorgt über die unbefriedigenden Strafen für illegale Holzfäller, weil sie der Nation eine ihrer wertvollsten Ressourcen berauben. „Aber uns sind die Hände gebunden, denn die geltenden Gesetze erlauben es uns nicht, harte Strafen zu verhängen. Dieses Treffen gibt uns daher die Möglichkeit, uns für eine Überprüfung der Gesetze einzusetzen", sagt er.

Der scheidende Chief Executive Officer von Raiply Malawi Limited, Thomas Oomen, betont die Notwendigkeit, die Revision der Forstgesetze zu beschleunigen, um das Problem anzugehen. Auch er sieht das Problem, dass die bestehenden Gesetze veraltet sind, so dass sie wirksames Vorgehen gegen illegalen Holzeinschlag und Holzverarbeitung vereiteln.

Watipaso Mzungu Junior

Der Autor ist freiberuflicher Journalist und Fotograf aus Lilongwe, Malawi