Der Expressionist Ngimbi Luve Bakambana wurde 1977 in Kinshasa, DR Kongo, geboren. Seine Ausbildung erfuhr er an der Akademie der Schönen Künste in Kinshasa und am Musikkonservatorium von Nanterre in Frankreich. Durch Farben drückt er in seinen Werken aus, was Worte in verbaler Kommunikation bedeuten.
Während der diesjährigen Biennale in Dakar, Senegal, hat er einige seiner Werke in der Galerie Atiss ausgestellt und sich mit der interdisziplinären Künstlerin Naomi Lulendo zum Gespräch getroffen. Sie selbst besitzt einen karibisch-kongolesisch-französischen Hintergrund und hat ebenfalls eine Ausbildung in den Schönen Künsten in Paris absolviert. Ihre Kunst bewegt sich von Malerei über Skulptur und Textil bis hin zu Druck. Es folgen Auszüge aus dem Gespräch, in dem Ngimbi Luve Bakambana beschreibt, wie die Geschichte Afrikas und kultureller Austausch seine farbintensiven und ausdrucksstarken Werke beeinflussen.
Naomi bittet Ngimbi, sich und seine Arbeit vorzustellen.
Ngimbi: Ich bin Ngimbi Luve Bakambana. Ich bin Plastischer Künstler, wenn ich das so sagen kann. Ich möchte mich aber auch gerne als Maler verstehen. In meiner Sprache würde man „Suniki" sagen. Das ist jemand, der Spuren für die kommenden Generationen hinterlässt. Das verstehe ich als die Mission der Künstler:innen zur Wahrnehmung des Kongo.
Naomi: Dann erzähl uns was von deiner Arbeit! Wir haben ja bereits vorab ein wenig miteinander gesprochen und da hast du erzählt, dass du immer viel für deine Werke in Vorbereitung recherchierst und auch deine eigene Identität miteinbringst.
Ngimbi: Es gab tatsächlich mehrere Etappen, die ich durchlaufen habe. Ich bin wie gesagt Maler, aber davor bin ich auch noch Zeichner. Ich habe also mit dem einen begonnen und habe mich entwickelt bis zum Künstler, zum Soniki. Viele junge Leute, die malen, hören damit wieder auf, weil man ihnen sagt, dass sie nicht gut darin sind. Sie wüssten nicht, wie man Farben richtig verwendet, und sie werden entmutigt. Aber ich habe weitergemacht und viele Einflüsse gesammelt. So habe ich die Akademie der Schönen Künste in Kinshasa besucht, die erste Kunstschule in Schwarzafrika. Und momentan arbeite ich zur Frage der kulturellen Identität. Fast allen afrikanischen Künstler:innen wird gesagt, dass sie sich besonders anstrengen müssen. Man beginnt zu malen und verschiedene Orte zu besuchen und wird von diesen beeinflusst. Man eignet sich bestimmte Dinge aus diesen unterschiedlichen Etappen und Kulturen an, aber mein Eindruck ist, dass oft nur jene von Anderswo geschätzt werden. Ist es immer nur der Andere, der Okzident, der zählt? Ich versuche in meiner Arbeit ein wenig dieses Echo des kulturellen Austauschs darzustellen. Wenn es um die Frage unserer kulturellen Identität geht...
Naomi: Unsere Kultur? Was meinst du damit genau?
Ngimbi: Die afrikanische Kultur. Wenn man das so sagen kann, dann spreche ich von der afrikanischen Kultur im Allgemeinen.
Naomi: Dein Verständnis der kulturellen Tradition wird also übertragen in deine malerischen Arbeiten sowie in deinen Darstellungen von Objekten und Kleidung.
Ngimbi: Oft kommen in meinen Werken Kleidung, Schuhe und andere Objekte vor, die man von Reisen mitbringen kann und die einen sentimentalen Wert besitzen können. Außerdem beschäftigen mich auch historische Pioniere. Denn es gibt eine afrikanische Eleganz, die sich in der Geschichte des Alten Ägypten wiederfindet. Dort finden sich zahlreiche Personen, die Europa kulturell beeinflusst haben, durch beispielsweise Musikinstrumente wie die Oud, die Verbreitung gefunden haben. Dies sind Gedanken, die ich mich zu navigieren bemühe, bevor natürlich auch noch die technischen Fragen der Arbeit Überlegung finden.
Naomi: Du wohnst momentan in Paris, aber du bist Afrikaner – genauer Kongolese und dort aufgewachsen. Kann man also sagen, dass du zwei verschiedene Kulturen innehast, europäisch und afrikanisch, und wie drückt sich das in deinen Arbeiten aus? Wie wird das übersetzt?
Ngimbi: Meine Werke sind immer eine Materialisierung einer Idee. Nehmen wir als Beispiel die Wax-Stoffe. Viele Leute glauben, dass diese Art von Tuch von uns, aus Afrika, kommt. Doch es ist ein wenig wie mit den Bierbrauereien. Sie sind von anderswo gekommen, haben sich bei uns niedergelassen, und nun trinkt ein Großteil der Leute ihre Produkte. Es gibt also wirtschaftliche Einflüsse hinter vielen Dingen, die als kulturell verstanden werden. Doch ein Künstler kann eigentlich wie ein Historiker verstanden werden. Du schreibst deine Geschichte nieder, dokumentierst, was geschieht, aus deiner eigenen Perspektive. Man kann sich also vorstellen, dass es in meiner Arbeit so etwas wie kulturelle Kreuzungen gibt. Es finden sich teilweise Einflüsse aus dem Okzident. Und man muss die aktuelle Lage hinterfragen und was zu ihr geführt hat. Man muss zum Beispiel die Kolonisierung nennen. Die Afrikaner:innen haben in Massen den Kontinent verlassen und sind nach Europa gegangen. Andererseits sind viele Europäer:innen nach Afrika gekommen. Und sie haben dort Dinge getan, die bis heute die kongolesische Mentalität beeinflussen. Das wird deutlich zum Beispiel in Hinsicht auf die Art und Weise, sich zu kleiden. Die Kolonisten wollten, dass sich die Kongoles:innen kleiden wie die Franzosen. Gleichzeitig gab es im Kongo aber auch eine bereits bestehende Kultur von Mode und anhand einiger Pioniere hat sich daraus der Dandyismus, der besonders auch durch amerikanische und britische Einflüsse mitgeprägt wurde, entwickelt. Das besteht fort. Daraus hat sich dann die Strömung der Sapeure entwickelt, die ihre Eigenarten aufweisen. Bei ihnen zählt nicht mehr die teure Marke von Kleidung, sondern es geht vielmehr um Farben, die etwas ausdrücken.
Marken sprechen zu Europäer:innen, aber hier spricht die Farbe! Das hat mir Inspiration verschafft und mich motiviert, zu überlegen, wie ich mich durch Farben ausdrücken kann. Ich habe also überlegt, wie es mir gelingen kann, all meine Kenntnisse erfolgreich zu jonglieren und etwas zu erschaffen... naja, man könnte vielleicht sagen, das fast einem Kuriositätenkabinett gleicht. Da sind so viele Einflüsse, künstlerisch und geschichtlich, aber auch der Einfluss der Erfahrung von Entfremdung und Erleuchtung. Ich beschäftige mich mit Fragen, die der Panafrikanist Cheikh Anta Diop aufgeworfen hat, mit den Einflüssen der Kolonisierung und des Sklavenhandels, mit Denkern aus dem Alten Ägypten und welche Bedeutung unsere Historiker für das Hier und Jetzt haben. Ich versuche dies mit Farben in eine Art Harmonie zu bringen und gleichzeitig aber auch nichts zu vereinfachen.
Naomi: Du hast ja schon über die Frage der Aneignung bzw. Wiederaneignung von Objekten gesprochen, wie z. B. bei den Wax-Stoffen, die von Afrika nach Europa gekommen, dort umgewandelt wurden und dann wieder zurückgekommen sind. Dann hast du von der Bedeutung von Farbe gesprochen und wie sie in Kleidung verwendet wird, das geht hin und her. Man erinnert sich, dass an Orten, die hauptsächlich von den Europäer:innen kolonisiert wurden, Farben eine enorme Bedeutung haben. Und in der Tat, als die Europäer:innen nach Afrika kamen, führten sie oft Kleiderordnungen ein, die ein wenig diese afrikanischen Besonderheiten mitaufgenommen haben. Also ist es interessant zu hören, dass die Objekte, die in den von dir erschaffenen Werken zu finden sind, auch diese symbolischen Wechselspiele beinhalten. Dabei wird eine Geschichte aufgegriffen und dieser etwas entgegnet.
Das Interview im französischen Originalton und in gesamter Länge ist zu finden unter https://www.wakhart.com/portfolio/ngimbi-luve-bakambana/
Wir bedanken uns für die Copyrightgenehmigung durch WakhArt, der senegalesischen Online-Kulturplattform.