DR Kongo

Der Krisenherd Afrikas

Marktplatz in Basankusu, Südostkongo, Foto: Fransish/Wikimedia

In jedem Handy steckt ein Stückchen Kongo. Das riesige Territorium war schon immer überreich an begehrten Rohstoffen. Anfangs war es Kautschuk, der zur Aneignung reizte. Heute sind es Coltan, Kupfer, Kobalt und seltene Erden, die hier in weltweit einmaliger Konzentration gefördert werden. Der Reichtum verhinderte eine demokratische Entwicklung des unabhängigen Kongo. Als sich Zaire in Demokratische Republik Kongo umbenannte, änderte sich daran nichts. Die Industriemächte protegierten Machthaber, die ihnen den Zugang zu den Rohstoffen garantierten, und nehmen bis heute Selbstbereicherung und Unterdrückung des kongolesischen Volkes in Kauf.
Heute gehört das Gebiet um die Großen Seen im Ostkongo zu den größten Krisenherden Afrikas.

Staat und Verwaltung

Offizielle Bezeichnung Republique Democratique du Congo; Republiki ya Kongó Demokratiki (Kikongo); Ditunga dia Kongu wa Mungalaata (Tschiluba); Repubilika ya Kongo ya Dimokalasi (Lingala); Jamhuri ya Kidemokrasia ya Kongo (Swahili); Demokratische Republik Kongo
Unabhängigkeit 30. Juni 1960 (von Belgien)
Fläche 2.344.858 km2
Landesnatur ausgedehntes zentrales Flussbecken (tiefliegendes Plateau), umrandet von einem schmalen Landstreifen aus tropischem Regenwald, Berge im Osten; tropisches Klima
Höchste Erhebung Pic Marguerite on Mont Ngaliema (Mount Stanley; 5110 m)
Küste 37 km
Umweltprobleme unerlaubte Jagd bedroht Wildtierpopulation, Wasserverschmutzung, Entwaldung, Bodenerosion; Mineralabbau verursacht Umweltzerstörung
Einwohnerzahl 105.044.646 (Juli 2021 geschätzt)
Bevölkerungsdichte 44,8 Einwohner pro km2 Landfläche (eig. Berechnungen)
Hauptstadt Kinshasa
Landessprachen Französisch (Amtssprache), Lingala (Lingua Franca,Verkehrssprache), Swahili, Kingwana, Kikongo, Tshiluba u.a.
Religionen Römisch-Katholisch 29,9 %, Protestanten 26,7 %, Kimbanguisten 2,8 %, andere Christen 36,5 %, Muslime 1,3 %, Anhänger traditioneller afrikanischer Religionen u.a. 1,2 %
Staatsform Präsidialrepublik
Verfassung 18. Februar 2006
Wahlrecht wahlberechtigt sind alle Bürger ab 18 Jahren
Exekutive Staatsoberhaupt: Präsident Félix Antoine Tshilombo Tshisekedi (seit 24. Januar 2019); Premierminister: Sylvestre Ilunga Ilunkamba (seit 20. Mai 2019)
Legislative

Zweikammernparlament: Senat (108 Sitze, von Provinzparlamenten gewählte Senatoren) und Nationalversammlung (500 Sitze, direkt gewählte Abgeordnete)

Parteien

Bündnis "Cap pour le changement": Union pour la démocratie et le progrès social-Tshisekedi (UDPS/Tshisekedi), Union pour la nation congolaise (UNC)

Bündnis "Front commun pour le Congo" (FCC): Parti du peuple pour la reconstruction et la démocratie (PPRD) u.a.

Bündnis "Lamuka": Engagement pour la Citoyenneté et le Développement (EciDe),Ensemble pour le changement (EPC), Congo Na Biso/Notre Congo (CNB), Mouvement de libération du Congo (MLC), Nouvel Elan

Rechtssystem basiert auf dem Belgischen Zivilrecht und dem traditionellen Recht
Justiz

Constitutional Court; Appeals Court; Council of State; High Military Court

Verwaltungsgliederung 26 Provinzen: Bas-Uele, Equateur, Haut-Katanga, Haut-Lomami, Haut-Uele, Ituri, Kasai, Kasai-Central, Kasai-Oriental, Kinshasa, Kongo Central, Kwango, Kwilu, Lomami, Lualaba, Mai-Ndombe, Maniema, Mongala, Nord-Kivu, Nord-Ubangi, Sankuru, Sud-Kivu, Sud-Ubangi, Tanganyika, Tshopo, Tshuapa
Internationale Mitgliedschaften UNO und Unterorganisationen; Afrikanische Organisation (AU); Entwicklungsgemeinschaft SADC; Handelsgemeinschaft COMESA; Afrika-Karibik-Pazifik-Staaten (AKP); Extrative Industries Transparency Initiative (EITI, suspendiert); Welthandelsorganisation (WTO); Internationaler Währungsfond (IMF); Weltbank
Internationale Länderkategorien LDC-Status
(9 der 16 SADC-Staaten gelten nach UN-Bestimmungen als Least Developed Countries (LDC) - „am wenigsten entwickelte Länder" - und bekommen besondere Mittelzuwendungen)

 

Wirtschaft

Währung 1 Kongolesischer Franc (CDF) = 100 Centimes
Wechselkurs

1 Euro = 2.346,90 CDF (12.04.2021)

aktueller Wechselkurs: OANDA


Export / Importgüter
- Wichtige Exportgüter Kupfer 49,8 %, Kobalt 23,4 %, Kupfererze 6,7 %, Rohöl 5,7 %, Kobalterze 2,5 %, Diamanten 2,9 %, Holz, Kaffee, Gasturbinen (OEC 2019)
- Wichtige Importgüter Medikamente 5 %, raffiniertes Erdöl 3,9 %, Schwefelsäure 2,5 %, Baumaschinen 2,1 %, Lieferwagen 2 % (OEC 2019)

Wichtige Handelspartner
- Export

China 53 %, VAE 10,7 %, Saudi-Arabien 6,4 %, Südkorea 4,9 %, Italien 3,5 %, Sambia 2,7 %, Thailand, Ägypten, Portugal (OEC 2019)

- Import

China 28,5 %, Südafrika 14,5 %, Sambia 12,4 %, Ruanda 5,1 %, Belgien 5 %, Indien 4,9 %, Niederlande 4,2 %, VAE 4 %, Namibia 2,3 %, Frankreich 2 %, Kenia 1,8 % (OEC 2019)


Infrastruktur
- Eisenbahn 4.007 km
- Straßen 153.373 km (davon 3047 km geteert)
- Pipeline

Gas: 37 km / Öl: 39 km

- Flugplätze 201 (davon 26 mit befestigten Start- und Landebahnen)
- Häfen Banana, Boma, Bukavu, Bumba, Goma, Kalemie, Kindu, Kinshasa, Kisangani, Matadi, Mbandaka

 

Weitere wirtschaftliche Indikatoren siehe Ländervergleich Wirtschaft
Soziale Indikatoren siehe Ländervergleich Soziales

Chronologie

Erste Besiedlung durch Bantuvölker

7000 bis 2000 v. Chr. Steinzeitliche Werkzeuge auf dem Territorium der heutigen Demokratischen Republik Kongo.
2500 bis 500 v. Chr. Bantuvölker wandern vom Nord-Westen nach Zentralafrika ein. Die westlichen Gruppe zieht in das Gebiet des heutigen Kongo (Brazzaville), an den Niederkongo und nach Nordangola. Die östliche Gruppe zieht über Kivu nach Kasai und Katanga. Aus diesen Wanderungen haben sich die Bevölkerungskonzentrationen im Westen am Unterlauf des Kongo, im Süden in Kasai und Katanga und im Nordosten in Uele und Kivu entwickelt.


Die Zeit der afrikanischen Königreiche

13. Jh. Vermutlich gründet sich um diese Zeit am Unterlauf des Kongo das durch spätere Kontakte zu den Portugiesen bekannte Königreich Kongo. Die Identität seines Gründers bleibt ungewiss. Manche meinen, es sei Nimi a Lukeni aus dem Osten des Kontinents gewesen. Andere behaupten, Mutinu, der an der Spitze von Eroberergruppen aus dem Norden (von Mayombe zum unteren Kongo) herunter kam, sei der Gründervater des Königreiches. Das Königreich breitet sich vom unteren Kongogebiet in strahlenförmigen Eroberungszügen v. a. in südliche Richtung aus.
15. und 16. Jh. Das Königreich Kongo erlebt seine Blüte. Es erstreckt sich vom unteren Kongo im Norden bis zum Kwanza-Strom im Süden und vom Kwango-Fluss im Osten bis zur Küste des Atlantik. Mbemba, Mbata, Mbamba, Sonio, Nsundi und Mpangu heißen die sechs traditionellen Provinzen, deren zwei bedeutendste Nsundi im Norden und Mbamba im Süden sind.
16. bis 19. Jh. Weitere Königreiche entstehen: So das Reich der Luba im Südosten im 16. Jh., das der Kuba im Westen und der Lunda im Südosten im 17. Jh. und die Reiche der Msiri im Südosten und der Magbetu im Nordosten im 19. Jh.. Die Ursache der späten Blüte dieser Reiche mag an der frühen Ausbeutung der Kupfergruben im heutigen Katanga liegen. Forscher entdeckten vor einigen Jahren im Gebiet rund um den Kisale- und Upembasee - das die Luba als ihr Ursprungsland betrachten - eindrucksvolle Überreste einer Kupferkultur aus dem 8. und 9. Jh..

Erste Kontakte mit den Portugiesen
1482 Der portugiesische Seefahrer Diego Cao landet in der Kongomündung. Kurze Zeit später unternimmt er eine zweite Reise und dringt dem Lauf des Kongo landeinwärts folgend bis zum König des Kongoreiches - Nzinga Nkuwu - vor. Die ersten Versuche, die afrikanische Bevölkerung bzw. die Kongo-Herrscher zu missionieren, sind zwar von Erfolg gekrönt, doch währt dieser nicht lange.
1506 Nach innerkongolesischen Konflikten zwischen traditionsgebundenen und christlichen Gruppen beginnt eine lange Regierungszeit Alfonsos (1506 - 1543), einem Christen. In seinem religiösen Eifer bekämpft er jegliche animistischen Kulte. Er lässt Fetische einsammeln und verbrennen und verhängt Todesstrafen für Anhänger jener Kulte. Der portugiesische Königshof arbeitet zunächst auf eine Gleichstellung des Kongo zum Hof von Lissabon und zur Christenheit hin. Doch ob der Größe des Reiches und der Dichte des Regenwaldes breiten sich traditionelle Kulte rasch erneut aus, der Unmut über die Bündnispolitik ihres Königs mit Portugal wächst. Als Alfonso 1543 stirbt, gelten die Missions- und Zivilisierungsversuche Portugals als gescheitert.
1546 Nach einer Zeit anti-europäischen Verhaltens nimmt Diego I. die Verbindung zu den Portugiesen wieder auf. Er lässt jesuitische Missionare kommen.
1569 Die Dschagga aus dem heutigem Tansania fallen über das Königreich her. König Alvaro I. sucht Schutz bei Sebastian von Portugal. Nach erfolgreicher Vertreibung der Dschagga begibt sich Alvaro I. in den Vasallendienst des Königs von Portugal und verspricht ihm ein Fünftel der Einnahmen des Landes als Tribut. Damit ist die Gleichstellung der beiden Königreiche beendet.
16. bis 19. Jh. Der Sklavenhandel intensiviert zunehmend auch im Kongo den Verfall traditioneller Gesellschaftsstrukturen. Nach dem Verbot des Sklavenhandels bleibt die Bevölkerung zerstreut siedelnd und demoralisiert zurück.

Der Kongo im Privatbesitz des belgischen Königs Leopold II.
1875 Die Erforschung des Kongo setzt von europäischer Seite erneut ein. Im Auftrag der Association Internationale du Congo, die v. a. die Interessen des belgischen Königs Leopold II. vertritt, gründet der amerikanische Journalist und Reisende Henry Stanley Handelsniederlassungen. Er schließt mit zahlreichen afrikanischen politischen Autoritäten Verträge, die die Grundlage für die spätere Kolonisierung bilden.
1884/5 Auf der Berliner Kongokonferenz einigen sich die europäischen Mächte im Wesentlichen über die Aufteilung des subsaharischen Afrika. König Leopold II. von Belgien übernimmt den "Unabhängigen Kongostaat" als Privatbesitz. Dieses Gebiet ist achtzigmal so groß wie sein eigenes Reich.
1886 Zur Durchsetzung seiner Ansprüche gründet Leopold II. die Force Public. Einige hundert Offiziere und Unteroffiziere aus Belgien und anderen europäischen Staaten führen die damals größte Kolonialarmee in Afrika.
1886-1894 Die belgische Krone und GB suchen eine vertragliche Regelung über den Grenzverlauf. Dazu findet eine minutiöse Erkundung des Territoriums statt.
nach 1890 Es entstehen Kapitalgesellschaften, an denen Leopold II. erheblich beteiligt ist. Ihre Aufgaben sind die Aufbringung, der Transport und die Vermarktung der Exportprodukte. Sie plündern rücksichtslos die Ressourcen des Landes. Die Bevölkerung wird brutal ausgebeutet, exzessive körperliche Gewalt und Zwangsabgaben werden zu Strukturprinzipien der Gewinnmaximierung aus dem Kautschukzapfen. In der 23-jährigen Herrschaft Leopolds sterben mindestens 10 Millionen Menschen.
1906 Veröffentlichungen über die Gräuel im Kongo zwingen den König, den privaten Kolonialbesitz dem Staat als unveräußerliches Vermögen zu übertragen.
1908 Die Regierung in Brüssel übernimmt die Herrschaft über das Kongogebiet.

Der Kongo als belgische Kolonie
ab 1908 Die belgische Verwaltung liberalisiert zwar die von Leopold II. eingeführten Steuergesetze, doch ersetzt nun die Zwangsarbeit die Abgaben in Geld. Die afrikanische Bevölkerung wird in ein Herrschaftskonstrukt hineingepresst, das heute treffend als koloniale Trinität bezeichnet wird. Dazu zählen der Kolonialstaat, der den rechtlichen, infrastrukturellen und repressiven Rahmen für das Unternehmen Kolonialismus schafft, das Kapital, das Menschen, Land und Rohstoffvorkommen ausbeutet, und schließlich die kirchlichen, v. a. katholischen Missionen, die die Kolonisierten im Sinne eines effizienten Funktionierens in Kolonialwirtschaft und Gesellschaft erziehen. Die afrikanische Bevölkerung wird als Arbeitstiere, Handlanger und Soldaten ausgenutzt.
1920 Die ländlichen Regionen werden in Bezirke aufgeteilt, deren Grenzen völlig willkürlich gezogen werden. An der Spitze eines jeden Bezirkes steht ein besoldeter afrikanischer Häuptling. Die Aufteilung in Bezirke soll der zunehmenden Unübersichtlichkeit wegen wachsender Bevölkerungsbewegungen entgegenwirken. Die Kolonialregierung hat starke Probleme, das Land, allein wegen seiner Große, aber auch wegen der starken Fluktuation von Arbeitern in die Städte, zu kontrollieren.
1936 Die Ausbildung einer afrikanischen Elite wird vom Kolonialregime nach Kräften verhindert. Die rigide belgische Herrschaft lässt nur die Entwicklung einer kleinen Schicht von évolués (Emporkömmlingen) zu, die die Keimzelle der späteren Staatsführung bildet. Aus den évolués, die speziell in Verwaltung und Armee dem Kolonialismus zu Diensten sind, rekrutieren sich die politischen Strömungen, die Ende der 50er Jahre die völkerrechtliche Unabhängigkeit einfordern.
1947 Die ersten afrikanischen Vertreter werden in den Conseil de Gouvernement berufen. Es sind traditionelle Oberhäupter, die an den Diskussionen kaum Anteil nehmen können, weil diese auf Französisch geführt werden.

Die Unabhängigkeitsbewegung
1950 Die Association des Bakongo (ABAKO) entsteht zunächst als kulturelle Bewegung und entwickelt sich unter Vorsitz von Joseph Kasavubu zur politischen Unabhängigkeitsbewegung. Ihr Ziel ist die Errichtung eines Bakongo-Staates und die Vereinigung aller Bakongo in Angola und in den beiden Kongo nach dem Vorbild des vorkolonialen Kongoreiches.
1956/57 Im Juli 1956 bringt die Gruppe Conscience Africain unter Vorsitz von Joseph Albert Malula ein Manifest in Umlauf, das die Abschaffung der rassischen Diskriminierung, die Anerkennung der afrikanischen Persönlichkeit und ihr Recht auf kulturellen und politischen Ausdruck fordert. Die ABAKO verspottet den idealistischen und wenig handlungsweisenden Charakter des Manifests. Sie verlangt politische Emanzipation in einem föderativen Rahmen durch Bildung kongolesischer Parteien.
1958 Unter Patrice Lumumba, Joseph Ileo und Cyril Adoula gründet sich die Mouvement National Congolaise (MNC), die als einzige Partei auf der Basis eines modernen Nationalismus eine überregionale Anhängerschaft ansprechen kann. Zahlreiche andere in den 50er Jahren gegründete Parteien sind ethnisch ausgerichtet und stark auf einzelne Persönlichkeiten konzentriert: Parti Solidaire Africain (PSA), Confédération des Associations du Katanga (CONAKAT), Association des Baluba du Katanga (BALUBAKAT), Centre du Regroupement Africain (CERA). Im Jahre 1958 vertritt Lumumba den Kongo bei der All African Peoples' Conference in Accra. In Brazzaville sagt der französische Staatspräsident de Gaulle den französischen Kolonien die Unabhängigkeit zu.
1959 Massendemonstrationen führen zur Kehrtwende in der belgischen Kolonialpolitik. Der belgische König verspricht dem Land die Unabhängigkeit "ohne Verzug, aber auch ohne unüberlegte Überstürzung". Es beginnt eine innerkongolesische Diskussion über den Aufbau des zukünftigen unabhängigen Staates. Die Zentralisten, deren bekanntester Anhänger Lumumba ist, gelten in europäischen Augen als radikal und unverantwortlich. Die Föderalisten unter Kasavubu werden im Gegensatz dazu als gemäßigt eingestuft. Im Dezember 1959 hat die MNC Lumumbas große Erfolge bei den Regionalwahlen.
30. Juni 1960 Die belgische Regierung entlässt den Kongo in die Unabhängigkeit. Da die MNC, obwohl sie stärkste Fraktion im Parlament wird, große Schwierigkeiten hat, eine absolute Mehrheit zu bilden, sichert sie Kasavubu die Präsidentschaft zu. Es kommt zu einer Koalition zwischen MNC und ABAKO. Lumumba wird erster Ministerpräsident.

Der junge Staat in der Krise
1960

Kurz nach dem Tag der Unabhängigkeit bricht unter den Soldaten de Force Public in Thysville eine Meuterei gegen die belgischen Offiziere aus und bringt die Armee im ganzen Land in Aufruhr. Lumumba versucht mit der Ernennung einheimischer Offiziere der Gewalt entgegenzuwirken, jedoch ohne Erfolg. Die Belgier reagieren mit dem Abzug ihrer Truppen und Verwaltungsbeamten. In weniger als einer Woche ist der Kongo praktisch ohne Verwaltungspersonal.

Am 11. Juli 1960 erklärt Moise Tshombé die Sezession der reichen Bergbauprovinz Katanga und beginnt unter dem Schutz belgischer Truppen mit dem Aufbau eigener bewaffneter Kräfte. Der Versuch des Präsidenten Kasavubu und des Premierministers Lumumba, persönlich einzugreifen, wird von Tshombé verhindert. Am 14. Juli bricht der Kongo seine Beziehungen zu Belgien ab und wendet sich mit einem Hilfegesuch an die Vereinten Nationen. Die ersten UNO-Truppen treffen am 18. Juli im Kongo ein.

Am 8. August 1960 erklärt die Provinz Kasai unter Führung von Albert Kalondji die Sezession. Somit wird der Kongo seiner wichtigsten Bergbauzentren beraubt. Die UNO versagt Lumumba die Unterstützung bei dessen Bemühungen, die Sezession rückgängig zu machen. Er setzt die Nationale Armee unter Joseph Désiré Mobutu gegen die Rebellen in Kasai in Bewegung. Während dieser Zeit verstärken sich die Spannungen zwischen Staatsoberhaupt und Regierungschef. Mobutu kann seine Stellung stärken.

Anfang September enthebt Präsident Kasavubu Lumumba seines Amtes und beauftragt Ileo mit der Regierungsbildung. Lumumba erklärt Kasavubu daraufhin für abgesetzt. Das Parlament bezeichnet beide Entscheidungen für ungültig. Die provisorische Verfassung sieht für solche Situationen keine Regelung vor. Es tritt ein politisches Chaos ein. Mobutu greift in den folgenden Wochen ein und bildet eine Studentenregierung mit dem Ziel der Neutralisierung der Politiker.

1961

Lumumba wird im Auftrag Mobutus im Januar gefangen genommen, im Militärgefängnis in Thysville gefoltert, nach Elisabethville transportiert und schließlich im Auftrag Tshombés mit belgischer und US-amerikanischer Unterstützung ermordet.

Am 2. August übernimmt Premier Adoula die Macht im Kongo und bildet eine Allparteienkoalition mit Ausnahme der CONAKAT Tshombes.

1963 Im September löst Präsident Kasavubu das Parlament auf und beruft eine neue verfassungsgebende Körperschaft ein. In einer gemeinsamen Aktion mit den UNO-Truppen wird die Provinz Katanga wieder an den Kongo angegliedert. Tshombé kapituliert und geht ins Exil.
1964 Anfang April wird in Stanleyville (Kisangani) die "Volksrepublik Kongo" von den Lumumbisten (Anhänger Lumumbas, die im Land den Kampf ihres Vorbilds fortsetzen) ausgerufen. Sie wird auch als Simba-Rebellion bezeichnet. Die von Truppen aus Belgien und den USA unterstützte Rückeroberung Stanleyvilles und der anderen von den Rebellen kontrollierten Städte im Osten geht mit unglaublicher Brutalität vor sich. Mobutu verlangt von Kasavubu die Absetzung Adoulas und die Rückkehr Tshombés als Regierungschef.
1965 Tshombés Convention Nationale Congolaise, eine Sammlungspartei, gewinnt die Wahlen. Am 24. November übernimmt Mobutu in einem vom CIA unterstützten Staatsstreich die Macht und lässt sich vom Parlament per Akklamation zum Staats- und Regierungschef einsetzen.

Die Diktatur Mobutus
1967 Mobutu etabliert ein zentralistisches, totalitäres Präsidialregime, das er selbst die 2. Republik nennt. Politische Gegner lässt er hinrichten. Unter seiner Partei, der Mouvement Populaire de la Révolution (MPR), errichtet er eine Einparteiendiktatur.
1969 Nachdem sich Tshombé ins spanische Exil zurückgezogen hat, wird er im Kongo zum Tode verurteilt. Mobutu lässt eine Entführung nach Algerien arrangieren, wo Tshombé im Gefängnis stirbt. Auch Kasavubu stirbt im gleichen Jahr.
1971 Unter dem Namen Authenticité verfolgt Mobutu eine Kampagne der Afrikanisierung. Leopoldville wird in Kinshasa umbenannt, aus Elisabethville wird Lubumbashi, aus Stanleyville Kisangani usw.. Fluss, Währung und Staat werden in Zaire umbenannt.
1973/74 Im Zuge der Zairisierung werden ausländische Vermögen nationalisiert.
1977 Eine aus Angola eindringende, militärisch organisierte zairische Oppositionsgruppe (FNCL) löst die erste Krise in Shaba (Katanga) aus, die mit Hilfe marokkanischer Truppen gelöst wird.
1978 Die zweite Shaba-Krise wird mit Hilfe französischer Intervention beendet.
1980er Jahre Zaire steht vor dem wirtschaftlichen Ruin. Im Jahr 1981 beträgt die öffentliche Verschuldung Zaires fünf Milliarden US-Dollar.
1990 Im April verkündet Mobutu die Abkehr vom Einparteienstaat. Kontext ist das Ende des Kalten Krieges und der Unterstützung, die er als Brückkopf westlicher Mächte und Wirtschaftsinteressen in Afrika immer erhalten hatte.

Die Dritte Republik
1991/92 Zahlreiche Oppositionsgruppen schließen sich zur Union Sacrée zusammen. Eine souveräne Nationalkonferenz (CNS) arbeitet an einer neuen Verfassung. Der von der Konferenz zum Premierminister ernannte Oppositionelle Etienne Tshisekedi (Union pour la Démocratie et le Progrès Social, UDPS) wird jedoch von Mobutu per Dekret für abgesetzt erklärt.
1991/93 Plünderungswellen zerstören weite Teile der noch existierenden industriellen und administrativen Infrastrukturen. Angehörige des Luba-Volkes werden aus Katanga nach Ost-Kasai vertrieben.
1994

Das Übergangsparlament Haute Conseil de la République (HCR) unter Vorsitz von Bischof Pasinya verabschiedet im April eine Übergangsverfassung.

Der Oppositionelle Kengo wa Dondo wird im Juni zum Premierminister gewählt. Flüchtlinge, die nach dem Genozid aus Ruanda kommen, importieren den dortigen Hutu-Tutsi-Konflikt.

1995 Der HCR verabschiedet im August ein Wahlgesetz und kurz darauf ein Gesetz zur Dezentralisierung des Landes. Zum Jahreswechsel erfolgt die Konstituierung einer Wahlkommission. Das Traktieren der Parteien und Interessengruppen verhindert jedoch ein starkes Gegengewicht zu Mobutu.
1996 Im September rebellieren in Süd-Kivu die Banyamulenge, deren Vorfahren u.a. aus Ruanda, Tansania oder Burundi einwanderten und sich mit lokalen Bevölkerungsgruppen vereinten, gegen die Zentralregierung in Kinshasa. Von Uganda und Ruanda unterstützt erobert die sich später Alliance des Forces Démocratiques pour la Libération du Congo (AFDL) nennende Rebellenbewegung binnen acht Monaten weite Teile des Staatsgebietes.
1997 AFDL-Truppen nehmen am 17. Mai Kinshasa ein. Ihr Vorsitzender Laurent Désiré Kabila ernennt sich zum neuen Staatspräsidenten. Das Land wird in Demokratische Republik Kongo umbenannt. Die politische Betätigung außerhalb der AFDL wird verboten. Mobutu stirbt wenig später im marokkanischen Exil.
1998

Kabila entmachtet im August seine ruandischen Berater und Militärs. Sie versuchen einen Putsch, der fehlschlägt. Darauf erheben sich im Ostkongo von Ruanda und Uganda unterstützte Truppenteile gegen Kabila. Die Rebellen formieren sich zur Rassemblement Congolais pour la Démocratie (RCD). Erst durch militärische Intervention von Angola, Simbabwe und Namibia können die Rebellen gestoppt werden.

Gegen Ende des Jahres werden von mehreren Seiten Forderungen zur Einberufung eines Runden Tisches unter Aufsicht der Vereinten Nationen und zur Stationierung einer internationalen Schutzgruppe laut.

Die Spannungen zwischen Uganda und Ruanda auf Grund der jeweiligen Kriegsziele führen im Dezember zur Spaltung der RCD. Die bisherige RCD wird weiterhin von Ruanda unterstützt. Die Dissidenten spalten sich unter dem Namen RCD-ML (Mouvement de Libération) ab. Sie werden von Uganda unterstützt und kooperieren im Norden des Landes mit der Mouvement de Libération du Congo (MLC), die von Jean-Pierre Bamba aufgebaut wurde.

1999 Nach erneuten schweren Auseinandersetzungen zwischen der RCD und der RCD-ML kommt es im Juli zur Unterzeichnung einen Friedensvertrages in Lusaka. Jedoch weigern sich die Rebellen mit Stützpunkten im Kongo, den Vertrag zu unterschreiben.
2000

Die Vereinten Nationen beschließen im Februar, die Mission des Nations Unies en République Démocratique du Congo (MONUC) zu entsenden. Blauhelme und Beobachter sollen vor Ort die Ausführung des Vertrages von Lusaka überwachen. Der Beschluss scheitert jedoch an der Durchsetzung.

Die ersten ugandischen Truppen werden im August aus der DR Kongo abgezogen.

2001 Am 16. Januar wird Laurent Kabila bei einem Attentat getötet. Sein Sohn Joseph Kabila tritt die Nachfolge an.
2002

Der innerkongolesische Dialog in Sun City (Südafrika) führt im April zu einer Teileinigung zwischen der Regierung und den MLC-Rebellen, der Zivilgesellschaft und Teile der politischen Opposition zustimmen. Die RCD-Goma-Rebellen (von Ruanda unterstützt) schließen sich nicht an. Im Mai wird ein Meutereiversuch der RCD-Goma-Truppen in Kisangani blutig niedergeschlagen.

Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs tritt im Juli für die Demokratische Republik Kongo in Kraft. Präsident Joseph Kabila und der ruandische Präsident Kagame unterzeichnen in Pretoria (Südafrika) ein Abkommen über den Rückzug der ruandischen Truppen aus dem Kongo sowie die Entwaffnung und Demobilisierung ruandischer Hutu-Milizen auf kongolesischem Gebiet.

Im September unterzeichnen Kabila und Museveni (der ugandische Präsident) in Luanda (Angola) ein Abkommen, das die Beziehungen der beiden Länder normalisieren soll. Uganda verpflichtet sich, keine eigenen Truppen mehr im Kongo zu halten.

In Pretoria einigen sich im Dezember die kriegführenden Parteien, die politische Opposition und die Zivilgesellschaft unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft auf den Accord Global et Inclusif.

2003

Im April verabschieden die Delegierten des innerkongolesischen Dialogs in Sun City (Südafrika) eine neue Übergangsverfassung und ein Schema zur neuen Machtverteilung. Als Kabila die neue Übergangsverfassung verkündet, kommen bei ethnisch begründeten Massakern im ostkongolesischen Ituri hunderte Menschen ums Leben. Seither ist der Kongo-Konflikt wieder in das weltweite öffentliche Bewusstsein gerückt. Der UN-Sicherheitsrat sendet eine von Frankreich geleitete europäische Eingreiftruppe in den Ost-Kongo, deren Mandat nur bis zum 1. September gültig ist.

Im August wird die Einsatztruppe durch eine mit robusterem Mandat ausgestattete UN-Truppe ersetzt. Nachdem eine Regierung der nationalen Einheit gebildet wurde, wird ein Übergangsparlament konstituiert.

2005

Das Verfassungsreferendum am 18./19. Dezember bringt folgendes Ergebnis: 84,3 Prozent Zustimmung für die neue Verfassung, die am 18.2.2006 in Kraft tritt.

2006

Wahlen zur Nationalversammlung und Präsidentenwahlen finden am 30. Juli statt. In der Stichwahl am 29. Oktober siegt Josef Kabila, er wird am 6. Dezember vereidigt. Die Wahlen werden von einer EU-Friedenstruppe (EUFOR) unter Beteiligung der Bundeswehr abgesichert.

2007

Senatswahlen finden am 19. Januar statt. Am 5. Februar wird Premierminister Antoine Gizenga in seinem Amt vereidigt.

Am 31. Januar und 22./23. März gibt es blutige Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Bemba-Anhängern, die niedergeschlagen werden. August/September werden die Grenzstreitigkeiten mit Uganda niedergelegt.

2008 Jean-Pierre Bemba wird in Belgien verhaftet und dem Internationalen Strafgerichtshof überstellt. Der Prozess beginnt am 22. November 2010.
2009 Am 11. Dezember wird ein dreijähriges Kreditabkommen mit dem Internationalen Weltwährungsfond (IWF) vereinbart. Der UN-Sicherheitsrat fordert die MONUC am 23. Dezember zum Schutz der Zivilbevölkerung auf.
2010

Der international anerkannte Menschenrechtsaktivist Floribert Chebeya wird am 3. Juni ermordet.

Schuldenschnitt der Gläubiger für die DR Kongo: Reduzierung der Schulden von 14 Milliarden auf knapp drei Milliarden US-Dollar.

2011 Am 19. Februar gibt es einen bewaffneten Angriff auf die Präsidentenresidenz, der niedergeschlagen wird. Bei Präsidentenwahlen siegt Amtsinhaber Josef Kabila laut offiziellen Angaben mit 48,9 Prozent gegen Etienne Tshisekedi. Dennoch wird Kabila als Präsident vereidigt. Bei Wahlen zur Nationalversammlung am 28. November siegen Kabilas Partei Parti du Peuple pour la Réconstruction et al Democratie (PPRD) und die regimenahe Majorité Présidentielle (MP). Internationale Wahlbeobachter üben Kritik an den Wahlen.
2012

Premierminister Muzito erklärt am 6. März seinen Rücktritt, der frühere Finanzminister Augustin Matata Ponyo wird am 18. April neuer Premierminister.

Am 14. März spricht der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag den für Kriegsverbrechen angeklagten früheren Milizenchef Thomas Lubanga schuldig. Im Mai beginnt die Mouvement du 23 Mars (M 23) militärische Angriffe in Nord-Kivu. Sie wird von Ruanda unterstützt und begeht monatelang schwere Gewaltverbrechen. Im November nimmt die M 23 temporär Goma ein.

Im August verabschiedet die Security and Exchange Commission (SEC) das Dodd-Frank-Wall-Street Reform und Konsumentenschutzgesetz. Danach werden Unternehmen aufgefordert, ihre Nutzung von Konfliktmineralien zu veröffentlichen. Dagegen klagte die US-Handelskammer und die nationale Vereinigung der verarbeitenden Industrie. Sie verlangten Modifikationen dieser Regel.

Im September kündigt US-Präsident Barack Obama an, dass die Militärhilfe für die DR Kongo für ein zweites Jahr nicht gezahlt wird, zumal die kongolesische Armee Kindersoldaten einsetzt. Die kongolesische Regierung unterzeichnete im Oktober den nationalen Aktionsplan der UN zur Beendigung des Einsatzes von Kindersoldaten.

2013

Die Gewaltübergriffe der M 23 setzen sich Anfang 2013 fort. Mitte des Jahres wird bekannt, dass Flügelkämpfe innerhalb der M 23 deren Kampfkraft geschwächt hätten. Ende Juni wirft die UN-Mission in der DR Kongo (Monusco) der M 23 gezielte Übergriffe auf Zivilisten/-innen und die Zwangsrekrutierung von Jugendlichen vor.

Am 23. Februar unterzeichnen elf Länder Zentral- und Ostafrikas ein Abkommen zur Stabilisierung der Demokratischen Republik Kongo. Es soll einen Rahmen für Frieden, Sicherheit und Kooperation schaffen.

Amnesty International veröffentlicht Mitte Juni einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen durch chinesische Bergbaufirmen. Davon sind Arbeiter und umliegende Gemeinden betroffen. Auch die Minenarbeiter, die eigenständig als Kleinsthandwerker tätig sind, werden ausgebeutet.

Anfang Juli ist der US-amerikanische Präsident Barrack Obama zu Besuch in Tansania. Er fordert die Nachbarländer der DR Kongo auf, die Unterstützung für bewaffnete Gruppen im Kongo einzustellen. Gleichzeitig soll die kongolesische Armee eine grundlegende Reform ihrer institutionellen Strukturen beginnen.

Mitte Juli kommt es um Goma wieder zu heftigen Kämpfen zwischen kongolesischer Armee und M 23. Das Jahr endet wie es begonnen hat. Friedensabkommen zwischen Regierung und Rebellen laufen ins Leere und werden von einer der Parteien noch kurz vor der Unterzeichnung torpediert. Ein Ende der Kriege im Ostkongo ist zum Jahresende nicht abzusehen.

Im Kriegsgebiet gibt es immer wieder Menschen, die sich gegen die Grausamkeit auflehnen und versuchen, den Opfern Würde zurückzugeben. In diesem Jahr werden zwei von ihnen – stellvertretend für viele andere – international ausgezeichnet. Die Vereinten Nationen würdigten die kongolesische Nonne Angelique Namaika mit dem Nansen-Preis. Die Schwester hat im Nordosten des Landes ein Zentrum für Re-Integration aufgebaut. Dort werden Frauen unterstützt, ihre traumatischen Erlebnisse durch Krieg, Flucht und Vergewaltigung zu verarbeiten und ins Leben zurückzufinden. Sie können dort ein Handwerk erlernen oder die Schule besuchen. Bisher konnte 2.000 Frauen geholfen werden.

Im Dezember geht der alternative Nobelpreis an den kongolesischen Gynäkologen Denis Mukwege. Er wird mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet für seinen Einsatz für Frauenrechte und Frieden , für „seine Arbeit, Frauen, die sexuelle Kriegsgewalt überlebt haben, zu heilen und seinen seinen Mut, die Ursachen und Verantwortlichen beim Namen zu nennen“. Mukwege ist Gründer und Chefarzt der Panzi-Klinik in Bukavu im Kriegsgebiet am Kivu-See. Das therapeutische Programm umfasst medizinische und psychosoziale Betreuung sowie rechtliche Beratung. Patientinnen, die sich eine Behandlung nicht leisten können, werden kostenlos betreut.

Umweltschützer sind alarmiert über fortgeschrittene Pläne eines Großwasserprojektes im Westen des Landes. Am Unterlauf des Kongo bei den Inga-Fällen soll ein weiteres Kraftwerk gebaut werden; zwei arbeiten bereits – Inga I und Inga II. Für diese beiden Kraftwerke waren relativ geringe Erdarbeiten notwendig, da das natürliche Terrain weitgehend ausgenutzt werden konnte. Das geplante Inga III benötigt einen großen Staudamm und erhebliche Eingriffe in Umwelt und Wohnsiedlungen. Hauptinteressent an dem neuen Kraftwerk mit einer Leistung von 4.800 Mw ist Südafrika. Die Republik will etwa die Hälfte des Stromes abnehmen. Die andere Hälfte ist für die Bergbaugesellschaften in Kantanga vorgesehen. Eine Verbesserung der Stromversorgung für die lokale Bevölkerung ist kein zentrales Planungsziel. Kritiker weisen darauf hin, dass überfällige Reparaturarbeiten der Altanlagen immer wieder verschoben wurden und von Anfang an weit hinter ihrer angegebenen Leistung von insgesamt 1.800 MW zurückgeblieben sind.

Am 30. Dezember 2013 greifen Bewaffnete mehrere strategische Positionen in der Innenstadt von Kinshasa an. Auch aus andere Städten der DR Kongo werden Schießereien gemeldet. Nach Regierungsangaben werden 70 Angreifer getötet. In Kinshasa bricht Panik aus. Auch die UN-Truppen der Mission Monusco werden in höchste Alarmbereitschaft versetzt.

2014

Am 7. Januar kommt es bei Lubumbashi zu einem achtstündigen Gefecht zwischen Regierungssoldaten und Milizen von Bakata-Katanga. Lubumbashi ist die Hauptstadt der rohstoffreichen Provinz Katanga. Die Rebellen fordern die Unabhängigkeit der Provinz.

Hinter den Angriffen steht offensichtlich General John Numbi. Er hat verschiedene Rebellengruppen aufgerüstet, wie Dokumente der UN-Expertengruppe zur Einhaltung des Waffenembargos gegen bewaffnete Gruppen im Kongo belegen. Numbi gilt auch als Auftraggeber des Mordes an Kongos berühmtesten Menschenrechtsaktivisten Floribert Chebaya 2010. Numbi wurde damals zwar als Polizeiminister suspendiert, ein Prozess wurde jedoch nie eröffnet. Die Rebellen aufzurüsten, wird auch einem weiteren Armeegeneral zur Last gelegt. Gabriel Amisi, genannt Tango Four, wurde im November 2012 als Heereschef suspendiert. Er hatte Waffen an Milizen im Ostkongo geliefert. Auch er kam nie vor Gericht und zieht weiter seine Fäden.

Ebenfalls im Januar geht die Armee nahe der Stadt Beni, in der Provinz Nordkivu, gegen die Allied Democratic Forces (ADF) vor, eine bewaffneten Gruppe von kongolesischen und ugandischen Kämpfern. Von Oktober bis Ende des vergangenen Jahres kam es in der Beni-Region zu diversen brutalen Attacken, bei denen 175 Menschen getötet wurden.

Staatliche Ermittler haben Parkranger des Virunga National Parks und Aktivisten bedroht und inhaftiert, als diese die Pläne des britischen Unternehmens SOCO International für die Exploration von Öl kritisierten. Unbekannte schossen auf den Parkleiter und verletzten ihn schwer. Im April und Mai werden zwei Fischer tot aufgefunden, die sich kurz zuvor gegen das SOCO-Projekt ausgesprochen und mit zwei Soldaten des Projektes gestritten hatten. Die Ölförderung gefährdet den Lebensraum von 200 Berggorillas.

Gegen eine Verfassungsänderung, die dem amtierenden Staatschef Joseph Kabila eine weitere Amtszeit ermöglichen würde, protestieren am 4. August 5.000 Demonstranten friedlich. Kabila ist seit 2001 Präsident und darf eigentlich bei den Wahlen 2016 nicht mehr teilnehmen, da die Verfassung derzeit eine dritte Amtszeit verbietet. Vor allem die Oppositionsparteien, Studierende und die nationale Bischofskonferenz Cenco wollen diese Verfassungsänderung verhindern.

2015

Am 17. Januar wird ein umstrittenes Wahlgesetz vom Parlament verabschiedet. Dieses sieht eine Volkszählung vor, deren Durchführung mehrere Jahre dauert und die geplanten Präsidentschaftswahlen 2016 verschieben könnte, sodass Präsident Kabila länger im Amt bliebe. Es kommt zu diversen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei. Dabei werden 38 Menschen von der Polizei erschossen, viele verhaftet und die Proteste gewaltsam beendet. Fernsehsender, die zu den Demonstrationen aufgerufen haben, werden von der Regierung vorübergehend geschlossen. Außerdem wird ein Dutzend Parteiführer verhaftet, ohne Zugang zu Familie oder Anwälten.

In den Kivu-Provinzen kommt es weiterhin zu Konflikten zwischen Rebellengruppen und Zivilisten. Einige Milizenführer werden wegen Gewaltverbrechen im Ostkongo verurteilt, etliche Generäle der kongolesischen Armee wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen auf die UN-Sanktionsliste gesetzt. Dies erschwert jedoch das weitere Vorgehen, da Präsident Kabila vorhat, gegen die Rebellen im Alleingang zu agieren. Seine Armee ist jedoch schlecht ausgestattet und für die UN kein zuverlässiger Partner.

Die für Oktober vorgesehenen Lokalwahlen müssen verschoben werden, da zunächst Gouverneure für die neuen Provinzen gewählt werden sollen. Erst im März hatte die Regierung eine Dezentralisierungsmaßnahme angekündigt, um die Provinzen des Landes von zunächst 10 auf nun 26 Provinzen umzuverteilen. Ob die Präsidentschaftswahlen 2016 stattfinden, ist fraglich. Einige Regierungsvertreter, die sich bisher gegen eine dritte Amtszeit des Präsidenten aussprachen, wurden von Kabila entlassen.

2016

Anfang Januar gründet sich eine neue Koalition von Oppositionsparteien, die Citizen Front. Kritiker befürchten, dass ihr Handeln durch interne Fraktionskämpfe der UDPS eingeschränkt sein wird.

Trotz der einen Kilometer entfernt stationierten Truppe von Blauhelmsoldaten töten Hutu-Rebellen der Democratic Forces for the Liberation of Rwanda (FDLR) 17 Menschen. Die Monusco-Truppe greift nicht ein und lässt später verlauten, sie habe vergeblich versucht, die kongolesische Armee um Hilfe zu bitten.

Anträge auf Haftentlassung von zwei Aktivisten Red Bauma und Yves Makwambala werden abgelehnt. Beide sitzen seit etwa einem Jahr im Gefängnis und führten im Frühjahr dieses Jahres einen Hungerstreik durch. Ihnen wird ein Angriff auf die staatliche Sicherheit vorgeworfen. Das Europäische Parlament erlässt eine Resolution, in der die Freilassung gefordert wird.

Die Wahlen verzögern sich weiter. Für die Aktualisierung der Daten der Wahlberechtigten benötige es weitere achtzehn Monate, verkündet die unabhängige nationale Wahlkommission. Vermutungen liegen nahe, dass die Regierung die verfassungsmäßig vorgesehene Zeitmarke nicht einhält und die Wahlen im November nicht stattfinden werden.

Bei Massenprotesten gegen die Regierung werden über 50 Demonstranten von der Polizei erschossen. Die EU erwägt Sanktionen gegen die kongolesische Regierung.

Laut einem Bericht des Menschenrechtsbüros der UN-Friedenssicherungsmission werden im Vorfeld der geplanten Wahlen bereits bis Mitte Oktober 53 Menschen getötet, 143 verletzt und 299 verhaftet. Anfang November tritt der Premierminister Augustin Matata Ponyo zurück. Samy Badibanga wird sein Nachfolger. Trotz des offiziellen Endes von Kabilas Amtszeit am 19. Dezember bleibt dieser weiterhin im Amt, da die geplanten Präsidentschaftswahlen Ende November nicht stattfanden.

In Verhandlungen zwischen der Regierung und der Opposition tritt die Katholische Bischofskonferenz (Cenco), unterstützt vom Vatikan und den USA, schließlich als Vermittlerin auf. Ein Abkommen vom 31. Dezember muss noch von beiden Parteien unterzeichnet werden. Demnach sollen bis Ende 2017 Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden. Kabila wird bis dahin weiter im Amt bleiben, allerdings nicht erneut kandidieren. Die Opposition „Rassemblement“ stellt den Premierminister und Regierungschef; ein Nationaler Übergangsrat, geleitet von Étienne Tshisekedi, soll gebildet werden.

2017

200 Kämpfer der ehemaligen M23-Rebellen dringen am 15. Januar von Uganda aus in die DR Kongo ein und attackieren das Dorf Ishasha in Nordkivu. Viele der ehemaligen Kämpfer leben, seit der Auflösung der M23 im Jahr 2013, in Flüchtlingslagern in Uganda für demobilisierte Kämpfer.

Ein neuer Premier soll Badibanga ablösen, dieser weigert sich jedoch, sein Amt abzugeben. Étienne Tshisekedi stirbt am 1. Februar im Alter von 85 Jahren. Sein Tod macht die Umsetzung des Abkommens noch schwieriger. Kabila und seine Regierung blockieren diese weiterhin.

Immer wieder erschüttern Zusammenstöße zwischen Milizen und Militär die Kasai-Provinzen im Süden des Landes. Im August 2016 hatte hier der Kamuina-Nsapu-Aufstand begonnen und sich auf benachbarte Provinzen ausgebreitet. Auseinandersetzungen zwischen traditionellen Autoritäten, den Chiefs, und dem Staat lösten diesen Konflikt ursprünglich aus. Eine zunehmende Stationierung kongolesischer Sicherheitskräfte führt seither immer wieder zu Auseinandersetzungen, während dem Militär vorgeworfen wird, übermäßig viel Gewalt anzuwenden. Kinder werden missbraucht und als Kindersoldaten zwangsrekrutiert. Mehrere tausend Menschen, darunter auch viele Kinder, wurden seither von Militär und Milizen getötet. Im März werden sechs UN-Experten, deren Auftrag es war, Morde aus dem Vorjahr aufzuklären, in der Provinz Kasai-Zentral entführt und schließlich ermordet.

Auch zwischen den Bevölkerungsgruppen Hema und Lendu im Nord-Osten des Landes bricht ein alter Konflikt wieder auf. Aus der Provinz Ituri fliehen Menschen, Kämpfer der Hema überfallen Dörfer der Hema bisher ohne bekannte Motive.

2018

Die Proteste gegen Präsident Kabila halten an. Im Januar sterben nach UN-Informationen sechs Menschen, 70 werden verletzt. Die katholische Kirche organisiert viele der Proteste. Zeitweise wird das Internet von der Regierung abgeschaltet; 107 Oppositionelle und Aktivisten sind in Haft.

Den Vereinten Nationen zufolge sind durch die Konflikte in der DR Kongo viele Menschen von Hungersnot bedroht. Etwa 4000 Menschen sollen seit Beginn der Kämpfe in der Kasai-Region ums Leben gekommen sein, 1,7 Mio. Menschen mussten fliehen. Die Menschen, die mittlerweile zurückgekehrt sind, brauchen Unterstützung, um wieder Nahrungsmittel anzubauen. Das auslaufende Mandat der Monusco wird im März für ein Jahr verlängert.

Mehrere bewaffnete Angriffe in der Stadt Beni, Nordkivu, sorgen ebenfalls für Beunruhigung. Verdächtigt wird die ugandische Organisation „Allied Democratic Forces“ (ADF). Viele Zivilisten werden getötet, andere vertrieben. Nach dem Ausbruch von Ebola in der Region ist deren Bekämpfung durch die Attacken erschwert.

Joseph Kabila kündigt nach starkem internationalem Druck an, bei den kommenden Wahlen, die am 23. Dezember stattfinden sollen, nicht mehr antreten zu wollen. Sein Nachfolger wird Emmanuel Ramazani Shadary, der bereits wegen seines brutalen Einsatzes von Gewalt gegen Oppositionelle von der EU und UN auf die Sanktionsliste gesetzt wurde.

Der Sohn Étienne Tshisekedis, Félix Tshisekedi, wird von der größten Oppositionspartei Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt (UPDS) zum Parteivorsitzenden und somit zum Präsidentschaftskandidaten gewählt. Im Vorfeld der Wahlen werden oppositionelle Politiker wie Moïse Katumbi und Jean-Pierre Bemba zunehmend ausgeschlossen. Tshisekedi und Vital Kamerhe, Vorsitzender der Union für die kongolesische Nation (UNC), werden die größten Chancen zugerechnet. Kamerhe unterstützt schließlich Tshisekedi bei der Wahl.

Drei Tage vor Beginn der Wahl wird diese erneut um sieben Tage verschoben. In Beni und Butembo in Nordkivu soll die Wahl aufgrund des Ebola-Ausbruchs und der anhaltenden Gewalt erst im März 2019 stattfinden, weshalb 1,2 Mio. Wähler von 40 Mio. ihre Stimme erst Monate später abgeben werden. Das Ergebnis der Wahl soll am 15. Januar veröffentlicht werden.

Im Dezember erhält der kongolesische Frauenarzt Denis Mukwege, gemeinsam mit der irakischen Menschenrechtsaktivistin Nadia Murad, den Friedensnobelpreis für seinen Kampf gegen sexuelle Gewalt und sein Engagement, Opfern mit gynäkologischer und chirurgischer Hilfe ihre Gesundheit und Würde wiederzugeben. Mit seinem Team hat er bereits 40.000 vergewaltigte Frauen behandelt.

2019

Anfang des Jahres verkündet die Wahlkommission den Sieg des Kandidaten der UPDS, Félix Tshisekedi. Der eigentliche Wahlsieger Fayulu fordert eine Neuauszählung der Stimmen und klagt vor dem Verfassungsgericht, weil er die Wahl für gefälscht hält. Er wirft Kabila vor, in einem Abkommen mit Tshisekedi sichergestellt zu haben, dass er indirekt an der Macht bleibe. Geheime Daten aus den Wahllokalen weisen darauf hin, dass Fayulu 60Prozent der Stimmen erhielt und Tshisekedi nur 20 Prozent. Dieser wird Ende Januar zum neuen Präsidenten vereidigt.

Im Mai, vier Monaten nach den Wahlen, kehrt Moise Katumbi, der frühere Gouverneur der Provinz Katanga, unter dem Jubel der Bevölkerung nach Lubumbashi zurück. Als einer der Herausforderer von Kabila war Katumbi verurteilt und verbannt worden. Präsident Tshisekedi hat derweil nach langem Tauziehen mit Kabila Sylvestre Ilunga Ilunkambe als neuen Premier ernannt.

Zur Jahresmitte sind in der Ituri-Provinz die Kämpfe zwischen den rivalisierenden ethnischen Gruppen, Hema und Lendu, wieder aufgeflammt. Es gibt Berichte über Vergewaltigungen, niedergebrannte Dörfer und willkürliche Morde. 160 Menschen sollen getötet worden sein. Seit Anfang Juni wurden nach Schätzungen des UNHCR im Gebiet von Djugu mehr als 300.000 Menschen gezwungen, zu fliehen und Zuflucht in benachbarten Gebieten zu suchen. Der Norwegische Flüchtlingsrat (NRC) forderte die internationale Gemeinschaft auf, dringend nach Lösungen zu suchen, um das Blutvergießen zu beenden und zu verhindern, dass die humanitäre Krise außer Kontrolle gerät. Mit den Flüchtlingsströmen könnte sich auch das gefährliche Ebola-Virus weiter verbreiten. Das Welternährungsprogramm (WFP) hat die Nahrungsmittelhilfe in der Ituri Provinz verdreifacht; die Krise im Kongo sei nach dem Jemen die zweitgrößte Hungerkrise der Welt.

Der Ebola-Ausbruch ist der zehnte in 40 Jahren und der bisher schlimmste im Kongo. Bis Juli sind 170.000 Menschen in der Nord-Kivu-Provinz mit einem Impfstoff immunisiert. Über 1700 der 2500 Patienten sind durch den ansteckenden Ebola-Virus gestorben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Notstand erklärt. Gesundheitsminister Dr. Oly Ilunga hat seinen Rücktritt eingereicht, nachdem Präsident Felix Tschisekedi die Leitung der Anti-Ebola Kampagne selbst in die Hand genommen und einer Expertengruppe anvertraut hatte. Zwei neuentwickelte Medikamente sind im Kampf gegen Ebola vielversprechend, doch die WHO warnt vor „überzogenen Erwartungen". Die Zahl der Toten sei bereits zurückgegangen. Wichtig sei jedoch, die Krankheit frühzeitig zu erkennen. Wenn der Infizierte binnen drei Tagen die Medikamente bekommt, liegt die Erfolgsrate bei 90 Prozent. Unbehandelt liegt die Todesrate bei 75 Prozent.

Bei seiner Amtseinführung hatte sich Präsident Felix Tshisekedi bereit erklärt, mit seinem Vorgänger Joseph Kabila zusammenzuarbeiten. In dem neuen Koalitionsvertrag teilen sich die beiden rivalisierenden Blöcke die Macht.

Die deutsche Regierung hat die Auszahlung von Fördermitteln an den WWF eingefroren, nachdem das Medienportal BuzzFeed in einer Reihe von Untersuchungen der Hilfsorganisation vorgeworfen hat, Beweise für Gruppenvergewaltigungen und Folter in seinem von Deutschland und den USA finanzierten Salonga-Park in der DR Kongo unter Verschluss gehalten zu haben. Auch in den USA und Großbritannien laufen Untersuchungen über die Beteiligung des WWF an Gräueltaten gegen indigene Völker. Ein vertraulicher Bericht, der von der WWF in Auftrag gegeben wurde, ergab, dass die Wächter des Salonga-Nationalparks vier Frauen, von denen zwei schwanger waren, vergewaltigt und gefoltert hatten und die Penisse der männlichen Dorfbewohner mit Angelschnüren festgebunden hatten.

Das Koordinierungskomitee der katholischen Laien (CLC) hat im Oktober in Kinshasa eine dezentralisierte Demonstration gegen die Korruption im Land organisiert. In einem Memorandum heißt es, der Kongo gehöre allen und sei nicht das Privateigentum einer privilegierten Gruppe, die das Recht hätte, straflos den ganzen Reichtum des Landes an sich zu reißen. Angesichts der massiven Fälschung bei den Präsidentschaftswahlen im Dezember 2018 fordert das Laienkomitee die Entlassung der neun Verfassungsrichter, die „die Wahlergebnisse banalisiert haben."

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Anfang November den einstigen Rebellenführer Bosco Ntaganda zu 30 Jahren Haft verurteilt. Dies ist das mit Abstand härteste Urteil in der Geschichte des Gerichtshofs. Der 46-jährige Ntaganda, der aus einer ruandischen Tutsi-Familie stammt und als Kind vor dem Genozid ins Nachbarland DR Kongo flüchtete, war ein hochrangiger Führer der Rebellenbewegung UPC (Union Kongolesischer Patrioten) und deren militärischen Arms, der FLPC (Patriotische Streitkräfte zur Befreiung des Kongo). Ntaganda werden verschiedene ethnisch motivierte Gräueltaten, insbesondere am Volk der Lendu, vorgeworfen, u.a. Einsatz von Kindersoldaten, Massaker an der Zivilbevölkerung, Vergewaltigungen, Vertreibung von ungefähr 100.000 Menschen aus ihrer Heimat. Als erster Angeklagter wurde Ntaganda auch für systematische sexuelle Sklaverei und sexuelle Gewalt an seinen eigenen Truppen verurteilt.

Im November kommen in Kinshasa nach heftigen Regenfällen 41 Menschen ums Leben, in Bukavu sterben 31 Menschen durch Starkregenereignisse und Mitte 15. Dezember kommt es nach schweren Regenfällen in der nordöstlich gelegenen Provinz Haut-Uele zu einem Erdrutsch in einer Goldmine. Dabei kommen mindestens 30 Arbeiter ums Leben. In den kongolesischen Minen kommt es wegen der unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen, unter denen die Arbeiter ihre Arbeit verrichten müssen, immer wieder zu schweren Unfällen.

2020

Die mutmaßlich letzte Ebola-Patientin des Kongo wird im Januar in einer feierlichen Zeremonie aus einem Krankenhaus in Beni, im Nordosten des Landes, entlassen. Funktionäre der UN zeigen sich vorsichtig optimistisch, dass die Epidemie damit beendet sei. Entwarnung gebe es aber offiziell erst nach Ablauf einer sechswöchigen Frist ohne neue Infektionen. Im März verkündet die WHO dann das Ende der Ebola-Epidemie. Seit dem Ausbruch im August 2018 wurden 2200 Opfer gemeldet.

Diesen guten Nachrichten zum Trotz bleibt weiterhin ein deutlich größeres Gesundheitsproblem in der DR Kongo bestehen: Über 6000 Personen sind bereits im Verlauf der weltweit bislang größten Masern-Epidemie gestorben, und das, obwohl es einen effektiven Impfstoff gegen die hochansteckende Viruserkrankung gibt. Doch laut WHO sind vor allem Mangelernährung, fehlende finanzielle Mittel und eine geringe Rate an Routine-Impfungen dafür verantwortlich, dass sich der Virus nicht eindämmen lässt.

Anfang März wird der Zwei-Sterne-General und Chef des militärischen Geheindienstes, Delphin Kahimbi, tot in seiner Wohnung aufgefunden. Den Tag zuvor hatte war er vom Nationalen Sicherheitsrat seine Ämter entbunden worden. Kahimbi, enger Vertrauter von Ex-Präsident Kabila, stand wegen Menschenrechtsverletzungen auf der Sanktionsliste der UN und der USA, die Druck gemacht haben könnten, unter Sanktionen stehende Generäle zu entlassen. Beobachter sehen den Tod als Teil eines Machtkampfes zwischen dem zivilen Regierungschef Tshisekedi und der Armee.

Am 10. März wird ein erster Covid-19-Fall durch einen kongolesischen Heimkehrer aus Frankreich bekannt. Die Regierung sagt ein Woche später alle Flüge ab, am 27. März verhängt Präsident Tshisekedi den Ausnahmezustand und schließt die Grenzen. Die 13-Millionen-Hauptstadt Kinshasa wird abgeriegelt. Nachdem einige Händler in Erwartung höherer Preise damit begonnen haben, Güter des täglichen Bedarfs zu horten, sieht sich die kongolesische Regierung gezwungen, Korridore für die Lieferung von Lebensmitteln und anderen lebenswichtigen Gütern einzurichten, nachdem die Preise in die Höhe schnellten.

Bei einem Angriff auf Zivilisten im Nordosten der DR Kongo werden am 26. Mai mindestens 40 Menschen getötet. Kämpfer der Gruppe der Alliierten Demokratischen Streitkräfte (ADF), die in den späten 1990er-Jahren aus Uganda vertrieben wurden, haben nach Angaben der Menschenrechtsgruppe CEPADHO das Dorf Samboko 100 km südwestlich der Stadt Bunia angegriffen. Seit die Armee im vergangenen Jahr eine Offensive zur Vertreibung der Gruppe von ihren Stützpunkten startete, sind mehr als 400 Menschen bei Angriffen, die der ADF zugeschrieben werden, getötet worden, so der Kivu Security Tracker (KST), eine Forschungsinitiative, die die Unruhen in der Region kartiert.

Im Juni teilt die Regierung mit, dass in der Gesundheitszone Wangata, Mbandaka, in der Provinz Équateur wieder Ebola ausgebrochen ist. Dies ist der elfte Ausbruch seit der ersten Entdeckung des Virus im Jahr 1976.

60 Jahre nach der unvorbereiteten Unabhängigkeit (30. Juni 1960) des Kongo hat Belgiens König Philippe im Juni nun erstmals öffentlich sein Bedauern über das Terrorregime des belgischen Monarchen Leopold II. ausgedrückt und den anhaltenden Rassismus angeprangert.

Am 20. Juni wird Vital Kamerhe, der Félix Tshisekedi im Wahlkampf während der Präsidentschaftswahlen 2018 unterstützt hatte und dafür mit dem Posten des Kabinettschef belohnt wurde, wegen Unterschlagung und Korruption zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Kamerhe war im April in Untersuchungshaft genommen und im Mai von Tshisekedi seines Amtes enthoben worden, weil er 50 Millionen Dollar, die für ein Infrastrukturprogramm bestimmt waren, veruntreut haben soll.

Der kongolesisch-dänische Geschäftsmann Sindika Dokolo stirbt am 29. Oktober im Alter von nur 48 Jahren bei einem Tauchunfall in der Nähe von Dubai. Dokolo war seit 17 Jahren mit der reichsten Frau Afrikas und Tochter von Ex-Präsident José Eduardo dos Santos, Isabel dos Santos, verheiratet. Gemeinsam mit seiner Ehefrau war er in zahlreiche Korruptionsaffären verstrickt, die besonders zu Anfang des Jahres durch die Veröffentlichung der Luanda Leaks hohe Wellen schlugen.

Nach zwei Jahren Prozessverlauf in Goma verurteilt ein Militärgericht im November den Ex-Warlord Ntabo Nataberi Sheka wegen Kriegsverbrechen wie Mord, Massenvergewaltigung, sexueller Sklaverei und der Rekrutierung von Kindersoldaten zu lebenslanger Haft. Der Ex-Warlord hatte sich 6 Jahre lang der Verhaftung entziehen können, bevor er sich 2017 den UN-Friedenstruppen stellte.

Mitte Dezember erringt Präsident Félix Tshisekedi einen Punktsieg im Machtkampf mit seinem Vorgänger Joseph Kabila, indem er die bisherige 16-monatige Koalition seiner CACH mit der Kabila-treuen FCC beendet.Stattdessen kündigte er ein neues politisches Bündnis namens „Heilige Union" an. Tshisekedis Partei gewinnt am 11. Dezember im Parlament eine wichtige Abstimmung, mit der die Parlamentssprecherin Jeannine Mabunda abgewählt wird, obwohl Kabilas Bündnis über eine Mehrheit von 350 der 500 Sitze verfügt. Damit ist der Weg frei für Tshisekedi, jetzt erstmals seine eigene Regierung bilden können.

2021

Am 27. Januar spricht die kongolesische Nationalversammlung Premierminister Sylvestre Ilunga Ilunkamba mit deutlicher Mehrheit das Misstrauen aus. Bei einhundert Enthaltungen stimmen 367 Abgeordnete für das Misstrauensvotum, nur sieben dagegen. Ilunkamba, der dem Lager um Expräsident Kabila zugerechnet wird, weigert sich allerdings, das Ergebnis anzuerkennen. Der auf die im Dezember abgewählte Mabunda folgende Interims-Parlamentspräsident habe keine verfassungsrechtliche Befugnis, einen Misstrauensantrag zu stellen. Mit dem gleichen Argument haben zahlreiche Kabila-Anhänger die Abstimmung boykottiert. Seit dem Koalitionsbruch geht Tshisekedi zudem hart gegen seine einstigen Verbündeten vor: Am Tag des Votums wurde Pastor Daniel Ngoy Mulunda, ein Verbündeter Kabilas, wegen „Gefährdung der Staatssicherheit, Anstiftung zum Stammeshass und Verbreitung falscher Gerüchte" zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Der italienische Botschafter, Luca Attanasio, kommt am 22. Februar bei einem Angriff durch bewaffnete Rebellen auf einen WFP-Konvoi zusammen mit seinem Leibwächter und Fahrer ums Leben. Der Überfall ereignete sich etwa 15 km nördlich von Goma unweit der ruandischen und ugandischen Grenze. In der Provinz Kivu sind bis zu 40 Rebellengruppen aktiv, die auch den berühmten Virunga-Park als Rückzugsgebiet nutzen. Die verschiedenen Milizen kämpfen um die Kontrolle der zahlreichen Bodenschätze in der Region.

Die Richter des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) sprechen im März den Opfern von Verbrechen in der Provinz Ituri, für die der Rebellenführer Bosco Ntaganda verurteilt wurde, 30 Mio. US-Dollar Entschädigung zu. Zu den Opfern gehören Einzelpersonen und Gemeinschaften. Ein aus Spenden finanzierter Opferfonds kommt für die Entschädigungen auf, da Ntaganda mittellos ist. In einem früheren Urteil hatte der IStGH den ehemaligen Anführer der Forces de Résistance Patriotique d'Ituri (FRPI) Germain Katanga zu Entschädigungszahlungen verurteilt und den 297 Opfern 250 US-Dollar pro Person zugesprochen.

Präsident Félix Tshisekedi hat in den beiden östlichen Provinzen Nord-Kivu und Ituri einen dreißigtägigen Belagerungszustand verhängt, der vom 6. Mai bis zum 4. Juni andauern soll. In Nord-Kivu und Ituri, die sich im Osten eine lange Grenze mit Uganda teilen sowie im Norden an den Südsudan (Ituri) und im Süden an Ruanda (Nord-Kivu) grenzen, werden für die Zeit des Belagerungszustands die zivilen Provinzregierungen durch militärische und polizeiliche Entscheidungsträger ersetzt. Es ist das erste Mal seit der Unabhängigkeit des Kongo (Kinshasa), dass vom Belagerungszustand Gebrauch gemacht wird. Tshisekedi begründet den Schritt damit, dass er die Unsicherheit in den beiden Provinzen beseitigen wolle, wo die kongolesische Regierung versagt habe, die Rechtsstaatlichkeit durchzusetzen. Tatsächlich halten sich mehrere Dutzend bewaffnete Gruppen in den Regionen auf und sorgen für eine katastrophale Sicherheitslage vor Ort. Allein im laufenden Jahr sind durch bewaffnete Milizen und Gewaltausbrüche zwischen verschiedenen Gruppen mindestens 300 Menschen getötet worden, oft kommt es zu grausamen Massakern.

(Stand: Mai 2021)